Putins angeblicher neuer Friedensplan sorgt für Spekulationen

Wenige Tage vor dem NATO-Gipfel besuchte ein russischer Minister die USA. Es gibt Berichte unter Berufung auf ukrainische und russische Geheimdienstinformationen, dass Putin ein neues Friedensangebot unterbreitet.
Der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (r) verlassen den Roten Platz nach der Militärparade zum Tag des Sieges.
Der russische Präsident Wladimir Putin.Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
Von 10. Juli 2024

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Der bekannte ukrainische Journalist und Fernsehreporter Dmitry Gordon berichtete Ende der vergangenen Woche, er habe Informationen über einen angeblichen neuen Friedensplan von Wladimir Putin aus „Geheimdienstquellen“ erhalten.

Kiew bezweifelt und Moskau bestreitet, dass die Berichte wahr sind.

Sicher ist nur, dass der russische Innenminister Wladimir Kolokolzew am 26. und 27. Juni an einem UN-Treffen in New York teilgenommen hat. Der Minister durfte in die USA reisen, obwohl die Vereinigten Staaten und die EU Sanktionen gegen ihn verhängt hatten.

Sowohl Gordon als auch ein russischer Telegram-Kanal behaupten nun, Kolokolzew habe in Wirklichkeit als Putins Geheimkurier fungiert. Er sei den Spekulationen zufolge in die Staaten gereist, um einen neuen Friedensplan seines Präsidenten zu überbringen.

Der „Kyiv Post“ zufolge vermuten Ukrainer dahinter eine russische Desinformationskampagne, um ein positives Bild von einem friedensliebenden Russland und einer unnachgiebigen Ukraine zu zeichnen.

Der angebliche „neue Friedensplan“

Die Eckpunkte des angeblichen „Friedensplans“ von Putin wären für die Ukraine wesentlich günstiger als die Vorschläge, die der Kreml bisher offiziell vorgelegt hat, so Gordon.

Die Ukraine müsste sich im Wesentlichen aus den Oblasten Donezk und Luhansk zurückziehen. Diese Regionen könnten dem Vorschlag zufolge nicht unter ukrainische Verwaltung gebracht werden, da dies – laut Moskau – zu einem Völkermord an der Bevölkerung führen würde.

Russland würde dafür der Ukraine das Atomkraftwerk Saporischschja und die nahegelegene Stadt Enerhodar übergeben. Außerdem würde Kiew eine 100 Kilometer lange entmilitarisierte Zone entlang des Flusses Dnipro bis zum Schwarzen Meer bekommen. Moskau wäre auch angeblich bereit, über die Übergabe des gesamten Gebiets der Oblaste Cherson und Saporischschja an die Ukraine zu verhandeln.

Die Krim bekäme – überraschenderweise – den Status eines „entmilitarisierten Verwaltungsgebiets“ unter Verwaltung von Kiew und Moskau. Das heißt, Ukraine und Moskau würden sich die Halbinsel teilen.

Auf der Verwaltungskarte der Ukraine sind die vier von Russland annektierten Regionen eingezeichnet: Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk. Foto: iStock/olenadesign

Die Ukraine dürfte weder der NATO noch einem neuen Bündnis beitreten. Der Vorschlag würde jedoch dem Land erlauben, in die Europäische Union aufgenommen zu werden. Der Plan würde auch eine gesetzliche Maximalgröße für die ukrainische Armee vorschreiben.

Die westlichen Sanktionen auf Hightechexporte nach Russland sollten aufgehoben werden. Ebenso die Sanktionen auf die russische Öl- und Gasindustrie und das Bankensystem.

Ein Waffenstillstand könnte unverzüglich nach Beginn der Waffenstillstandsgespräche in dem Format Russland-USA-China-EU-Ukraine in Kraft treten.

Berater des ukrainischen Präsidenten dementiert

Mykhailo Podolyak, der Chefberater des ukrainischen Präsidenten, erklärte gegenüber dem Fernsehsender TSN, er glaube, „dass es diesen fiktiven Plan nicht gibt, von dem die Blogger sprechen“. Podolyak zufolge sei der russische Innenminister Kolokolzew, der angeblich Putins „Friedensplan“ in die USA bringen sollte, nicht einflussreich genug, um mit einer solchen Mission betraut zu werden.

Podolyak fügte hinzu, er glaube, dass Putin nicht nachgeben werde. Russland verfüge immer noch über die Mittel, den Krieg fortzusetzen. „Deshalb müssen wir objektiv betrachten, was passiert.“

Aus Moskau gab es auch eine Reaktion: Der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsausschusses in der russischen Duma hat sich von dem „Friedensplan“ distanziert. Mikhail Sheremet nannte es ein „Lügenmärchen“ eines „ausländischen Agenten“.

Journalist in Russland verurteilt

Zwei Tage bevor Gordon über den angeblichen Friedensvorschlag von Putin berichtete, wurde der Journalist am 1. Juli in Moskau in Abwesenheit zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Nach Ansicht des Militärgerichts hat Gordon sich unter anderem mit einem Aufruf zum Extremismus und der „Verbreitung von Fake News über die russischen Streitkräfte“ schuldig gemacht.

Der Journalist aus Kiew, auf dessen YouTube-Kanälen regelmäßig Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens interviewt werden, hat Millionen Abonnenten.

In seiner jüngsten Nachricht auf Telegram erklärte Gordon unter Berufung auf ukrainische Geheimdienstquellen: „Ich möchte betonen, dass ich dieses Dokument [den Friedensplan] von Insidern erhalten habe, und ich habe die wichtigsten Punkte so trocken wie möglich aufgeführt.“

Er selbst unterstütze kein solches Abkommen mit Russland. Eine solche Vereinbarung würde den Konflikt nur einfrieren und nicht lösen.

Übereinstimmungen beider Quellen

Einen Tag vorher hat der russische Telegram-Kanal „Gosdumskaya“ – angeblich basierend auf Insiderquellen im Kreml – über ähnliche Vorschläge Putins berichtet.

Diese stimmen mit den von Gordon geschilderten ukrainischen Informationen zum großen Teil überein.

Ein Unterschied besteht in dem Punkt, in dem Putin die künftige Zahl der ukrainischen Truppen angeblich festlegte. Der russischen Quelle zufolge liegen sie bei 150.000, während Gordons Quelle von 350.000 spricht.

Das kosovarische Nachrichtenportal „Koha“ und andere Quellen berichten, dass das Flugzeug, in dem Kolokolzew unterwegs war, nach der Landung angeblich in der Nähe des Flugzeugs des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump „gesehen wurde“.

Trump hat wiederholt erklärt, dass er im Falle seiner Wiederwahl zum US-Präsidenten den Krieg in der Ukraine schnell beenden werde. Die US-Zeitung „Washington Post“ berichtete Anfang April, dass Trumps „geheimer Friedensplan“ für die Ukraine vorsehe, dass Kiew Gebiete an Russland abtreten müsse. Ein Berater des ehemaligen Präsidenten bezeichnete den Bericht als „Fake News“. Jason Miller sagte, dass Trump einen Friedensplan erst nach dem Wahlsieg genehmigen werde, wenn er in der Lage sei, „alle Optionen richtig abzuwägen“.



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