Politikanalyst kritisiert US-Kurs: China ist größte Bedrohung für die westliche Welt

US-Präsident Joe Biden hat den Ukraine-Krieg und den Israel-Konflikt als größte Gefahr für die bestehende Ordnung bezeichnet. Ein US-Blogger hält das für gefährlich.
Antony Blinken, Außenminister der USA, trifft Xi Jinping, Präsident von China, in der Großen Halle des Volkes.
Antony Blinken, Außenminister der USA, trifft Xi Jinping, Präsident von China, in der Großen Halle des Volkes, 19. Juni 2023.Foto: Leah Millis/Pool REUTERS/AP/dpa
Von 26. Oktober 2023

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Am Donnerstag hielt Joe Biden anlässlich des Konflikts zwischen Israel und Hamas eine Rede und verwies im gleichen Atemzug auf die russische Invasion in der Ukraine. Beide bezeichnete er als Bedrohungen für Amerika und die Welt.

Vom Kongress forderte er mehr als 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine, 14 Milliarden US-Dollar für Israel und 2 Milliarden US-Dollar für den indopazifischen Raum. Von China als Bedrohung für die bestehende Weltordnung und freie Welt sprach er nicht.

Die rhetorischen Defizite eines Präsidenten wirkten sich auch auf die politischen Prioritäten aus, zumindest innerhalb seiner eigenen politischen Fraktion, meint Politikanalyst Ross Douthat im jüngsten Beitrag in der „New York Times“. Das spiegele alleine die Mittelvergabe der US-Regierung wider.

Warum er den aktuellen Regierungskurs für falsch und sogar gefährlich hält, erläutert er in seinem Kommentar. „Wenn Sie [US-Präsident Joe Biden] nicht erklären können, warum wir uns neben der russischen oder iranischen Aggression auch über die chinesische Macht Sorgen machen müssen, werden die Menschen, die Ihnen zuhören, annehmen, dass es keinen Grund zur Sorge gibt“, mahnt der Blogger. Aus seiner Sicht habe die Eindämmungsstrategie im Pazifikraum Priorität, selbst wenn andere Bedrohungen unmittelbarer erschienen.

Allianz China, Iran und Russland

Douthat zufolge sei es richtig, bei China, Iran und Russland von einer losen Allianz zu sprechen, die versucht, die aktuell auf Regeln basierende Weltordnung zu untergraben und eine neue etablieren will. Allerdings handele es sich bei dem Trio nicht um gleichwertige Gegner.

Nur China sei den Vereinigten Staaten ebenbürtig und verfüge über die technologische und industrielle Macht, um die USA global in seiner Führungsrolle und Vormachtstellung abzulösen.

Das bestätigte auch der frühere australische Premierminister Scott Morrison im März dieses Jahres. Der militärischen Stärke der Volksbefreiungsarmee Pekings könne „kein Land alleine“ standhalten „außer den USA“, warnte er.

Vormachtstellung der USA in Ostasien in Gefahr

Weder der Krieg in der Ukraine noch der Israel-Krieg würden Politikanalyst Douthat zufolge die Vormachtstellung der USA in der Welt erschüttern. Anders sei das im Falle eines Einmarsches in Taiwan.

„China-Kenner sagen, dass eine Niederlage in einem Krieg um Taiwan viel schlimmer wäre als das 9/11-Debakel und schlimmer, als Wladimir Putin den Donbas und die Krim dauerhaft zu überlassen“, so Douthat. Das könne man zwar nicht beweisen, dennoch glaube er, dass sie recht haben in ihrer Annahme.

„Die Etablierung einer militärischen Vormachtstellung Chinas in Ostasien wäre ein einzigartiger geopolitischer Schock mit katastrophalen Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit der amerikanischen Bündnissysteme, auf die Wahrscheinlichkeit regionaler Kriege und Wettrüsten und auf unsere Fähigkeit, das globale Handelssystem aufrechtzuerhalten, das die Grundlage für unseren Wohlstand zu Hause bildet.“

Amerika habe in der Vergangenheit Kriege verloren, in Vietnam und Afghanistan zum Beispiel, als es um die Ausweitung ihres Territoriums ging, so Douthat, aber niemals gegen einen Großmachtrivalen und ideologischen Konkurrenten. „Deshalb ist ein Debakel in Ostasien auch angesichts anderer Krisen im Ausland das Szenario, an dessen Abwendung die Vereinigten Staaten am intensivsten arbeiten sollten.“

Gefährliche Raketen können US-Stützpunkte ausschalten

Bei Chinas Einmischung im Südchinesischen Meer gehe es nicht nur um die Kontrolle von Ressourcen, sondern auch darum, seine U-Boote nah genug für einen Angriff auf die USA zu positionieren, warnte der französische General Daniel Schaeffer bereits im Jahr 2021.

Peking hat schon lange ein Interesse daran, über die Insel Taiwan Zugang zu den tiefen Gewässern zu erhalten, damit es seine U-Boot-Flotte unentdeckt bewegen kann. Aktuell kann die Flotte leicht entdeckt werden, was einen direkten Raketenangriff auf die USA unmöglich macht. Das würde sich jedoch im Falle der Einnahme von Taiwan ändern.

China investiert seit Jahren immer mehr Geld in die militärische Aufrüstung. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums verfügt die Volksrepublik über mehr als 2.000 Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen. Besonders effektiv seien laut einer australischen Studie von 2019 die DF-21 D, ein neu entwickelter Seezielflugkörper mit großer Reichweite.

„Das wachsende Arsenal an sehr präzisen Langstreckenraketen bedeutet ein großes Risiko für fast alle Stützpunkte, Landebahnen, Häfen und andere militärischen Einrichtungen der Amerikaner und deren Verbündeten im Westpazifik“, heißt es in der Studie.

Diese „könnten durch präzise chinesische Raketenangriffe in den ersten Stunden eines Konflikts unbrauchbar gemacht werden“, schreiben die australischen Experten. Die Folge könne sein, dass sie einen Sieg erreichen, bevor die Amerikaner antworten könnten.



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