Rassistische Gründe vermutet: Entsetzen nach Blutbad in US-Kirche
Charleston (dpa) – Nach den Todesschüssen auf neun Afroamerikaner in einer Kirche in Charleston (US-Bundesstaat South Carolina) laufen die Ermittlungen über das Motiv des weißen Verdächtigen auf Hochtouren.
Nach Aussagen von Verwandten und Bekannten in US-Medien wird zunehmend spekuliert, dass der mutmaßliche Mörder aus rassistischen Gründen gehandelt haben könnte.
Der 21-Jährige wurde gestern, wenige Stunden nach seiner Festnahme bei einer Verkehrskontrolle, mehr als 300 Kilometer vom Tatort entfernt in North Carolina einem Richter vorgeführt. Der verfügte in einer kurzen Sitzung, den jungen Mann per Flugzeug für die Untersuchungshaft und das Gerichtsverfahren nach South Carolina zurückzubringen.
Der Verdächtige soll die Opfer während einer Bibelstunde erschossen haben. Die Polizei sprach schnell von einem „Verbrechen des Hasses“.
Es handelt sich um eines der schwersten möglicherweise rassistisch motivierten Verbrechen seit Jahren in den USA. US-Präsident Barack Obama äußerte sich bestürzt, kritisierte die laxen Waffengesetze in den USA und verwies auf die unbewältigten Probleme zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben in den USA.
„So etwas geschieht nicht an anderen Orten mit einer solchen Häufigkeit“, sagte Obama mit Blick auf die Gesetzeslage. Wieder einmal habe ein Täter es zu leicht gehabt, an eine Schusswaffe zu kommen. Dass die Tat in einer von Schwarzen besuchten Kirche geschah, werfe Fragen über „den dunklen Teil unserer Geschichte auf“.
Nach dem Massaker veröffentlichten die Behörden ein Foto, das den jungen Mann in einer Jacke zeigt, auf dem die Flaggen der ehemaligen Apartheidstaaten Südafrika und Rhodesien zu erkennen sind. „Der einzige Grund dafür, dass jemand in eine Kirche geht und Leute erschießt, ist Hass“, sagte Charlestons Bürgermeister Joe Riley.
Der Leichenbeschauer des Landkreises veröffentlicht die Namen der Opfer. Bei den Toten handelt es sich um drei Männer und sechs Frauen. Unter ihnen ist der Pfarrer Clementa Pinckney, ein demokratischer Senator im Landesparlament. Das älteste Opfer war eine 87-Jährige, das jüngste eine 26-Jährige.
In Charleston blieb es nach dem Mord ruhig. Vor dem abgesperrten Tatort versammelten sich nur wenige Menschen. „Die Trauer ist größer als die Wut“, sagte einer. Viele Umstehende werteten die Tat als Einzelfall eines möglicherweise kranken Menschen. „Wir leben jeden Tag mit Benachteiligungen“, sagte ein Schwarzer. „Dieser Fall reiht sich aber nicht ein in die vielen Fälle von Polizeibrutalität oder Diskriminierung im öffentlichen Leben. Tatsächlich ist dieser Mord ohne Beispiel.“
Die Nachricht von der Festnahme des Verdächtigen wurde mit großer Genugtuung aufgenommen, auch bei einem Gedenkgottesdienst vor einer Kirche nicht weit vom Tatort. „Dieses Land braucht Ruhe und Versöhnung und Charleston braucht das gerade mehr als alles andere“, sagte ein Teilnehmer. Unter den Trauernden waren auch viele Weiße.
Laut dem „Wall Street Journal“ machte sich die Familie des Verdächtigen seit längerem Sorgen um ihn. Er habe sich in den vergangenen Jahren von einem fröhlichen Sohn einer mittelständischen Familie zu einem Einzelgänger mit rassistischen Ansichten gewandelt.
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