Reparationsforderung: Athen will 270 Milliarden von Deutschland – Droht Deutschen Enteignung?

Für das Leid und die Schäden im Zweiten Weltkrieg will Athen mit Deutschland über Entschädigungen verhandeln. Eine Enteignung deutscher Besitztümer in Griechenland ist eine Möglichkeit, die Gelder einzutreiben. Die Debatte könnte bis zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag gelangen.
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Athen möchte Entschädigungszahlungen für NS-Verbrechen, Berlin sieht das Thema als erledigt an.Foto: Stephanie Pilick/dpa
Epoch Times27. April 2019

Das kontroverse Thema Reparationen kocht in Griechenland schon seit Jahrzehnten immer wieder hoch – nun hat Athen angekündigt, mit Deutschland darüber verhandeln zu wollen.

Es geht laut unterschiedlichen Berechnungen um eine Summe von mindestens 270 Milliarden Euro. Das Parlament in Athen beauftragte die Regierung, alle notwendigen diplomatischen und rechtlichen Schritte einzuleiten.

Enteignung deutscher Vermögenswerte im Gespräch

Zum Ausgleich der deutschen Schulden wird über die Enteignung deutscher Vermögenswerte in Griechenland nachgedacht, so „Spiegel“. Bereits vor Jahren hatte der damalige Justizminister Nikos Paraskevopoulos dies angedroht. In einem Präzedenzfall hatte der Oberste Gerichtshof vor Kurzem ein Urteil aus dem Jahr 1997 bestätigt, mit dem Hinterbliebenen 28 Millionen Euro nach einem Massaker im Dorf Domo zugesprochen wurden. Für eine Pfändung bräuchte es aber die Genehmigung des Justizministeriums.

Diesen Schritt hat allerdings bislang keine griechische Regierung aus Rücksichtnahme auf die Beziehungen zu Deutschland, etwa als Kreditgeber oder Handelspartner, gewagt. Laut „Spiegel“ diskutieren Regierungsverantwortliche und Parlamentarier seit geraumer Zeit, wie eine Enteignung deutscher Güter umgesetzt werden könnte.

Zunächst soll jedoch eine schriftliche Nachricht eines anderen Staates an das deutsche Außenministerium erfolgen.

Die Forderung von Reparationszahlungen ist für uns eine historische und moralische Pflicht“, sagte dazu der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Er habe das Thema nicht mit der schweren Finanzkrise der vergangenen Jahre und den Schulden des Landes verquicken wollen, erklärte Tsipras. Jetzt aber, nach dem Ende der internationalen Hilfsprogramme, sei der richtige Zeitpunkt gekommen. „Wir haben jetzt die Chance, dieses Kapitel für beide Völker abzuschließen.“ Wichtig sei Tsipras, mit Deutschland auf Augenhöhe und freundschaftlich zusammenzukommen.

Stimmungsmache vor der Wahl?

Bei der Parlamentsdebatte in Athen hatte es bittere Momente gegeben, etwa als Augenzeugenberichte von Nazi-Massakern in griechischen Dörfern verlesen wurden. Tsipras wolle mit den Reparationsforderungen nur Stimmen für die im Oktober anstehende Parlamentswahl gewinnen, hieß es seitens der Opposition. Die rechte Partei „Goldene Morgenröte“ machte gar eine ganz eigene Rechnung über die Reparationen auf, Höhe: 400 Milliarden Euro.

Von Deutschland sei ohnehin nichts zu erwarten, warnten hingegen andere Parlamentarier: „Die deutsche Seite ist der Meinung, dass sie das Thema mit der Zahlung von 160 Millionen Mark an die Opfer und der Aufnahme von rund 420.000 Gastarbeitern abgegolten hat“, sagte Oppositionspolitiker Vasilis Leventis.

Deutschland lehnt Zahlungen ab

Tatsächlich sieht Deutschland das Thema als erledigt an: Berlin stützt sich dabei auf den 1990 zur Wiedervereinigung unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag. Der erwähnt zwar mögliche Reparationen nicht explizit, aber in einem Papier der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags aus dem Jahr 2017 heißt es dazu:

Nach Ansicht der Bundesregierung (…) regelt der Vertrag gleichwohl auch Reparationsansprüche: So sei das in Art. 5 Abs. 2 Londoner Abkommen vorgesehene Moratorium bezüglich etwaiger Reparationsansprüche ausgelaufen, als der Zwei-plus-Vier-Vertrag in Kraft trat.“

Die Frage nach Reparationen sei juristisch wie politisch abschließend geregelt, sagte auch Regierungssprecher Steffen Seibert. Juristen und Historiker beider Länder sind sich jedoch uneins über das Anrecht der Griechen auf Reparationen. Der Konflikt könnte schließlich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag landen. (dpa/sue)



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