Raketenangriffe der Hisbollah auf Israel – Warnung an Zypern, indirekte Botschaft der EU
Angesichts der anhaltenden Raketenangriffe der libanesischen Hisbollah-Miliz auf Israel und der israelischen Gegenangriffe wächst die Angst vor einem regionalen Krieg in Nahost. Die israelische Armee erklärte, sie habe in der Nacht zum Freitag einen neuen Angriff aus dem Libanon abgewehrt. Libanesische Medien berichteten von israelischen Luftangriffen auf den Südlibanon.
Eine Eskalation des Konfliktes müsse verhindert werden, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag bei einem Treffen mit israelischen Regierungsvertretern in Washington.
Es müsse eine „diplomatische Lösung gefunden werden, die es den israelischen und libanesischen Familien erlaubt, in ihre Häuser zurückzukehren“, sagte Blinken laut Angaben seines Sprechers Matthew Miller bei dem Treffen mit Israels Nationalem Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi und dem israelischen Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer.
Israel will durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution von 2006 vorsieht. Die Schiitenmiliz gilt als deutlich schlagkräftiger als die Hamas in Gaza.
Hisbollah verwarnt Zypern, indirekte Botschaft der EU
Die Hisbollah-Miliz erklärte am Donnerstag, sie habe „dutzende“ Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Es handele sich um eine Vergeltungsmaßnahme für einen tödlichen israelischen Angriff im Dorf Deir Kifa.
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte zuvor in einer Fernsehansprache gesagt, „der Feind weiß genau, dass wir uns auf das Schlimmste vorbereitet haben (…), und dass kein Ort (…) von unseren Raketen verschont bleiben wird“.
Zudem warnte er das EU-Land Zypern davor, Israels Armee im Kriegsfall seine Flughäfen und Stützpunkte nutzen zu lassen.
Die zyprische Regierung erklärte daraufhin, die Drohungen entbehrten „jeglicher Grundlage“. Zypern unterhalte „ausgezeichnete Beziehungen zu allen Ländern in der Region“, sei in keinen Konflikt verwickelt und „wird auch nicht in einen solchen verwickelt werden“.
Die Europäische Union hat ihre Unterstützung für Zypern zum Ausdruck gebracht und erklärt, dass jede Bedrohung des Landes eine Bedrohung aller EU-Mitgliedstaaten sei.
„Zyperns Neutralitätserklärung kann als strategischer Sieg für die Hisbollah angesehen werden“, sagte Imad Salamey, Politikwissenschaftler an der Libanesisch-Amerikanischen Universität. „Diese Antwort … deutet auf eine indirekte Botschaft der EU hin, dass man kein Interesse daran hat, eine israelische Militäraktion zu unterstützen.“
Zypern-Israel-EU-Großbritannien
In den letzten Jahren hat Zypern seine Beziehungen zu Israel verbessert, unter anderem durch den Austausch von Geheimdienstinformationen und die Durchführung gemeinsamer Militärübungen.
Zypern erlaubt Israel, seinen Luftraum für Übungen zu nutzen, allerdings nicht während eines aktiven Konflikts. Diese engere Annäherung ist der Führung der Hisbollah aufgefallen und wird als potenzielle Bedrohung angesehen.
Die Warnung wird international als Teil der psychologischen Kriegs- und Abschreckungsstrategie der Hisbollah. betrachtet. Mit der Bedrohung Zyperns will die Hisbollah potenzielle Unterstützung Israels in der Region verhindern und Israels Verbündeten eine Botschaft bei einer Beteiligung senden.
Nasrallahs Warnung deutet darauf hin, dass sich der Konflikt im Falle eines umfassenden Krieges zwischen Israel und der Hisbollah auf Länder ausweiten könnte, die als Unterstützer Israels wahrgenommen werden.
2019 nutzten die israelischen Verteidigungsstreitkräfte Zypern, um militärische Übungen durchzuführen, die Kämpfe im Libanon simulierten. Die Hisbollah betrachtete diese Übungen als Provokation. Auf Zypern gibt es zudem britische Stützpunkte, die angeblich zur Bewaffnung Israels in seinen Konflikten genutzt wurden.
Möglicher Einsatzplan durch israelisches Militär beschlossen
Die israelische Armeeführung hatte am Dienstag einen Einsatzplan für eine mögliche Offensive im Libanon beschlossen.
