Rajoy tritt als Chef der konservativen Volkspartei in Spanien zurück
Vier Tage nach seinem Sturz als spanischer Ministerpräsident hat Mariano Rajoy seinen Rücktritt als Vorsitzender der rechtskonservativen Volkspartei (PP) angekündigt. „Ich denke es ist an der Zeit, diese Phase endgültig und vollständig abzuschließen“, sagte Rajoy am Dienstag nach einem Treffen der Parteispitze in Madrid. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lud unterdessen Rajoys sozialistischen Nachfolger, den neuen spanischen Regierungschef Pedro Sánchez, nach Berlin ein.
Die Volkspartei müsse vorankommen und „ihre Geschichte im Dienst der Spanier unter einer anderen Führung weiterschreiben“, sagte Rajoy. Das PP-Exekutivkomitee werde „bald“ tagen und einen Sonderparteitag einberufen, der seinen Nachfolger bestimmen werde. Bis dahin bleibe er an der Spitze der Partei.
Misstrauensantrag gegen Rajoy wegen Korruptionsvorfälle in dessen Partei
Rajoy war seit dem Jahr 2004 PP-Chef. Seine Stellvertreterin, die ehemalige Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal, gilt als seine mögliche Nachfolgerin. Weiter gehandelt werden unter anderen die ehemalige Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaría und der Rajoy-Vertraute Alberto Núñez Feijoo.
Das spanische Parlament hatte den 63-jährigen Rajoy am Freitag als Ministerpräsident gestürzt. Eine absolute Mehrheit von 180 der insgesamt 350 Abgeordneten sprach ihm das Misstrauen aus.
Nachfolger im Amt des Regierungschefs wurde der Chef der oppositionellen Sozialisten (PSOE), Pedro Sánchez. Dieser hatte den Misstrauensantrag gestellt, nachdem zahlreiche einst führende Vertreter von Rajoys PP wegen Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren.
Merkel wünscht Nachfolger „Erfolg für seine Regierungsführung“
Wie der Berliner Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag mitteilte, vereinbarten Merkel und Sánchez in einem Telefonat, „dass Deutschland und Spanien weiter eng für eine Stärkung Europas zusammenarbeiten werden“. Merkel wünschte Sánchez demnach „Erfolg für seine Regierungsführung“.
König Felipe VI. hatte Sánchez am Samstag als neuen Regierungschef vereidigt. Rajoy ist seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 1970er Jahren der erste Ministerpräsident in Spanien, der durch ein Misstrauensvotum zu Fall gebracht wurde. Der als gewiefter Machtpolitiker geltende Rajoy war seit Dezember 2011 Regierungschef. Seit 2016 stand er an der Spitze einer Minderheitsregierung.
In seiner mehr als sechsjährigen Amtszeit überstand er mehrere schwere Krisen, eine Rezession, aus der er sein Land mit einem harten Sparkurs führte, eine mehrmonatige politische Blockade 2016 und die Abspaltungsversuche Kataloniens im vergangenen Jahr. Kritiker werfen Rajoy vor, mit seiner harten Haltung in der Katalonien-Frage das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter gestärkt zu haben.
Puidgemont reichte Klage gegen spanischen Richter ein
Die Anwälte von fünf ehemaligen Mitgliedern der katalanischen Regierung, darunter Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont, reichten unterdessen bei einem Gericht in Brüssel Klage gegen den spanischen Richter Pablo Llarena ein. Wie die drei Anwälte am Dienstag in der belgischen Hauptstadt mitteilten, werfen sie Llarena „Parteilichkeit“ bei der Verfolgung ihrer Mandanten im Zusammenhang mit den Unabhängigkeitsbestrebungen im Oktober 2017 vor.
Der Richter an Spaniens Oberstem Gerichtshofs hatte seit Anfang Dezember ausgesetzte europäische Haftbefehle gegen Puigdemont und vier seiner ebenfalls nach Belgien ins Exil gegangene Ex-Minister reaktiviert.
Am 22. Februar hatte er im spanischen Oviedo öffentlich erklärt, dass die in Spanien inhaftierten Unabhängigkeitsbefürworter „keine politischen Gefangenen“ seien. Einer der belgischen Anwälte, Christophe Marchand, sagte dazu, damit habe Llarena gegen das „Gebot der Unparteilichkeit des Richters“ verstoßen. Eine erste Anhörung in der Angelegenheit soll am 4. September stattfinden.
Madrid wirft Puigdemont und anderen „Rebellion“ im Zusammenhang mit den Bestrebungen zur Loslösung von Spanien vor. Die spanische Gesetzgebung sieht dafür bis zu 30 Jahre Haft vor. Puigdemont lebt derzeit im Exil in Berlin. Die deutsche Justiz muss über eine mögliche Auslieferung an Spanien entscheiden, lehnt eine Überstellung wegen des Vorwurfs der „Rebellion“ aber ab.
(afp)
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