Morawiecki: Merkel hat in Asylpolitik versagt und Souveränität von EU-Staaten gefährdet
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki befürchtet eine Eskalation des Konflikts mit Belarus. „Die Situation ist derzeit stabil, aber sie wird immer bedrohlicher“, sagte Morawiecki der „Bild“-Zeitung vom Donnerstag. „Ich hoffe, alle behalten die Nerven“, fügte der polnische Regierungschef vor einem Besuch von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Warschau hinzu.
„Die belarussischen Kräfte provozieren immer deutlicher“, sagte Morawiecki in dem Interview. „Ich hoffe, sie machen dabei nicht den einen Schritt zu weit. Denn wir Polen sind fest entschlossen, unsere Grenze mit allen Mitteln zu schützen. Die Ostgrenze Europas und auch der Nato.“
Auf die Frage, ob Krieg drohe, sagte Morawiecki: „Wir können nichts ausschließen.“ Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin folgten „offensichtlich einer Strategie, um den Westen zu verunsichern, zu destabilisieren. Was sie noch alles planen, wissen wir nicht“. Möglich sei auch, „dass die Krise an der Grenze nur ablenken soll von neuen militärischen Angriffen, die Putin in der Ukraine vorbereitet“.
Er hoffe dennoch, „dass der internationale Druck wirkt und es bei den rund 20.000 Zuwanderern bleibt, die jetzt in Belarus sitzen“, sagte der polnische Regierungschef. „Wenn der Zustrom gestoppt wird, könnte auch die EU helfen, diese Menschen in ihre Heimat zurückzufliegen.“
Morawiecki warnt vor neuer Flüchtlingskrise
Morawiecki warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer neuen Flüchtlingskrise in Europa. „Wenn wir nicht in der Lage sind, jetzt tausende Zuwanderer fernzuhalten, dann werden es bald Hunderttausende sein, Millionen, die Richtung Europa kommen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Wenn wir unsere Grenzen in Europa nicht entschieden schützen und verteidigen, werden hunderte Millionen aus Afrika oder dem Mittleren Osten versuchen, nach Europa und insbesondere nach Deutschland zu kommen.“
Polen beweise derzeit am Grenzzaun zu Belarus, dass es möglich sei, Grenzen effektiv zu schützen, sagte Morawiecki. „Wir stehen geschlossen an unserer Grenze. Und kaum jemand kommt durch, obwohl es jede Nacht und jeden Tag Tausende versuchen. Das zeigt: Man kann seine Grenzen erfolgreich schützen. Und als souveräner Staat muss man das auch garantieren. Das gleiche gilt für Europa: Wir müssen alles tun, um unsere Grenzen am Mittelmeer und im Osten zu schützen vor Zuwanderung.“
Auf die Frage, ob ganz Europa sich durch Mauern schützen sollte, sagte Morawiecki in dem Interview: „Wir brauchen jede Form von Schutz und Überwachung, um Angriffe abzuwehren. Sei es eine Mauer, ein Zaun oder elektronische Anlagen, die jedes Eindringen sofort melden.“
Scharfe Kritik übte Morawiecki an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf die Frage, ob Merkel in diesem Politikfeld versagt habe, antwortete Morawiecki: „Oh, absolut. Ich denke, dass die Politik von vor fünf bis sechs Jahren keine angemessene Politik war. Sie hat die Souveränität vieler europäischer Staaten gefährdet und schuf einen künstlichen Multikulturalismus. Das war eine gefährliche Politik für Europa und für die Welt.“
100 Migranten an Grenze zu Belarus festgenommen
Unterdessen haben polnische Sicherheitskräfte in der Nacht zum Donnerstag rund hundert Migranten an der Grenze zu Belarus festgenommen. Die Migranten hätten versucht, die schwer bewachte Grenze nach Polen zu überqueren, teilte das Verteidigungsministerium in Warschau mit. Die Festnahmen ereigneten sich demnach nahe dem Dorf Dubicze Cerkiewne.
Das polnische Verteidigungsministerium teilte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit, belarussische Einsatzkräfte hätten zunächst Aufklärung betrieben und „höchstwahrscheinlich“ den Stacheldrahtzaun entlang der Grenze beschädigt. „Dann haben die Belarussen die Migranten gedrängt, polnische Soldaten zur Ablenkung mit Steinen zu bewerfen.“ Der Versuch des Grenzübertritts sei in mehreren hundert Metern Entfernung erfolgt.
Ukraine schickt mehr als 8500 Sicherheitskräfte an Grenze zu Belarus
Die Ukraine befürchtet nun nach Angaben ihres Botschafters in Deutschland, dass Migranten von der Grenze zwischen Belarus und Polen an die ukrainische Grenze geschickt werden könnten. „Es besteht die Gefahr, dass eingeschleuste Migranten von der belarussisch-polnischen Grenze an die Grenze zur Ukraine umgeleitet werden“, sagte Andrij Melnyk den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. Kiew habe daher mehr als 8500 Polizisten, Nationalgardisten und Grenzschutzbeamte in die Grenzregion geschickt.
„Das ist nur der Anfang“, fügte der Botschafter hinzu. „Möglicherweise wird auch der Notstand ausgerufen. Wir sind für alles gerüstet.“ Die Grenze zwischen der Ukraine und Belarus sei mehr als tausend Kilometer lang und bestehe aus schwer zu kontrollierenden Sümpfen und Wäldern. „Wir haben die Sorge, dass dieses Gebiet für mögliche Provokationen genutzt werden kann“, sagte Melnyk.
Die aktuelle Flüchtlingskrise werde von dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „inszeniert, um die Militäraktivitäten Russlands vor der Ostgrenze der Ukraine und im Donbass zu verschleiern“, fügte der Botschafter mit Blick auf den Konflikt in der Ostukraine hinzu.
Tausende Menschen zum Großteil aus dem Nahen Osten, darunter viele Kurden aus dem Irak, sitzen derzeit in Belarus vor allem an der Grenze zum EU-Mitgliedstaat Polen fest. Brüssel wirft Lukaschenko vor, absichtlich Migranten in die EU zu schleusen, um Vergeltung für Sanktionsbeschlüsse der Europäer zu üben. (afp/dts/oz)
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