Polen: Denkmal für Ex-Präsident Kaczyński wird in Warschau enthüllt – Unglück von Smolensk bleibt Zankapfel

In Warschau wird ein Denkmal für bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen polnischen Ex-Präsidenten Kaczyński eingeweiht. Bis heute halten sich hartnäckig Gerüchte – denn das Flugzeugwrack und die Black Box befinden sich bis heute in russischem Besitz.
Titelbild
Das bisherige Denkmal vor dem Präsidentenpalast in Warschau, dass an den Flugzeugabsturz erinnert.Foto: iStock
Von 5. November 2018

Am kommenden Samstag, dem 10. November 2018, soll auf dem Pilsudski-Platz in Warschau ein Denkmal für den am 10. April 2010 bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe des russischen Smolensk ums Leben gekommenen polnischen Ex-Präsidenten Lech Kaczyński enthüllt werden. Dies berichtet das Portal wpolityce.pl unter Berufung auf die polnische Nachrichtenagentur PAP und auf Marek Suski, den Büroleiter des Premierministers Mateusz Morawiecki.

Vor der feierlichen Enthüllung wird ein Gedenkgottesdienst in der Seminarkirche stattfinden. Das Denkmal selbst wird anschließend auf dem Pilsudski-Platz gegenüber der Warschauer Garnison der Öffentlichkeit präsentiert.

Es wird damit gerechnet, dass das Standbild in klassischer Weise gestaltet wurde. Bereits am 10. April dieses Jahres war auf dem gleichen Platz ein Monument für die Opfer der Flugzeugkatastrophe von vor acht Jahren in Smolensk eingeweiht worden. An diesem Tag war auch der Grundstein für das spätere Kaczyński-Denkmal gelegt worden.

„Fluch von Katyn“

Am 10. April 2010 starben 96 Menschen beim Absturz einer Tu-154M, unter ihnen der Präsident selbst, dessen Ehefrau, die obersten Befehlshaber der Armee und der letzte Exilpräsident der polnischen Republik, Ryszard Kaczorowski. Die Delegation wollte der gemeinsamen Gedenkveranstaltung mit der russischen Staatsführung zum 70. Jahrestag des Massakers von Katyn beiwohnen. Dort hatte die Rote Armee 1940 rund 4.400 gefangene Polen ermordet, hauptsächlich Offiziere.

Insgesamt wurden damals in einer Reihe weiterer Massenmorde in dem Gebiet etwa 22.000 polnische Gefangene ermordet. Das Ziel des kommunistischen Massakers war es, zu verhindern, dass polnische Vorkriegseliten den ein Jahr zuvor auf der Basis des Molotow-Ribbentrop-Paktes zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion aufgeteilten polnischen Staat jemals wiedererrichten können. Nach der Befreiung Polens von Hitlerdeutschland 1945 entstand dann auch unter der Schirmherrschaft der Roten Armee eine sogenannte Volksdemokratie – wie der euphemistische Ausdruck für eine kommunistische Diktatur lautete. Die Sowjetunion hatte die Verantwortung für das Massaker bis 1990 geleugnet und Deutschland dafür verantwortlich gemacht.

Der Flugzeugabsturz, der das polnische Gemeinwesen in tiefgreifender Weise erschütterte, ist bis heute Gegenstand zahlreicher Spekulationen bis hin zu Verschwörungstheorien. Die historisch ohnehin angespannten polnisch-russischen Beziehungen sind bis heute durch die Tragödie von Smolensk schwer belastet.

Dichter Nebel und Pilotenfehler

Während offizielle Untersuchungen der Russischen Föderation, an der auch polnische Experten teilnahmen, zu dem Ergebnis kamen, Absturzursache wäre eindeutig ein gescheiterter Anflug des polnischen Piloten bei dichtem Nebel gewesen, wobei auch der russische Tower nicht optimal agiert hätte, verbreiten polnische Quellen bis heute Darstellungen, wonach es vor dem Absturz einen Brand oder eine Explosion gegeben hätte.

Hinweise darauf ergaben die Untersuchungsergebnisse beider Regierungen nicht. Auch die polnische Regierung verneinte 2010, dass es entsprechende Anhaltspunkte gäbe. Vor allem aus der nationalkonservativen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) schlug jedoch beiden Seiten Argwohn entgegen.

Bis heute ist man dort überzeugt, dass entweder die damalige linksliberale Regierung unter Premierminister Donald Tusk oder die russische Regierung einen Anschlag auf die Maschine verübt hätte, um die PiS und konservative polnische Eliten zu treffen – oder dass sogar beide unter einer Decke steckten.

Der von Tusk geführten Regierung warf man mindestens vor, die wahre Ursache des Unglücks vertuscht zu haben. Das Flugzeugwrack und die Black Box befinden sich bis heute in russischem Besitz, Polens Regierung wertet die Weigerung, diese auszufolgen, als Indiz dafür, dass Moskau bis heute entscheidende Erkenntnisse zum damaligen Vorfall verschweige.

Angekündigter Bericht konnte nicht vorgelegt werden

Lech Kaczyński, ein wortgewaltiger Russland-Kritiker, war ursprünglich nicht zu der Gedenkveranstaltung eingeladen worden. Der offizielle Gast, mit dem der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, in Katyn der Opfer gedenken wollte, war Premierminister Tusk.

Kaczyński hatte sich deshalb dazu entschlossen, in Eigenregie anzureisen – drei Tage später, aber mit derselben Maschine wie der linksgerichtete Premier.

Die 2015 ins Amt gewählte Regierung der PiS kündigte eine neuerliche Untersuchung an und wollte rechtzeitig zu den Gedenkfeierlichkeiten 2018 einen vollständigen und endgültigen Bericht vorlegen. Dies versprach vor allem der damalige Verteidigungsminister Antoni Macierewicz. Später hieß es, es werde bei einem neuerlichen, nur auszugsweise veröffentlichten Konvolut bleiben.

Am Ende konnte zum anvisierten Zeitpunkt noch gar kein Bericht vorgelegt werden – Macierewicz war zuvor bereits im Januar als Minister entlassen worden.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion