Polen gegen „Zwangsumsiedlungen“: Außenminister fordert Kompromissbereitschaft von Deutschland
„Natürlich hat dazu jedes Land das Recht, aber manchmal würden wir in bestimmten Angelegenheiten eine gewisse Kompromissbereitschaft erwarten“, sagte Waszczykowski der Deutschen Presse-Agentur vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Warschau.
Als Beispiele nannte der polnische Chefdiplomat den geplanten Bau der Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland, der von den osteuropäischen EU-Mitgliedern scharf kritisiert wird. Das Projekt basiere nicht auf wirtschaftlichen Kalkulationen, sondern sei politisch motiviert, sagte er. „Das schadet der europäischen Solidarität.“ Deutschland solle seine wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland nicht auf Kosten seiner Beziehungen zu Polen ausbauen.
Außerdem kritisierte Waszczykowski deutsche Zweifel an der Stärkung der Nato-Truppen in Osteuropa. Er nahm dabei Bezug auf eine Aussage von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der hatte vor dem Nato-Gipfel im Juli vor „Säbelrasseln“ des Bündnisses gewarnt, wollte das aber nicht als Kritik an Manövern oder Truppenverlegungen verstanden wissen. Bei dem Gipfeltreffen in Warschau wurde die Stationierung von jeweils etwa 1000 Soldaten in Polen, Litauen, Estland und Lettland beschlossen. Deutschland schickt mehrere hundert Soldaten nach Litauen. Diese Entscheidung begrüße Polen, sagte Waszczykowski.
Merkel zu Gesprächen in Polen
Merkel trifft sich mit der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydlo und anschließend mit den Regierungschefs der sogenannten Visegrad-Gruppe, zu der auch Tschechien, die Slowakei und Ungarn gehören. Dabei dürfte es auch um die europäische Flüchtlingspolitik gehen.
Waszczykowski betonte, dass dabei die Sicherheit des eigenen Landes sowie die Sozial- und Beschäftigungspolitik im Vordergrund stehen müssten. „Nicht alle in Europa können sich so eine Politik, wie Deutschland sie vorschlägt, leisten. Viele Länder, darunter auch Polen, haben sehr begrenzte Kapazitäten und Möglichkeiten“, sagte er.
Der Außenminister wandte sich gegen einen festen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge in Europa. „Was in dem Zusammenhang euphemistisch „Umverteilung“ genannt wird und wir als „Zwangsumsiedlung“ bezeichnen, kann bei uns nicht akzeptiert werden“, sagte Waszczykowski. Polen habe schlechte Erfahrung mit dem Begriff der Umsiedelung. „Wir können jetzt nicht anderen Nationen, die vor dem Krieg fliehend nach Europa gekommen sind, eine Zwangsumsiedlung nach Polen bescheren.“
(dpa)
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