Pulverfass Formel 1: Brisante Zukunftsfragen ungelöst
Noch immer droht durch einen Ausstieg von Renault das Aus von drei Rennställen. Zwischen Mercedes und Ferrari ist ein Regelzoff entbrannt. In der Dauerdebatte um die Motoren hat sich der PS-Zirkus mit einem selbst gesetzten Ultimatum unter Druck gebracht. Dazu bedroht eine Klage bei den EU-Wettbewerbshütern weiter das Geschäftsmodell und erschwert den von Ecclestone avisierten Verkauf der Rennserie. An Weihnachtsurlaub ist für die Formel-1-Spitzen nicht zu denken.
Brennpunkt Renault: Noch immer hat sich der Autobauer nicht zum Verbleib in der Formel 1 bekannt. Konzernchef Carlos Ghosn will mehr Geld von Ecclestone, sonst könnte die geplante Übernahme von Lotus noch scheitern. Bis 7. Dezember muss eine Entscheidung gefallen sein, danach wäre Lotus pleite. Zieht sich Renault tatsächlich zurück, könnte auch der Motorendeal mit Red Bull noch platzen. Zwar hatte Teamchef Christian Horner in Abu Dhabi schon einen Start des Rennstalls für 2016 verkündet, doch Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko sagte kurz darauf: „Nichts ist besiegelt.“ Sollte Red Bull tatsächlich wieder ohne Motor dastehen und den Sport verlassen, dürfte auch das Schwesterteam Toro Rosso gehen.
Brennpunkt Regelstreit: Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff malt ein düsteres Szenario. „Es könnte ein teures Wettrüsten geben“, sagte der Österreicher in Abu Dhabi. Der Branchenführer nimmt an, dass Ferrari sich für seine Aufholjagd Hilfe beim künftigen US-Partnerteam Haas geholt und damit eine Grauzone des Regelwerks genutzt hat. In einem zehnseitigen Dokument forderte Mercedes in Abu Dhabi vom Weltverband FIA Klarheit für die Zukunft. Sollten die FIA-Richter an Ferraris Vorgehen nichts auszusetzen haben, könnten künftig alle großen Rennställe möglichst viele kleinere Teams für Entwicklungsbündnisse verpflichten, argumentierte Wolff.
Brennpunkt Motoren: Der Streit um die hochkomplexen Hybrid-Triebwerke ist eskaliert. FIA-Chef Jean Todt und Ecclestone erpressten die großen Hersteller mit Plänen für einen billigen Alternativmotor. Als „unnötig und dumm“ bezeichnete Mercedes-Teamaufseher Niki Lauda in der „Welt am Sonntag“ diesen Vorstoß. Doch das Druckmittel wirkte. Von spätestens 2018 an soll es eine neue Motorenformel mit günstigeren Hybriden geben, die auch das Budget der kleinen Teams entlastet und sie wettbewerbsfähiger werden lässt. Der Haken: Schon bis 15. Januar müssen sich die chronisch zerstrittenen Parteien auf Details geeinigt haben. Gelingt das nicht, beginnt der Zoff von vorn.
Brennpunkt EU-Klage: Die Beschwerde der Teams Sauber und Force India bei der EU-Kommission geht an den Kern von Ecclestones Herrschaft. Die Rennställe sehen sich durch die Verteilung der Gelder und die Machtstrukturen in der Königsklasse gegenüber den größeren Teams benachteiligt. Ecclestone verweist zwar darauf, dass die beiden Kläger bei Unterschrift der Formel-1-Verträge wussten, worauf sie sich einließen. Doch das dürfte die EU-Wettbewerbshüter kaum kümmern. Solange es keine Entscheidung aus Brüssel gibt, stehen Ecclestones Deals unter Vorbehalt. Das dürfte auch ein mögliches Milliardengeschäft bei einem Besitzerwechsel der Rennserie betreffen.
Angesichts der Vielzahl von Problemfeldern verabschiedet sich die Formel 1 voller Ungewissheit in ihre fast viermonatige Rennpause. Wer Ecclestones oft finstere Miene im Fahrerlager des Yas Marina Circuit sah, konnte den Ernst der Lage erahnen. Noch ist völlig offen, in welchem Zustand sich sein Lebenswerk zum Start der neuen Saison am 20. März 2016 in Melbourne präsentieren wird.
(dpa)
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