Ranghohe Armeevertreter hätten bei einer gemeinsamem Lagebeurteilung im Nordkommando eine Offensive im Libanon „genehmigt und freigegeben“, teilte die Armee mit. Der israelische Außenminister Israel Katz drohte der Hisbollah mit ihrer Zerstörung in einem „umfassenden Krieg“.
Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas vor mehr als acht Monaten feuert die vom Iran unterstützte und mit der Hamas verbündete Hisbollah Raketen und Drohnen auf Israel ab.
Zehntausende Menschen in Israel mussten seitdem ihre Häuser verlassen. Israelischen Angaben zufolge wurden im Norden des Landes mindestens 15 Soldaten und elf Zivilisten getötet.
Israel reagiert auf den Beschuss verstärkt mit Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon. Einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP zufolge wurden dabei im Libanon mindestens 479 Menschen getötet, darunter über 93 Zivilisten.
Nethanjahu hofft auf baldige US-Rüstungslieferungen
Zwischen dem Weißen Haus und Israel hatte es am Donnerstag Misstöne gegeben. Die US-Regierung reagierte verärgert auf Kritik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der sich über Verzögerungen bei US-Rüstungslieferungen für den Militäreinsatz im Gazastreifen beschwert hatte.
Diese Kommentare seien angesichts der fortgesetzten US-Unterstützung für Israel „tief enttäuschend“ und „ärgerlich“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby.
Netanjahu hatte in dieser Woche in einer Videobotschaft gesagt, dass er zwar den US-Beistand im Gaza-Krieg zu schätzen wisse. Doch nannte er es zugleich „unfassbar“, dass Washington in den vergangenen Monaten „Waffen und Munition für Israel zurückgehalten“ habe.
Nach Angaben der US-Regierung wurde jedoch lediglich eine US-Lieferung von 900-Kilo-Bomben für Israel gestoppt. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, hatte dies mit Sorgen begründet, dass diese Bomben „auf dicht bevölkerte Städte abgeworfen“ werden könnten.
Hilfs-Pier für Gazastreifen arbeitet wieder
Die provisorische Anlegestelle für Hilfslieferungen in den Gazastreifen ist wieder an der Küste des Palästinensergebiets befestigt worden. Die Lieferung humanitärer Güter über den Pier sei fortgesetzt worden, teilte das US-Zentralkommando (Centcom) am Donnerstag mit.
Die israelische Armee habe beim Wiederaufbau der Anlegestelle geholfen, so dass kein US-Soldat den Gazastreifen betreten habe.
Der Mitte Mai installierte Pier war vor einer Woche aufgrund des erwarteten hohen Seegangs abgebaut und in den nahegelegenen israelischen Hafen Aschdod zurückgeschleppt worden.
Bereits Ende Mai waren die Lieferungen zeitweise unterbrochen worden, nachdem der provisorische Pier bei einem Sturm beschädigt und anschließend in Aschdod repariert worden war. Über die Anlegestelle wurden nach US-Angaben bislang insgesamt 4100 Tonnen Hilfsgüter an Land gebracht.
Da der Gazastreifen selbst über keinen Hafen verfügt, hatte das US-Militär im April mit dem Bau der Anlegestelle begonnen, um auf dem Seeweg Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet bringen zu können.
Wer regiert dann im Gazastreifen?
Israels Armeesprecher Daniel Hagari forderte mit Nachdruck eine politische Vision für die Zukunft des Gazastreifens. „Die Hamas ist eine Idee, sie ist eine Partei. Sie ist in den Herzen der Menschen verwurzelt. Wer glaubt, wir könnten die Hamas ausschalten, irrt sich“, sagte Hagari dem israelischen Sender „Channel 13“.
Es müsse eine Alternative für die Hamas auf politischer Ebene gefunden werden, um sie im Gazastreifen zu ersetzen. Ansonsten werde die islamistische Terrororganisation weiterbestehen. Über die Zerstörung der Hamas zu reden, führe die Öffentlichkeit in die Irre.
Mit seinen Aussagen weckte Hagari Zweifel am erklärten Kriegsziel der Regierung von Netanjahu: Die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen zu beenden sowie ihre militärischen Fähigkeiten zu zerstören. Das Büro des Ministerpräsidenten wies die Äußerungen des Armeesprechers zurück. (afp/dpa/red)
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