Putin will Beziehungen zu den Taliban ausbauen – und sie von der Terrorliste streichen
Der russische Präsident Wladimir Putin plant, die Beziehungen zu den in Afghanistan regierenden Taliban zu intensivieren. „Wir müssen uns mit der Realität auseinandersetzen“, erklärte Putin am Mittwoch bei einem Treffen mit ausländischen Journalisten in St. Petersburg. Die Taliban seien in Afghanistan an der Macht, daher müsse Moskau „die Beziehungen zur Taliban-Regierung ausbauen“.
Das Gespräch fand am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg statt, wo am Mittwoch auch eine Taliban-Delegation eintraf.
Sergei Lawrow, Russlands Außenminister, hatte ebenfalls angekündigt, Moskau plane, die Taliban dreieinhalb Jahre nach ihrer Rückkehr an die Macht in Kabul von der Liste der verbotenen Terrororganisationen zu streichen. Ihre Streichung von der Terrorliste könne die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Afghanistan weiter fördern, würde jedoch keine offizielle Anerkennung der Taliban-Regierung in Kabul bedeuten.
Russland hat lange Beziehungen zu den Taliban
Die Beziehungen zwischen den Taliban und Russland sind vielgestaltig. Russen haben in Afghanistan ein gutes Ansehen, obwohl die Taliban seit 2003 in Russland als terroristische Organisation gelten.
Vertreter der Taliban nahmen trotz der Listung auf der Terrorliste an verschiedenen internationalen Treffen in Russland teil, zum Beispiel am 15. Mai am XV. Internationalen Wirtschaftsforum „Russland – Islamische Welt“ in Kasan. Über 20.000 Teilnehmer aus 87 Ländern waren vor Ort, 120 Vereinbarungen wurden unterzeichnet, 800 Reden gehalten.
Trotz ihrer besonderen rechtlichen Lage konnten die Taliban-Vertreter in Tatarstan ohne größere Probleme ihre Agenda verfolgen. Sie nahmen an verschiedenen Rundtischgesprächen teil, die sich hauptsächlich um wirtschaftliche Themen wie islamisches Bankwesen, Handelswege, Logistik, Tourismus und Halal-Lebensmittel drehten.
Handel im Millionenbereich
Rustam Khabibullin, Leiter des Russischen Wirtschaftszentrums in Afghanistan, berichtete in „RIA Novosti“, dass der Handel zwischen beiden Ländern im Jahr 2022 auf 170 Millionen US-Dollar geschätzt wurde und mittlerweile auf über eine Milliarde US-Dollar angewachsen ist.
Er führte dies auf „den Abzug der US- und NATO-Truppen [aus der Region] zurück, der die aktive Entwicklung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf jede erdenkliche Weise behindert hat“.
Landwirtschaftliche Produkte dominieren – Russland exportiert beispielsweise Mehl, Weizen und Sonnenblumenöl – sowie Erdölprodukte und Rohöl. Moskau kauft Metallprodukte und Baumaterialien in Afghanistan. Das Land, bekannt für seine vielen Bodenschätze, investiert zudem in Anlagen zur Verarbeitung verschiedener Erze.
Afghanistan ist seinerseits an russischen Initiativen wie dem Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor interessiert. Das Transportnetzwerk von Schiff-, Schienen- und Straßenrouten dient zur Beförderung von Fracht zwischen Indien, Iran, Aserbaidschan, Russland, Zentralasien und Europa über eine Strecke von etwa 7.200 Kilometern.
Bewässerungskanal der Taliban
Moskau will in die afghanische Wirtschaft investieren. Besonderes Interesse gilt aktuell dem Kusch-Tepa-Kanal, an dessen Ufern Russland Grundstücke vermietet. Der Kanal ist ein seit März 2022 im Bau befindliches Bewässerungsprojekt der Taliban-Regierung in Afghanistan.
Usbekistan und Turkmenistan haben massive Vorbehalte gegen das Projekt, da der Kanal aufgrund des geringeren Wasserdurchflusses ihre landwirtschaftliche und industrielle Produktion beeinträchtigen wird. Angebote zusätzlicher Gutachten und Beratungen zur Machbarkeit und Nachhaltigkeit des Projekts wurden von den Taliban ignoriert.
Anzeichen der Annäherung zeigen auch die Eröffnung eines russischen Geschäftszentrums in Kabul unter der Schirmherrschaft der Kazan Muslim Charitable Patriotic Foundation. Parallel wurde vorgeschlagen, ein afghanisches Geschäftszentrum in Moskau zu eröffnen.
Peking hat die Taliban-Regierung anerkannt
Chinas Regierung war der erste Staat, der mit der Taliban-Regierung Beziehungen aufgenommen hat. Am 2. Februar 2024 empfing Machthaber Xi Jinping feierlich den ersten afghanischen Botschafter in China – was die offizielle Anerkennung bedeutet. Es ist der erste entsandte Diplomat der Taliban-Regierung in Kabul.
Der offizielle Staatssender Chinas berichtete am 30. Januar, dass Xi in der Großen Volkshalle in Peking die offiziellen Beglaubigungspapiere der neu ernannten Botschafter von 42 Ländern entgegennahm, darunter auch die von Bilal Karim der Taliban. Zuvor hatte die Kommunistische Partei Chinas im September 2023 einen Botschafter zum Taliban-Regime nach Afghanistan entsendet.
Auch in Pakistan oder dem Iran haben Botschafter der Taliban ihre Arbeit aufgenommen.
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