Regierungskrise in Italien: Sozialisten versuchen mit Fünf-Sterne-Bewegung anzubandeln – Salvini fordert Neuwahlen
In Italien haben die Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung begonnen. Der sozialdemokratische Staatspräsident Sergio Mattarella (PD) traf am Mittwochnachmittag zunächst mit Senatspräsidentin Elisabetta Casellati (Forza Italia) und dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Roberto Fico (M5S), zusammen.
Am Donnerstag sollen weitere Verhandlungen mit den Vorsitzenden der großen Parteien folgen.
Mattarella sondiert nach dem Rücktritt des parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am Dienstag, ob die Bildung einer tragfähigen neuen Regierungskoalition möglich ist. Andernfalls könnte er zunächst eine Übergangsregierung aus parteilosen Fachleuten bilden oder Neuwahlen ansetzen.
Über den Inhalt der Gespräche im Quirinalspalast in Rom drang zunächst nichts an die Öffentlichkeit.
Sozialisten drängen an die Macht
Die sozialdemokratische Partito Democratico (PD) bot der Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle, M5S) mittlerweile bereits ein Regierungsbündnis an. Dazu sandten die Sozialisten am Mittwoch bereits deutliche Koalitions-Signale in Richtung von M5S aus.
Die PD-Mitglieder seien „vereint“ hinter dem Ziel, ein Bündnis mit den Populisten einzugehen, sagte der sozialdemokratische Parteichef Nicola Zingaretti. Seine Partei strebe ein gemeinsames Programm auf der Basis einer breiten parlamentarischen Mehrheit an. Die PD-Abgeordneten im italienischen Parlament seien unter fünf Bedingungen zu einer Koalition bereit, sagte Zingaretti nach einem Parteitreffen.
Ausverkauf der Werte und Positionen?
Um mithilfe der Sozialisten selbst auch an der Macht zu bleiben, müsste M5S allerdings die Bedingungen der PD akzeptieren: Der bisherige Koalitionspartner der rechtsgerichteten Lega von Innenministers Matteo Salvini müsse eine radikale Kehrtwende in der Geflüchteten- und Europapolitik vollziehen.
PD-Parteichef-Zingaretti forderte unter anderem eine radikale Wende Italiens im Umgang mit Geflüchteten, eine pro-europäische Außenpolitik sowie einen innenpolitischen Schwerpunkt auf der Verbesserung des Lebensstandards.
Und prinzipiell gesehen forderten die Sozialisten auch den politischen Kopf des scheidenden Ministerpräsidenten Conte, der nach deren Vorstellung einer möglichen neuen Regierung nicht vorstehen dürfe. Ein Punkt, der schon im Vorfeld für Unstimmigkeiten sorgte, da die Fünf-Sterne-Bewegung erklärte, den Verbleib Contes im Amt zu befürworten.
Zunächst wolle die Partei aber das Ende der derzeitigen Beratungen Mattarellas abwarten.
PD und Fünf-Sterne-Bewegung waren lange Zeit erklärte Gegner. Nach der Parlamentswahl vom März 2018 hatten sich die Sozialdemokraten des früheren Regierungschefs Matteo Renzi gegen ein Bündnis gesperrt.
Um nun einer Koalition nicht im Wege zu stehen, hatte Renzi angekündigt, er strebe keinen Posten in einer möglichen Regierung aus PD und Fünf Sternen an.
Politik gegen Lega – Salvini fordert Neuwahlen
Salvini kritisierte seinen bisherigen Koalitionspartner für den möglichen politischen Schwenk.
Innerhalb einer Woche gingen sie von der Lega zu Renzi. Egal welche Regierung hervorgeht, ihre Ziele werden gegen die Lega gerichtet sein, so Salvini.
Am Dienstagabend war der bisherige Ministerpräsident Conte zurückgetreten, nachdem die rechtsradikale Lega-Partei die Regierung mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung hatte platzen lassen.
In seiner Rede vor dem Senat kritisierte Conte Innenminister Salvini scharf: Als dieser vor knapp zwei Wochen die regierende Koalition aufkündigte, habe er „seine eigenen Interessen und die seiner Partei“ verfolgt.
Lega-Chef Salvini hatte rasche Neuwahlen im Herbst gefordert. Ein von seiner Partei eingereichter Misstrauensantrag gegen den parteilosen Conte scheiterte jedoch bislang am Widerstand des bisherigen Koalitionspartner der Fünf-Sterne-Bewegung und der sozialdemokratischen PD. (afp)
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