Putin erkennt Separatisten-Gebiete als unabhängig an

Der Nervenkrieg um die Ukraine spitzt sich immer weiter zu. Russlands Präsident Wladimir Putin sieht keine Chancen mehr für eine Umsetzung der Minsker Abkommen. Nun hat er die beiden Regionen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine als unabhängige „Volksrepubliken“ anerkannt.
Titelbild
Russlands Präsident Wladimir Putin.Foto: ALEXEY NIKOLSKY/Sputnik/AFP via Getty Images
Epoch Times21. Februar 2022

In einer am Montagabend im russischen Fernsehen übertragenen Ansprache hat Russlands Präsident Wladimir Putin rund eine Stunde lang über seine Version des Zerfalls der Sowjetunion und die Situation der Ukraine referiert – und am Ende die Anerkennung der Separatisten-Gebiete in der Ost-Ukraine verkündet.

Die Rede hörte sich allerdings über weite Strecken an wie die Begründung für einen Feldzug gegen die gesamte Ukraine – wenngleich wörtlich davon zunächst keine Rede war. „Die moderne Ukraine wurde voll und ganz durch Russland erschaffen“, sagte er.

Die Bolschewiki hätten sich nach dem Krieg um jeden Preis an der Macht halten wollen und deswegen „sehr großzügige Geschenke“ gemacht. Die Menschen, die dort wohnten, die russische Bevölkerung, habe niemand gefragt. Die heutige Ukraine sei von Korruption zersetzt und gespalten.

Der Maidan-Umsturz habe das Land in eine Sackgasse geführt. Es gebe dort keine unabhängigen Gerichte, so Putin. Die Ukraine wolle ihre eigenen Atomwaffen, habe dafür noch Grundlagen aus der Sowjetzeit und bekomme womöglich Unterstützung aus dem Ausland.

Putin klagte, er habe den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton persönlich gefragt, was er davon halte, wenn Russland der NATO beitrete: Die Reaktion sei „verhalten“ gewesen. Das habe er noch nie in der Öffentlichkeit erzählt, sagte Putin. „Man fragt sich einfach nur, warum macht ihr das?“, sagte der russische Präsident. Er sei sich sicher, dass die NATO vorhabe, Raketen in der Ukraine zu platzieren. „Das ist wie ein Messer am Hals“, so Putin.

Putin: „Keine Aussichten“ für Minsker Abkommen

Nach Angaben des Kreml hatte Putin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron über diese Entscheidung informiert. Scholz und Macron hätten „ihre Enttäuschung“ über den Schritt zum Ausdruck gebracht.

Der Kreml-Chef hatte zuvor bekräftigt, dass es keine Chancen mehr für eine Umsetzung der Minsker Abkommen gegeben hätte, durch die die Ostukraine befriedet werden sollten. „Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es keine Aussichten“ für die Abkommen gibt, sagte Putin am Montag.

Scholz hatte Putin nach Angaben der Bundesregierung in einem Telefonat vor einer Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk gewarnt. Ein solcher Schritt wäre demnach „ein einseitiger Bruch“ der Minsker Abkommen zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine.

Die Gewalt in den pro-russischen Separatistengebieten hatte in den vergangenen Tagen stetig zugenommen. Die Separatistenführer der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk hatten Putin am Montagnachmittag aufgerufen, ihre Unabhängigkeit von der Ukraine anzuerkennen. Die USA hatten kürzlich gewarnt, eine Anerkennung der „Volksrepubliken“ durch Moskau bedeute „eine grobe Verletzung des Völkerrechts“.

EU droht Putin bei Anerkennung von Separatisten mit Sanktionen

Die EU hatte dem russischen Präsidenten mit Sanktionen gedroht, wenn er die Separatistengebiete in der Ostukraine als unabhängig anerkennt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Montag nach dem Außenrat in Brüssel, in diesem Fall werde er Strafmaßnahmen gegen Russland „auf den Tisch legen“. Darüber müssten dann die EU-Staaten entscheiden.

„Wir rufen Präsident Putin auf, das internationale Recht und die Minsker Abkommen zu respektieren und nicht die Unabhängigkeit der Bezirke Luhansk und Donezk anzuerkennen“, sagte Borrell nach rund zehnstündigen Beratungen der EU-Außenminister.

Die EU hat nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits umfassende Wirtschafts- und Finanzsanktionen vorbereitet. Sie sollen in enger Absprache mit den USA und anderen westlichen Partnern ausgelöst werden.

Russland wirft der Ukraine Grenzverletzung vor

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland spitzt sich immer weiter zu. Am Montag tötete die russische Armee nach eigenen Angaben fünf ukrainische „Saboteure“ auf eigenem Boden. Russland warf der Ukraine die Zerstörung eines Grenzpostens und eine Grenzverletzung vor.

Die von ukrainischem Gebiet aus abgefeuerte Granate habe den Posten „vollständig zerstört“, berichteten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf den Geheimdienst FSB, der auch für den Grenzschutz verantwortlich ist.

Die ukrainische Armee erklärte, sie habe keine Granate auf den russischen Grenzposten abgefeuert, und warf Moskau „Falschnachrichten“ vor. Kiew dementierte auch die Angaben zu der angeblichen Grenzverletzungen: „Kein einziger unserer Soldaten hat die Grenze zur Russischen Föderation überquert, und kein einziger ist heute getötet worden“, sagte ein Vertreter des Innenministeriums. (afp/dts/dl)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion