Rebellen umzingeln Orte vor Damaskus – Hisbollah und Israel entsenden Soldaten

Die Macht von Syriens Staatschef Baschar al-Assad gerät zunehmend ins Wanken. Oppositionskräfte bewegen sich im Umland von Damaskus. Für Assad und seine Unterstützer steht einiges auf dem Spiel. Laut einem Regierungssprecher hat Assad Damaskus noch nicht verlassen.
Eine Allianz von Rebellengruppen macht in Syrien immer größere Geländegewinne.
Eine Allianz von Rebellengruppen macht in Syrien immer größere Geländegewinne.Foto: Ghaith Alsayed/AP/dpa
Epoch Times7. Dezember 2024

Die Rebellen in Syrien haben Aktivisten zufolge bereits Orte im Umland der Hauptstadt Damaskus umstellt. Während sich die Regierungstruppen nach eigenen Angaben „neu positionieren“, verzeichnen die Aufständischen auch im Süden des Landes und an der Grenze zu Israel weitere Gebietsgewinne. Syriens Staatschef Baschar al-Assad gerät damit immer weiter unter Druck.

Hassan Abdel Ghani, ein Militärchef der islamistischen Allianz, welche die Offensive im Nordwesten des Landes gestartet hatte, teilte der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit: „Unsere Kräfte haben mit der letzten Phase der Einkreisung der Hauptstadt Damaskus begonnen.“

Syrische Präsidentschaft weist Berichte über Flucht von Assad aus Damaskus zurück

Die syrische Präsidentschaft dementiert ihrerseits Berichte, wonach Staatschef Baschar al-Assad Damaskus verlassen habe, während regierungsfeindliche Kämpfer in Richtung der Hauptstadt vorrücken.

Assad gehe „seiner Arbeit und seinen nationalen und verfassungsmäßigen Pflichten von der Hauptstadt aus nach“, teilte sein Büro am Samstag mit. In der Erklärung wurden zudem „Gerüchte und falsche Nachrichten über die Abreise von Präsident Baschar al-Assad aus Damaskus“ verurteilt.

Derweil stürzten regierungskritische Demonstranten am Samstag eine Statue von Assads verstorbenem Vater, des langjährigen Machthabers Hafes al-Assad. Die Statue sei in dem mehrheitlich von Drusen und Christen bewohnten Damaszener Vorort Dscharamana zu Fall gebracht worden, sagten Zeugen der Nachrichtenagentur AFP per Telefon.

Rebellen haben seit Aufflammen des Bürgerkrieges schnelle Gebietseinnahmen

Vergangene Woche flammte der Bürgerkrieg in Syrien mit einer Rebellen-Offensive unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) plötzlich wieder auf. In kürzester Zeit nahm die Gruppe viele Gebiete teils kampflos ein. Ziel der Aufständischen ist es, die Regierung in Damaskus zu stürzen.

Der Konflikt hatte 2011 mit Protesten gegen die Regierung Assads begonnen. Sicherheitskräfte gingen dagegen mit harter Hand vor. Die Gewaltspirale mündete in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, in dem Russland, der Iran, die Türkei und die USA eigene Interessen verfolgen.

Rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung ist seit Jahren nicht in Sicht.

Soldaten rücken von Posten bei Damaskus ab

Soldaten der syrischen Regierung haben nach Angaben von Aktivisten Posten in der Nähe der Hauptstadt Damaskus verlassen. Die Regierungstruppen hätten sich aus dem Ort Artuz, etwa 15 Kilometer südwestlich von Damaskus, zurückgezogen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Das Militär äußerte sich zunächst nicht.

Lokale Oppositionskräfte, die sich der Rebellen-Offensive angeschlossen haben, hätten mehrere Dörfer in der Umgebung umzingelt, hieß es weiter. Eines ihrer Ziele sei, Gefangene aus einem Militärgefängnis nördlich von Damaskus zu befreien. Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen von Informanten vor Ort.

