Präsenz ausländischer Truppen im Irak: Nato und Bundeswehr ziehen Soldaten ab – Frankreich nicht
Angesichts der Spannungen zwischen den USA und dem Iran zieht die Nato einen Teil ihrer Soldaten aus dem Irak ab. Es würden „alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz“ des Personals getroffen, teilte ein Nato-Sprecher am Dienstag mit. „Dazu gehört die vorübergehende Verlegung einiger Mitarbeiter an verschiedene Standorte innerhalb und außerhalb des Irak.“
Die Nato bildet seit Anfang 2017 im Irak Sicherheitskräfte aus. Der Einsatz umfasste zuletzt rund 500 Soldaten, die meisten aus Kanada.
Die Nato hatte die Ausbildung irakischer Soldaten wegen der Spannungen am Wochenende bereits ausgesetzt. „Bei allem, was wir tun, steht die Sicherheit unseres Personals an erster Stelle“, erklärte der Nato-Sprecher. Er machte keine Angaben zum Umfang des Abzugs aus dem Irak und verwies auf Sicherheitsgründe.
Der Nato-Sprecher bekräftigte, das Bündnis sei „bereit, unsere Ausbildung und den Aufbau von Kapazitäten fortzusetzen, wenn es die Situation erlaubt“. Die NATO sei „dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus stark verpflichtet“.
Irakische Soldaten wurden von der Nato bisher insbesondere in der Entschärfung von Sprengsätzen, der Instandhaltung und medizinischer Versorgung geschult. Zudem berät die Nato das irakische Verteidigungsministerium und andere Sicherheitsbehörden.
Frankreich plant keinen Truppenabzug
Frankreich hat derzeit keine Absicht, seine Truppen aus dem Irak abzuziehen, wie die Nachrichtenagentur AFP aus der Regierung erfuhr. Im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition sind derzeit rund 200 französische Soldaten in dem Land stationiert, davon 160 für die Ausbildung der irakischen Armee.
Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, der Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) habe für Paris weiter „Priorität“. Angesichts der Spannungen im Irak sei der Schutz für die Militärangehörigen aber verstärkt worden.
EU-Kräfte könnten stattdessen verstärkt werden
Der CDU-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Roderich Kiesewetter, hält eine verstärkte Präsenz europäischer Kräfte im Irak für möglich. Er könne sich vorstellen, dass die USA sich aus der Region zurückziehen und stattdessen unter anderem Deutschland, Frankreich und Großbritannien „quasi im Rahmen einer transatlantischen Lastenteilung ein stärkeres europäisches Gewicht in der Region gewinnen“, sagte Kiesewetter am Dienstag dem Deutschlandfunk.
Dabei gehe es um den Aufbau ziviler Infrastruktur, die Ausbildung von irakischen Sicherheitskräften und der Sicherstellung der Stabilität in der Region, „denn ansonsten hat der Iran eine Einflusszone, die über den Irak und Syrien bis an den Libanon reicht. Wenn dies der Westen verliert, dann verlieren wir auch den Einfluss, die Terrormiliz IS zu bekämpfen“, so der CDU-Politiker weiter.
Entscheidend sei jedoch vorerst eine Eskalation des Konflikts in der Region zu vermeiden. Die Antwort darauf könne nicht sein, dass man sich aus der Region zurückziehe, „sondern dass wir behutsam dem Irak deutlich machen, dass eine europäische Präsenz hilfreich ist, und dass die Amerikaner Schritte zur Deeskalation einleiten müssen, um nicht die gesamte Region zu verlieren“, sagte Kiesewetter.
Deutschland zieht ebenfalls Soldaten ab
Auch die Bundeswehr hat einen Teil ihres Kontingents im Irak in Nachbarländer verlegt. Koalitionspolitiker begrüßten den Schritt. Grüne und Linke forderten einen vollständigen Abzug.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bekräftigte, Deutschland wolle gemeinsam mit seinen Partnern an dem internationalen Anti-IS-Einsatz festhalten.
Die 32 in Tadschi stationierten Soldaten wurden nach Jordanien verlegt, nachdem ihre Ausbildungsmission ohnehin seit Freitag ebenfalls eingestellt worden war. Drei weitere Bundeswehrsoldaten wurden aus Bagdad nach Kuwait gebracht, wo sich ein Teil des Hauptquartiers der US-geführten Koalition befindet. Die ausgeflogenen Soldaten könnten „jederzeit“ zurückverlegt werden, wenn die Ausbildungsmission im Irak wieder aufgenommen werden solle, teilte die Bundeswehr mit.
Im kurdischen Erbil verbleiben bis auf weiteres 117 Bundeswehrsoldaten, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos am Dienstag zu AFP sagte.
Deutsche Politiker sind sich uneins
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montagabend im ZDF, die Bundesregierung werde „in den nächsten Tagen“ nach Gesprächen mit Bagdad, aber auch mit den Partnern in der Anti-IS-Koalition sowie den Nato-Verbündeten entscheiden, „wie wir weiter verfahren werden“. „Wir sind zusammen in den Irak gegangen, um den IS zu bekämpfen und wir werden auch zusammen wieder rausgehen.“
Auch die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, nannte die Teilverlegung richtig. „Jedoch sollte Deutschland grundsätzlich am Bundeswehreinsatz im Irak festhalten.“
Dagegen bekräftigte Grünen-Chefin Annalena Baerbock die Forderung nach einem vollständigen Abzug der deutschen Truppen. „Mit der Entscheidung des irakischen Parlaments, dass alle ausländischen Truppen abgezogen werden sollen, ist der Abzug aller deutschen Soldaten der einzige Weg, denn die völkerrechtliche Grundlage für dieses Mandat ist auch entzogen“, sagte Baerbock der „Rheinischen Post“.
Für die Linkspartei erklärte Außenexpertin Sevim Dagdelen ebenfalls, die Bundeswehr müsse komplett aus der Region abgezogen werden. Andernfalls drohe „die Wahrnehmung der Bundeswehr als Besatzungstruppe im Irak“.
(ks/afp/dts)
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