Protest gegen Algeriens Staatschef treibt erneut Hunderttausende auf die Straße
Auch nach dem Verzicht des algerischen Staatschef Abdelaziz Bouteflika auf eine fünfte Amtszeit reißen die Proteste in dem nordafrikanischen Land nicht ab. Am Freitag gingen in der Hauptstadt Algier wieder hunderttausende Menschen gegen den greisen Staatschef auf die Straße. Auf Plakaten forderten die Demonstranten Bouteflikas Rücktritt, viele hatten algerische Flaggen dabei.
Frauen, Männer und Kinder strömten im Nieselregen auf die Straßen und liefen in einem kilometerlangen Protestzug zum alten Postgebäude im Stadtzentrum. Viele hatten die Nationalfahne um die Schultern geschlungen oder hielten sie in der Hand. Auch die Balkone von Wohnhäusern waren mit der algerischen Flagge geschmückt.
Wie an den beiden vorangegangenen Freitagen, dem Tag des Gebets in den Moscheen, wurden die Demonstranten von Trommlern und Autohupen angefeuert. Die Polizei setzte am Nachmittag Tränengas ein, um Demonstranten zu stoppen, die eine Absperrung durchbrechen und auf eine Straße zum Präsidentenpalast gelangen wollte. Verletzt wurde aber niemand.
Nach offiziellen Angaben beteiligten sich allein an dem Demonstrationszug in Algier „hunderttausende“ Menschen. Proteste gab es demnach auch in der zweitgrößten Stadt Oran und in 42 der 48 algerischen Provinzen. Viele Demonstranten nahmen weite Wege auf sich, um in Algier zu demonstrieren.
Besonders erbost waren die Demonstranten über die Entscheidung des 82-jährigen Staatschefs, die für den 18. April geplante Präsidentschaftswahl auf unbestimmte Zeit zu verschieben und nach dem Ende seines vierten Mandats am 28. April fürs erste im Amt zu bleiben. Sie sehen darin ein Manöver Bouteflikas, um sich und seinem Umfeld möglichst lange die Macht zu sichern.
Eine pensionierte Beamtin namens Zineb erklärte, sie werde „bei Regen oder Schnee“ weiter demonstrieren, „bis dieses verfaulte Regime zusammenbricht“. Der 24-jährige Arbeitslose Younes Laroussi sagte, er werde jeden Freitag auf die Straße gehen, bis es einen „radikalen“ Systemwechsel in Algerien gebe.
In der Stadt Annaba im Nordosten Algerien gingen nach Angaben örtlicher Journalisten trotz starken Regens und Überschwemmungen „viele“ Menschen auf die Straße. Auch in Tizi Ouzou östlich von Algier trotzten die Demonstranten Kälte und Wind, wie der Teilnehmer Mokran Zarabi sagte.
Bouteflikas Gegner protestieren seit dem 22. Februar fast täglich – zunächst richteten sich die Proteste gegen seine erneute Kandidatur für die Präsidentenwahl, später gegen seinen Verbleib im Amt. Nach Angaben von Diplomaten haben sich in den vergangenen vier Wochen mehrere Millionen Algerier an den Protesten beteiligt.
Bouteflika regiert das nordafrikanische Land seit 20 Jahren autoritär. Seit einem Schlaganfall im Jahr 2013 hat er sich jedoch weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Kritiker gehen davon aus, dass der gebrechliche Greis im Machtapparat nicht mehr die Fäden in der Hand hält. (afp)
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