Symbolträchtige Stadt Darʿā unter Kontrolle von Oppositionskräften

Zuvor hatte sich das syrische Militär bereits aus Darʿā und Suweida im Südwesten des Landes zurückgezogen. Die syrische Staatsagentur „Sana“ berichtete unter Berufung auf das Militär, die Regierungstruppen würden sich neu positionieren, nachdem „terroristische Elemente“ Kontrollpunkte der Armee angegriffen hätten.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle steht die Provinz Darʿā mittlerweile vollständig unter der Kontrolle von lokalen Oppositionskräften. Sie hätten auch die angrenzende Provinz Suweida fast vollständig unter ihre Kontrolle gebracht.

Dies teilte auch Hassan Abdel Ghani, ein Militärchef der Islamisten, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP mit: „Wir sind jetzt weniger als 20 Kilometer vom südlichen Zugang der Hauptstadt Damaskus entfernt.“

In der Stadt Darʿā brachen im März 2011 die ersten syrischen Proteste aus. Die nördliche Grenze der Provinz ist stellenweise nur etwa 20 Kilometer von Damaskus entfernt.

Bisher kein weiteres Vorrücken auf Homs

In die strategisch wichtige Stadt Homs konnten die Aufständischen nach Angaben der Beobachtungsstelle bisher nicht weiter vorrücken. Es mangle womöglich an militärischer Ausrüstung oder Truppenstärke. Bisher war nicht klar, ob die Rebellen-Allianz genügend Kämpfer hat, um Homs mit seinen etwa 1,4 Millionen Einwohnern einzunehmen.

Die Regierungstruppen seien weiterhin im Umland der drittgrößten Stadt Syriens stationiert und griffen von dort weiter Stellungen der Rebellen an, hieß es weiter. Die Truppen seien massiv verstärkt worden.

Hisbollah entsendet 2.000 Kämpfer nach Syrien

Die mit der syrischen Regierung verbündete pro-iranische Hisbollah hat nach eigenen Angaben zu deren Unterstützung 2.000 Kämpfer in eine ihrer Hochburgen im Süden Syriens entsandt.

Wie die Nachrichtenagentur AFP am Samstag aus Hisbollah-nahen Kreisen erfuhr, schickte die Miliz 2.000 ihrer Kämpfer in die Gegend von Kusair, um die Stadt im Falle eines Angriffs der Gegner von Machthaber Baschar al-Assad „zu verteidigen“. Demnach war die vom Iran ausgerüstete Miliz „noch nicht an Kämpfen“ gegen regierungsfeindliche Kämpfer beteiligt.

Die Bergregion Kusair und die strategisch wichtige gleichnamige Stadt im Süden Syriens liegen nahe der Grenze zum Libanon. Sie gilt als Hochburg der Hisbollah-Miliz.

Die Gegend, die wie die wichtige Stadt Homs Damaskus mit der Küste verbindet, war bereits zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 Schauplatz heftiger Gefechte zwischen Aufständischen und Regierungstruppen, die bereits damals von der Hisbollah unterstützt wurden.

Den Hisbollah-nahen Kreisen zufolge hat die Miliz 150 Militärberater entsandt, um die Regierungstruppen bei der Verteidigung von Homs zu unterstützen.

Iran dementiert Evakuierung von Diplomaten aus Syrien

Der Iran wies unterdessen Berichte als falsch zurück, wonach Diplomaten bereits aus Syrien abgezogen worden seien. Die Botschaft in Damaskus werde operativ bleiben und ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen, sagte Außenamtssprecher Ismail Baghai laut Internetportal Iran Nuances.

Die „New York Times“ hatte berichtet, dass iranische Diplomaten und Militärberater Syrien verlassen hätten. Der Außenamtssprecher hatte letzte Woche gesagt, dass die iranischen Diplomaten und Militärs in Syrien blieben und Staatschef Baschar al-Assad bis zum Ende unterstützten.

Die Aussagen Baghais stießen in Teheran auf Skepsis. Demnach gehen Beobachter davon aus, dass eine Evakuierung der Diplomaten bereits abgeschlossen sei, um sie vorsorglich in Sicherheit zu bringen.

