Pipeline als Friedensstrategie? Trump-Regierung prüft neue Rolle für Nord Stream 2

Die USA denken über eine Wiedereröffnung der Nord Stream 2 Pipeline unter amerikanischer Kontrolle nach. Dieser Schritt könnte Teil eines dauerhaften Friedenskonzepts sein, das Präsident Donald Trump für den osteuropäischen Raum vorschwebt und das auf ökonomischen Win-Win-Konstellationen beruht.
Früherer DDR-Geheimdienstler als Vermittler für neues Pipeline-Projekt
Wie die „Financial Times“ unter Berufung auf ungenannte Quellen mitteilte, soll der frühere DDR-Geheimdienstmitarbeiter Matthias Warnig zu den Schlüsselfiguren des Vorhabens gehören. Warnig soll ein enges Vertrauensverhältnis zum Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, unterhalten. Er soll im Gespräch mit US-Investoren stehen, um gemeinsam eine mögliche Zukunft des Infrastrukturprojekts nach einem Friedensschluss in der Ukraine zu erörtern.
Die im September 2021 fertiggestellte, 1.234 Kilometer lange Pipeline war in ihrer Zeit als russisch-deutsches Projekt ein Anlass für Konflikte zwischen Deutschland und den USA. Auch Präsident Donald Trump lehnte das Projekt in seiner ersten Amtszeit ab. Vor allem osteuropäische Länder befürchteten eine zu große Abhängigkeit der europäischen Gasversorgung von Russland.
Nach Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine im Februar 2022 erklärte die deutsche Bundesregierung, die Pipeline nicht mehr weiterführen zu wollen. Im September des Jahres gab es einen bis dato nicht aufgeklärten Anschlag auf die Pipeline. Die Betreibergesellschaft ist mittlerweile insolvent.
USA hätten Kontrolle über europäische Energieversorgung
Nun scheint man in Washington eine neue Chance für das Infrastrukturprojekt zu sehen – unter amerikanischer Regie. Die Regierung Trump, die sich zurzeit um ein Ende des Krieges in der Ukraine bemüht, scheint dies als einen Weg zu sehen, Möglichkeiten zu schaffen und Ängste zu zerstreuen.
Europa könnte weiterhin mit günstigem russischem Pipelinegas versorgt werden. Gleichzeitig hätten die USA, die mit Russland einen Bezugsvertrag aushandeln müssten, die Kontrolle über die Energieversorgung. Dies würde den Befürchtungen gegensteuern, Russland könnte direkten Einfluss ausüben.
In osteuropäischen Ländern wie Polen, in denen historische Ressentiments sowohl gegenüber Russland als auch gegenüber Deutschland bestehen, sieht man jetzt schon die USA eher als Schutzmacht als die EU. Eine amerikanische Kontrolle über die Pipeline würde auch bedeuten, dass die amerikanische Präsenz im Ostseeraum gewährleistet bliebe.
Keine Zertifizierung von Nord Stream 2 in Deutschland
Deutschen Medien zufolge sollen derzeit in der Schweiz Gespräche über eine Wiederinbetriebnahme stattfinden. Als einer der Kaufinteressenten gilt der US-Unternehmer Stephen Lynch, der bereits Erfahrungen in der Geschäftstätigkeit mit Russland aufweist.
Probleme, die mit der Übernahme der Pipeline einhergehen könnten, liegen zum einen in den zum Teil undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen, zum anderen im Fehlen einer Betriebsgenehmigung. Die Bundesnetzagentur hatte das Zertifizierungsverfahren bereits vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgesetzt.
Eigentümer der Pipeline ist eigentlich die russische Gazprom. Allerdings hatten fünf große europäische Energiekonzerne – Shell, OMV, Engie, Uniper und Wintershall – die Hälfte der Baukosten von elf Milliarden US-Dollar beigesteuert. Aufgrund der Sanktionen der EU gegen Russland haben die Unternehmen ihre Investitionen abgeschrieben.
Deutschland und EU winken ab – trotz günstigerer Bezugsmöglichkeit aus der Pipeline
In Deutschland will man von einer Wiederinbetriebnahme unterdessen nichts wissen. Die Unabhängigkeit von russischem Gas sei „für die Bundesregierung sicherheitspolitisch von strategischer Bedeutung“, erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums gegenüber dem „Handelsblatt“. Man wolle daran festhalten, deshalb stehe dies nicht zur Debatte und es würde auch keine deutsche Beteiligung an Gesprächen geben.
Deutschland bezieht anstelle russischen Pipelinegases derzeit vor allem verflüssigtes Erdgas (LNG). Hauptlieferant sind die USA – allerdings sind die Kosten für den Bezug deutlich höher als für Pipelinegas. Die Bundesregierung hatte sich zuletzt auch um weitere Lieferanten von LNG bemüht, darunter das Emirat Katar. Dort hat man zuletzt jedoch Bedenken geäußert, EU-Richtlinien zur Lieferkette könnten für staatliche Gasversorger das Risiko enormer Bußgelder mit sich bringen.
Auch die EU-Kommission nannte Nord Stream 2 am Montag, 3.3., „kein Projekt von gemeinsamem Interesse“. Es diene „nicht der Diversifizierung der europäischen Energiequellen“, äußerte eine Sprecherin gegenüber dem „Handelsblatt“.
Nord Stream 2 durch Polen als Alternative zu Deutschland?
Sollte Deutschland kein Interesse an einer Wiederaufnahme des Projekts unter amerikanischer Führung haben, müsste dies nicht zwingend das Aus für das Vorhaben bedeuten. Zwar würde eine Umleitung der Pipeline auf halber Strecke ebenfalls enorme Investitionskosten nach sich ziehen. Allerdings wäre es beispielsweise möglich, die Pipeline durch Polen zu führen, wie es bereits bei der Jamal-Pipeline der Fall ist.
Sollte eine Kooperation zwischen den USA und Russland zustande kommen, könnte dies auch das Verhältnis zwischen Warschau und Moskau entspannen. Die Slowakei und Ungarn könnten ohne Lieferungen durch die Ukraine versorgt werden. Polen könnte von Transitgebühren profitieren und seine Rolle als Transitland auf gesamteuropäischer Ebene stärken. Gleichzeitig würde Deutschland seinen Status als Knotenpunkt für die Weiterverteilung von russischem Gas in der EU einbüßen.
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