Ägypten: Hunderte Demonstranten fordern Rücktritt des Staatschefs al-Sisi
In einer für Ägypten seltenen Protestaktion haben mehrere hundert Demonstranten in Kairo und anderen Städten des Landes den Rücktritt von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi gefordert. Dutzende Menschen versammelten sich in der Nacht auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz in Kairo, dem Schauplatz wochenlanger Massenproteste, die vor acht Jahren den Langzeitherrscher Husni Mubarak aus dem Amt vertrieben hatten. Mindestens 74 Menschen wurden festgenommen.
Zahlreiche Sicherheitskräfte waren im Einsatz, um die Kundgebung in Kairo zu beenden, wie AFP-Reporter berichteten. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte am Samstag die ägyptischen Behörden auf, „das Recht auf friedlichen Protest zu schützen“. Die Behörden sollten zudem alle Festgenommenen unverzüglich freilassen, teilte die Organisation am Samstag mit. Al-Sisis Sicherheitskräfte hätten erneut brutale Methoden angewandt, um friedliche Proteste kleinzuhalten, sagte der stellvertretende Nahost- und Nordafrikadirektor von Human Rights Watch, Michael Page. „Die Behörden sollten erkennen, dass die Welt zuschaut und alle Schritte unternehmen, um eine Wiederholung früherer Gräuel zu verhindern.“
Videoaufnahmen von den Freitagskundgebungen zeigten, wie Demonstranten „Sisi hau ab“ riefen. Auch in der Nähe des Tahrir-Platzes versammelten sich kleinere Gruppen und riefen gegen den Staatschef gerichtete Parolen.
Die Proteste wurden von dem im spanischen Exil lebenden Geschäftsmann Mohamed Ali ausgelöst, der dem Militär und dem Staatschef Korruption vorwirft und dessen Sturz fordert. Am Freitagmorgen hatte er die Ägypter in einem in den sozialen Medien verbreiteten Video aufgerufen, auf die Straßen zu gehen.
Präsident al-Sisi hatte die Korruptionsvorwürfe entschieden zurückgewiesen. „Das sind Lügen, deren Ziel es ist, den Willen der Ägypter zu brechen und sie jede Hoffnung und jedes Vertrauen in sich selbst verlieren zu lassen“, kritisierte er vor einer Woche auf einem Jugendkongress in Kairo. Er warnte dort junge Menschen vor den möglichen Gefahren regierungskritischer Meinungsäußerungen.
Regierungskritische Demonstrationen sind in Ägypten äußerst selten. Unter dem seit 2013 herrschenden General al-Sisi, der den demokratisch gewählten islamistischen Präsidenten Mohamed Mursi gestürzt hatte, werden Proteste und Kritik weitgehend unterbunden. Tausende Islamisten, Regierungsgegner, Blogger und Aktivisten wurden in den vergangenen Jahren inhaftiert und teils verurteilt.
Der ägyptische Staatschef sieht nach eigenen Angaben Sicherheit und Stabilität als Merkmale seiner Herrschaft. Jedoch wächst innerhalb der Bevölkerung die Unzufriedenheit wegen steigender Preise. Seine Regierung hatte 2016 über Ägypten strenge Sparmaßnahmen im Rahmen eines Förderpakets des Internationalen Währungsfonds (IWF) von zwölf Milliarden Dollar verhängt.
Laut einem im Juli veröffentlichten Bericht ägyptischer Behörden lebt fast ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. (afp/dpa)
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