Israel schickt mehr Soldaten an Grenze zu Syrien

Die israelische Armee verstärkte angesichts des Vormarsches syrischer Rebellen auch in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Israel seine Truppen auf den Golanhöhen. „Entsprechend der Lagebeurteilung beruft die IDF zusätzliche Kräfte für Verteidigungsaufgaben in der Region der Golanhöhen an der israelisch-syrischen Grenze ein“, teilte die Armee auf Telegram mit.

Israel schickt Truppenverstärkungen auf die Golanhöhen, nachdem im benachbarten Syrien Rebellen vorgerückt sind.

Israel schickt Truppenverstärkungen auf die Golanhöhen, nachdem im benachbarten Syrien Rebellen vorgerückt sind. Foto: Israel Defense Forces/XinHua/dpa

Angaben zum Umfang der Verstärkungen machte die Armee auch auf Anfrage hin zunächst nicht. Es war bereits die zweite Ankündigung dieser Art binnen 24 Stunden.

Israel reagierte damit auf den Rückzug des syrischen Militärs aus Daraa und Suweida im Südwesten Syriens. Die beiden Städte liegen nur wenige Kilometer östlich der Golanhöhen, die Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert und 1981 annektiert hat. Vielen Staaten erkennen das nicht an.

Russland ruft zu Ende der Kampfhandlungen auf

Unterdessen hat der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Gesprächen mit seinen Kollegen aus der Türkei und dem Iran über die Lage in Syrien zu einem Ende der Kampfhandlungen in dem Bürgerkriegsland aufgerufen.

Alle drei Länder wollten nun Schritte unternehmen, um ein Ende der Kämpfe und einen Dialog zwischen der Führung von Machthaber Baschar al-Assad und der legitimen Opposition zu erreichen, teilte Lawrow bei einem politischen Forum in Doha mit. Er traf dort auch den UN-Sondergesandten Geir Pedersen.

Russland werde Assad weiter militärisch unterstützen und dabei helfen, die Lage zu normalisieren, sagte Lawrow. Dazu würden nun Schritte ausgelotet, wie etwa die Lage an der türkisch-syrischen Grenze beruhigt werden könne, ohne die territoriale Unversehrtheit des Landes zu gefährden.

Der Türkei gehe es um die Sicherheit ihrer Grenzregion, sagte Lawrow. Russland wolle dabei helfen, die Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei zu normalisieren.

Moskau gibt keine Prognosen zu Syrien ab

In einem Interview auf dem Podium des Forums in Doha sagte Lawrow, dass er keine Prognosen über die weitere Entwicklung der Lage geben könne. „Ich beschäftige mich nicht mit dem Raten“, sagte er.

Zugleich betonte er, dass Russland seine Unterstützung für Assad fortsetzen werde. „Wir tun alles dafür, damit die Terroristen keinen Erfolg haben – auch wenn sie sagen, dass sie keine Terroristen mehr seien.“

Lawrow wies zudem Berichte zurück, nach denen russische Kriegsschiffe ihre Marinebasis im syrischen Mittelmeerhafen Tartus verlassen haben könnten. „Im Mittelmeer läuft ein Manöver der Kriegsmarine, womöglich haben ihre Satellitenaufnahmen sie mit jemandem verwechselt“, sagte Lawrow.

Auf die Frage des Moderators, ob der Aufruf an russische Bürger, Syrien zu verlassen, und der Abzug von Botschaftspersonal Signale seien, dass Moskau Assad fallen lasse, antwortete Lawrow, dass diese Maßnahmen diplomatische Praxis seien.

Russland führt die Militäroperation in Syrien seit September 2015. Moskau hat neben der Marinebasis auch einen Luftwaffenstützpunkt in dem Land. Die russische Luftwaffe hatte ihre Schläge gegen die Rebellen zuletzt deutlich gemeinsam mit syrischen Flugzeugen verstärkt. (dpa/afp/red)



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