Rechtsruck in Rumänien: Regierungsbildung schwierig
Vor vier Jahren war die PSD noch auf 29 Prozent der Stimmen gekommen. Die AUR erreichte damals lediglich 9 Prozent. Jetzt erlangten nach Auskunft der Wahlbehörde neben PSD und AUR fünft weitere Parteien den Einzug ins Parlament von Bukarest.
Gemäß des amtlichen Endergebnisses erlangte die zentristische PNL 13,59 % und kam somit auf Platz drei. Die bürgerlich-liberale USR erzielte knapp 12 % und wurde zur viertstärksten Kraft. Die politische Vertretung der ungarischen Minderheit UDMR liegt auf Platz fünf mit etwa sieben Prozent.
Zu den Newcomern gehören zwei sehr rechte Parteien, die SOS Romania mit rund sieben Prozent und POT mit fast sechs Prozent. Ideologisch stehen diese noch weiter rechts als AUR.
Präsidentschaftswahl vor einer Woche
Die Koalitionsverhandlungen drohen schwierig zu werden, denn die sogenannten prowestlichen Parteien haben eine Koalition mit der AUR ausgeschlossen. So viel ist aber sicher, das Ergebnis der Parlamentswahl dürfte Fachleuten zufolge auch Einfluss auf eine mögliche Stichwahl um das Amt des Präsidenten haben.
Die Präsidentschaftswahl endete vergangene Woche turbulent. Der religiöse, rechtsgerichtete Kandidat Calin Georgescu war mit fast 23 Prozent der Stimmen völlig überraschend Erster geworden. Der 1962 in Bukarest geborene Sohn eines Agraringenieurs und Vater dreier Kinder, studierte Landwirtschaft. Er war nach der Revolution von 1989 auf diversen Posten im Umwelt- und Außenministerium gewesen und war der Vertreter seines Landes zwischen 1999 und 2012 beim UNO-Umweltprogramm.
Oftmals wurde er, von der Orthodoxen Kirche unterstützt, als Ministerpräsident vorgeschlagen. Zwei der unterlegenen Kandidaten hatten die Wahl angefochten – basierend auf der Behauptung, dass Georgescu die Finanzierung seines Wahlkampfs verschleiern würde. Das Präsidialamt sprach zudem von Manipulation, kritisierte vor allem aber das Onlinenetzwerk TikTok, welches Georgescu angeblich bevorzugt behandelt haben soll.
In Brüssel in den Schaltzentralen der EU, schaut man mit Unbehagen auf die politischen Entwicklungen in dem Balkan-Land. Rumänien, mit seiner langen Grenze zur EU und seiner langen Schwarzmeer-Küste, spielt bei den Erweiterungsplänen in Richtung Osten eine Schlüsselrolle.
Am Grenzfluss Theiss flüchten häufig junge Ukrainer in Richtung EU, also nach Rumänien, vor dem drohenden Fronteinsatz, viele kamen dabei schon ums Leben. Dadurch wird das errichtete Bild, von der Ukraine, die angeblich die westliche Freiheit verteidigt, konterkariert. Bisher war das 19Millionen-Einwohner-Land Rumänien gegenüber einem Rechtsruck immun.
Allerdings hat Experten zufolge die Wut über die steigende Inflation und die Regierung zugenommen. Die ultrarechten Parteien, die nun zusammen auf rund 32 Prozent kommen, sprechen sich gegen eine Unterstützung der Ukraine aus. Georgescu betont aber, man werde seine Pflicht gegenüber NATO und EU erfüllen – doch nur in dem Maße, wie diese ihre „Verpflichtungen gegenüber Rumänien“ einhalten. Auch müsse man eine „konsequentere Rolle“ in internationalen Fragen spielen.
Der Einfluss der Präsidentschaftswahlen auf die Parlamentswahlen
Experten gehen davon aus, dass die PSD als weiterhin stärkste Kraft im Parlament versuchen wird, die Regierung zu bilden. Wenn Georgescu die Präsidentenwahl gewinnt, ist davon auszugehen, dass er einen Politiker des rechtspopulistischen Lagers mit der Regierungsbildung beauftragt. Oder umgekehrt.
Gemäß der rumänischen Verfassung steht es dem Staatsoberhaupt frei, einen Politiker seiner Wahl mit der Regierungsbildung zu beauftragen – ein Politiker der Siegerpartei muss es nur dann sein, wenn dieser die absolute Mehrheit erlangt hat. In den rumänischen Staatsmedien wird die aktuelle politische Entwicklung von düsteren Prognosen begleitet.
Der Bukarester Politologe Cristian Pirvulescu warnte: Rumänien sei “kurz davor, in den Abgrund zu stürzen“. Und der Publizist Tudor Popescu schrieb am Wahlabend auf Facebook: “Heute Abend hat die Invasion Rumäniens durch Russland begonnen.“ Im Falle einer Annullierung des ersten Wahlganges warnen rumänische Medien, dass sich die Georgescu-Wähler, rund zwei Millionen Menschen, von den regierenden Parteien um ihre Stimme gebracht sehen könnten. Schon letzte Woche kam es in Bukarest zu ersten Demonstrationen für Georgescu.
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