Brüssel oder Moskau: Moldau votiert in Präsidentschaftswahl über Kurs des Landes

In der Republik Moldau wird am Sonntag gewählt. Amtsinhaberin Maia Sandu möchte mehr EU-Nähe, ein Teil der Gegenkandidaten mehr Russland-Nähe.
In Sachsen, Thüringen und Brandenburg werden demnächst die Landtage neu gewählt. (Symbolfoto)
In der Republik Moldau wird am Sonntag gewählt. (Symbolfoto)Foto: Jan Woitas/dpa
Epoch Times20. Oktober 2024

Unter dem Eindruck des Krieges in der benachbarten Ukraine findet in der Republik Moldau am Sonntag die Präsidentschaftswahl statt. Die Abstimmung gilt als richtungsweisend: Die Favoritin und Amtsinhaberin Maia Sandu will das südosteuropäische Land in die EU führen.

Sie tritt gegen zehn Gegenkandidaten an, von denen einige engere Beziehungen zu Moskau anstreben. Zugleich entscheiden die Moldauer in einem Referendum über eine Verfassungsänderung zugunsten eines EU-Beitritts.

Sandu galt mit zuletzt rund 36 Prozent Zustimmung in den Umfragen als Favoritin. Für einen sofortigen Wahlsieg bräuchte sie allerdings eine Zustimmung von mehr als 50 Prozent, so dass eine Stichwahl am 3. November wahrscheinlich ist.

Sandu: „Wahl wird Schicksal für viele Jahrzehnte bestimmen“

In der Hauptstadt Chisinau wurde der Beginn der Wahl mit der Nationalhymne eingeläutet, die über Lautsprecher übertragen wurde, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. „Diese Wahl wird unser Schicksal für viele Jahrzehnte bestimmen“, sagte Sandu bei ihrer Stimmabgabe am Vormittag. Sie rief zu einer starken Wahlbeteiligung auf.

Sandu ist seit 2020 im Amt. Die 52-jährige ehemalige Ökonomin der Weltbank hatte die Beziehungen zu Russland abgebrochen und 2022 kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges den Beitritt zur EU beantragt. Seit Juni laufen die offiziellen Beitrittsgespräche zwischen Brüssel und Chisinau.

Über die Hälfte für Verfassungsänderung

Bei dem zeitgleich abgehaltenen EU-Referendum wurde gefragt, ob die Verfassung geändert werden soll, um den EU-Beitritt als Ziel aufzunehmen. In Umfragen hatten sich zuletzt 55,1 Prozent der Befragten für „Ja“ und 34,5 Prozent für „Nein“ ausgesprochen. Entscheidend war die Beteiligung an dem Referendum: Sie muss bei mindestens 33 Prozent liegen, damit das Ergebnis wirksam ist.

„Ich habe für Wohlstand, Frieden und den guten Zustand unseres Landes abgestimmt“, sagte die 60-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin Olga Cernega nach ihrer Stimmabgabe in Chisinau der AFP.

Der Jurist Ghenadie, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, sagte, ihn beunruhige der pro-westliche Kurs Moldaus. Die aktuelle Regierung habe die Lage verschlimmert.

Kritiker Sandus werfen ihr vor, die Interessen des Westens zu vertreten und darüber zu versäumen, die angeschlagene Wirtschaft und die hohe Inflation in den Griff zu bekommen oder Justizreformen voranzutreiben.

Eines der ärmsten Länder Europas

Die moldauische Regierung versuchte, bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland zu werden, weshalb die Preise in die Höhe schnellten. Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas.

Unter den zehn Gegenkandidaten galt Alexandr Stoianoglo mit zuletzt neun Prozent in den Umfragen als Sandus stärkster Rivale. Der Ex-Staatsanwalt war von Sandu aus diesem Amt entlassen worden.

Stoianoglo, Kandidat der russlandfreundlichen Sozialisten, sagte im Wahlkampf, er vertrete eine „ausgewogene Außenpolitik“ und sei der einzige Kandidat, der „weder vom Osten noch vom Westen“ kontrolliert werde.

Baerbock warnte vor Manipulationsversuchen bei Wahl

Drittplatzierter in den Umfragen war der ehemalige Bürgermeister von Moldaus zweitgrößter Stadt Balit, Renato Usatii, mit 6,4 Prozent.

Bei ihrer Stimmabgabe sagte Sandu, der Wahlausgang müsse vom „Willen des moldauischen Volkes“ bestimmt werden und nicht „von schmutzigem Geld“.

Die Präsidentin beschuldigt Moskau immer wieder, sich politisch in der ehemaligen Sowjetrepublik einzumischen. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte im Vorfeld der Wahl vor Manipulationsversuchen des Kreml.

Anfang dieses Monats hatte die moldauische Polizei einen groß angelegten Wahlbetrug aufgedeckt, bei dem mehr als 100.000 Menschen bestochen worden sein sollen, um im Sinne Moskaus abzustimmen.

Nach Einschätzung der moldauischen Denkfabrik WatchDog hat Moskau allein in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Dollar für Einmischungen in die moldauische Politik ausgegeben. Der Kreml wies alle Vorwürfe „kategorisch“ zurück.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass einer der Präsidentschaftskandidaten in dem 2,6-Millionen-Einwohnerland bereits am Sonntag über 50 Prozent der Stimmen gewinnt. Erwartungsgemäß wird es deswegen am 3. November eine Stichwahl geben. (afp/red)



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