Putsch in Gabun: Weiterer Rückschlag für Einfluss Frankreichs in Afrika

Nach dem Putsch in Gabun hat Frankreichs Präsident Macron dazu aufgerufen, das Ergebnis der Präsidentenwahl zu respektieren. Das Militär hingegen spricht von einem Schlag gegen die Korruption – und Frankreichs Justiz geht ebenfalls davon aus.
Bleibt Ali Bongo Ondimba Präsident von Gabun?
Der abgesetzte Präsident von Gabun, Ali Bongo OndimbaFoto: Isabel Infantes/PA Wire/dpa
Von 31. August 2023

Am Mittwoch, 30.8., haben die Militärs in Gabun General Brice Clotaire Oligui Nguem offiziell mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte beauftragt. Der Putsch, der am Tag zuvor stattgefunden hatte, beendete die seit 54 Jahren andauernde Herrschaft der Bongo-Dynastie. Der seit 14 Jahren amtierende Präsident Ali Bongo Ondimba steht unter Hausarrest.

Zweifelhafte Wahlergebnisse entschieden Wahlen in Gabun

Auslöser für das Geschehen war die Verkündung des amtlichen Wahlergebnisses zur Präsidentenwahl vom vergangenen Samstag. Diesem zufolge sei der Amtsinhaber mit 64,27 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 56,65 Prozent wiedergewählt worden. Auf seinen aussichtsreichsten Gegenkandidaten Alberto Ondo Ossa seien 30,77 Prozent der Stimmen entfallen.

Inwieweit die Bongo-Großfamilie tatsächlich freie Wahlen zulassen würde, war jedoch schon im Vorfeld umstritten. Im Jahr 2016 hatte Bongo Ondimba offiziellen Zahlen zufolge mit 49,8 Prozent knapp gegen seinen Gegenkandidaten Jean Ping gewonnen. Dieser sei auf 48,23 Prozent gekommen.

Interessant war jedoch das Zustandekommen des Endergebnisses. Demzufolge habe Ping fast alle Provinzen für sich entschieden. Dass Bongo Ondimba jedoch seine Heimatprovinz Haut-Ogooué mit 95,46 Prozent der Stimmen bei 99,93 Prozent Wahlbeteiligung für sich entschied, sicherte ihm am Ende einen Vorsprung von 5.500 Stimmen. Die Resultate der Provinz waren erst nach jenen aller anderen Regionen eingegangen.

Bongo Ondimba geht auf X mit Video online

Auf X macht ein Video die Runde, in dem Bongo Ondimba aus dem Hausarrest heraus seine Freunde und Verbündeten dazu aufruft, „Lärm“ zu machen. Der abgesetzte Präsident macht dabei aus Sicht von Beobachtern einen wenig souveränen Eindruck. Einige X-Nutzer sind der Auffassung, der Präsident habe sich mit der Botschaft selbst geschadet und seine Chancen, den Putsch rückgängig zu machen, verhindert.

Die Militärs selbst präsentieren Videos, die von der weitverbreiteten Korruption der Bongo-Familie künden sollen. So sollen große Bargeldbestände bei Yann Ngoulou sichergestellt worden sein, dem Stabschef des ältesten Präsidentensohnes Nourredine Bongo. Inwieweit es sich um authentische oder inszenierte Aufnahmen handelt, ist unklar.

Macron rief dazu auf, „Wahlergebnis zu respektieren“

Wenig angetan vom Machtwechsel in Gabun ist Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Er rief dazu auf, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl zu akzeptieren.

Erst zu Beginn der Woche hatte Macron in Paris erklärt, Frankreich würde „Putschisten nirgendwo akzeptieren“. Dies war auf den Staatsstreich in Niger gemünzt, wo am 27. Juli die Militärs das Ruder übernommen hatten. Der Präsident wertete den Putsch als Zeichen dafür, dass die „internationale Ordnung, in welcher der Westen eine herausragende Rolle hatte, immer stärker infrage gestellt“ würde.

Wie Niger war auch Gabun bis 1958 als Teil von Französisch-Äquatorialafrika unter französischer Fremdherrschaft. Die Bongo-Dynastie blieb, seitdem sie die Macht im Staat an sich gebracht hatte, Paris eng verbunden. De facto behielt Frankreich auf diesem Wege seinen Einfluss auf alle wesentlichen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft Gabuns.

Sarkozy soll von in Gabun gewaschenem Geld profitiert haben

In der Hauptstadt Libreville besteht bis heute eine französische Militärbasis mit derzeit 170 Soldaten. Dazu ist die französische Eramet-Gruppe größter Arbeitgeber im Land. Sie betreibt in Gabun unter anderem Manganminen und das Eisenbahnnetz.

Gabun ist für afrikanische Verhältnisse ein verhältnismäßig wohlhabendes Land. Das Pro-Kopf-Einkommen war 2022 fast doppelt so hoch wie jenes der Ukraine. Grund dafür ist unter anderem sein Ölreichtum, den der Bongo-Clan bei Bedarf nutzte, um das Land zu stabilisieren. Bei der breiten Bevölkerungsmehrheit ist von dem statistischen Wohlstand jedoch wenig angekommen.

Die nunmehrigen Putschisten sehen in der weitverbreiteten Korruption einen Grund dafür – und in dem Umstand, dass auch diese Verwicklungen bis nach Frankreich reichen. Recherchen der französischen Plattform „Mediapart“ zufolge hat der Bongo-Clan der korsischen Mafia die Geldanlage bei gabunischen Banken erlaubt. Ein Teil des gewaschenen Geldes soll 2007 in den Wahlkampf von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy geflossen sein.

Nicht mehr Nebenkläger im Verfahren gegen sich selbst?

Die im Besitz der Familie Bongo befindliche „Delta Synergie“-Holding soll zudem weite Teile der Wirtschaft in Gabun kontrollieren – und Einfluss auf einige französische Unternehmen haben. Die Bongos sollen zudem öffentliches Vermögen über Privatkonten bei einer Filiale der französischen BNP Paribas vor Ort auf ein privates Konto in Frankreich transferiert haben. Mit Schecks, die auf dieses lauteten, habe man unter anderem 39 Immobilien und 12 Luxusautos finanziert.

Seit Mai 2021 ist vor französischen Ermittlungsbehörden ein Geldwäsche-Verfahren gegen die BNP Paribas anhängig. Seit 2010 ermittelt die französische Justiz wieder gegen die Bongo-Dynastie, seit 2022 gegen neun Kinder von Alt-Machthaber Omar Bongo. Im Jahr 2021 beschloss Frankreichs Parlament, im Rahmen von Gerichtsverfahren wegen „unrechtmäßigen Erwerbs“ auch bestohlene Länder zu Anspruchsberechtigten zu machen.

Im März 2023 ließ ein Gericht auf dieser Grundlage den Staat Gabun als potenziell Geschädigten als Nebenkläger zu. Sollte dieser nun nicht mehr de facto Privatbesitz der Bongo-Familie selbst sein, könnte dies perspektivisch noch bedeutsam werden.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion