Putin: Selenskyj ist nicht legitimiert, ein Friedensabkommen zu unterzeichnen

Wer darf ein Friedensabkommen unterzeichnen – und wer nicht? Im Vorfeld der geplanten Gespräche zum Ukraine-Konflikt stellt Putin die Legitimität Selenskyjs infrage. Dieser wiederum wirft Putin vor, den Krieg bewusst in die Länge ziehen zu wollen
Titelbild
Der russische Präsident Wladimir Putin im Katharinensaal des Kremls in Moskau.Foto: Mikhail Tereshchenko/Sputnik/AFP via Getty Images
Von 30. Januar 2025

Im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Friedensgespräche zum Ukraine-Konflikt sagte der russische Staatschef Wladimir Putin, dass ein Friedensvertrag die Sicherheit der beteiligten Parteien für einen dauerhaft langen historischen Zeitraum garantieren müsse. Deshalb dürfe es in dem Abkommen zwischen den beiden Ländern „keinen einzigen Fehltritt, keine einzige Ungenauigkeit“ geben.

Wolodymyr Selenskyj sei jedoch ein illegitimer Vertreter des Nachbarlandes, da seine fünfjährige Amtszeit abgelaufen sei. Daher sei Selenskyj laut Putin nicht geeignet, einen Vertrag zu unterzeichnen.

„Man kann mit jedem verhandeln, aber wegen seiner Illegitimität hat er [Selenskyj] kein Recht, etwas zu unterschreiben. Wenn er an den Verhandlungen teilnehmen will, werde ich dafür zuständige Vertreter ernennen, die diese Verhandlungen führen werden“, erklärte der Kremlchef während eines am Dienstag, 28. Januar, veröffentlichen Interview mit dem Journalisten Pawel Zarubin im staatlichen Fernsehsender „Rossiya 1“.

Außerdem verwies der russische Präsident noch einmal auf das sogenannte Selenskyj-Dekret vom Oktober 2022, das es der Ukraine verbietet, Verhandlungen mit Putin zu führen. Laut Putin sollte dieses Dekret aufgehoben werden, um die Möglichkeit von Verhandlungen zu eröffnen, und der Präsident des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefanchuk, könne dies auch tun.

Der ukrainische Staatschef reagierte auf Putins Äußerungen noch am Dienstagabend.

Wolodymyr Selenskyj (l.) und Wladimir Putin (r.) trafen sich im Dezember 2019 in Paris. Es war das erste und letzte Mal, dass die beiden offizielle Gespräche miteinander führten. Ob es weitere Treffen dieser Art geben wird, ist fraglich. Foto: Ian Langsdon/POOL/AFP via Getty Images

Selenskyj: Putin hat Angst vor Verhandlungen

Nach Aussage von Selenskyj wolle Putin mit seinem Vorgehen lediglich den Krieg verlängern. In einem auf X veröffentlichten Beitrag erklärte er: „Putin hat heute erneut bestätigt, dass er Angst vor Verhandlungen hat, Angst vor starken Führern und alles tun wird, um den Krieg zu verlängern.“

Seiner Aussage nach will der Kremlchef den Krieg „endlos“ machen. Laut Selenskyj „hat Russland 2014 einen hybriden Krieg gegen die Ukraine begonnen, den es 2022 in eine umfassende Invasion verwandelt hat“.

Er äußerte sich skeptisch über die Friedensgespräche. Putin versuche, „die Fortsetzung der hybriden Angriffe zu verzögern, während er sich auf eine weitere groß angelegte Invasion vorbereitet“, warnte Selenskyj.

Anschließend wandte er sich an die Staats- und Regierungschefs der Welt und forderte sie auf, nicht die Fehler von Führern zu wiederholen, die nicht mehr im Amt seien. In der Tat habe Putin „beträchtliche Kapazitäten, um die globale Stabilität zu stören, aber er ist zu schwach, um einem echten Druck von starken Führern zu widerstehen“, so sein Fazit.

Ist Selenskyj berechtigt, einen Friedensvertrag zu unterzeichnen?

Putins Kritik beruht im Wesentlichen darauf, dass Selenskyjs Amtszeit offiziell im Mai 2024 abgelaufen ist. Der russische Staatschef argumentiert daher, dass Selenskyj kein Recht habe, eine Friedensvereinbarung zu unterzeichnen.

Ende März 2024 hätten in der Tat die nächsten Präsidentschaftswahlen in der Ukraine stattfinden sollen, aber das Parlament hat sie wegen des im Lande herrschenden Kriegsrechts nicht angesetzt. Wahlen unter Kriegsrecht sind im Land verboten.

Dass trotzdem Selenskyjs Position von Russland angezweifelt wird, liegt darin, dass es keine direkte Regelung über die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten gibt.

Der Parlamentspräsident Stefantschuk erklärte im Mai 2024, dass Selenskyj in Ermangelung von Wahlen Staatsoberhaupt bleiben würde. „Ich schlage vor, dass die Leser den Text unserer Verfassung nicht selektiv lernen und auf Artikel 108, Teil 1 achten: Der Präsident der Ukraine übt seine Befugnisse bis zum Amtsantritt eines neu gewählten Präsidenten der Ukraine aus“, so der Politiker. Und weiter:

In demokratischen Gesellschaften nennt man das Kontinuität der Macht.“

Russischer Jurist ist skeptisch

Der Vizepräsident der Moskauer Anwaltsvereinigung Sed Lex Namru Bakaev kommentierte damals: „Die ukrainische Verfassung enthält derzeit keine Bestimmungen, die die Befugnisse des Präsidenten während des Kriegsrechts verlängern können.“

Solche Bestimmungen gebe es nur in Bezug auf das ukrainische Parlament, sagte er. Wenn sie die Erweiterung der Befugnisse des Präsidenten gemeint hätte, hätte die ukrainische Verfassung dies auch so gesagt, schrieb er.

Putin betonte wiederholt, dass das endgültige Abkommen unbedingt rechtlich einwandfrei sein müsse. Deshalb schlug er nun vor, dass das ukrainische Parlament eine konkrete Entscheidung über die Regelung der Unterzeichnung eines Friedensabkommens treffen solle – und zwar auf der Grundlage der ukrainischen Verfassung, um jegliche zukünftige Risiken zu vermeiden.



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