Passendes Spenderorgan in nur zehn Tagen – wie ist das möglich?

Chinas Transplantationssystem ist bekannt für ungewöhnlich kurze Wartezeiten, mangelnde Transparenz und eine hohe Anzahl von Operationen. Nun ist ein neuer Fall bekannt geworden, der Fragen nach der Organquelle aufwirft.
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Ein chinesisches Krankenhaus findet in zehn Tagen eine passende Lunge für eine Transplantation. (Archiv)Foto: STR/AFP via Getty Images
Von 20. August 2024

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Ein chinesisches Krankenhaus hat innerhalb von nur zehn Tagen einen passenden Spender für einen Patienten gefunden, der eine Lungentransplantation benötigte. Der Fall wirft erneut Fragen über das undurchsichtige Transplantationssystem in China auf.

Liu Hao (Pseudonym) unterzog sich 2019 in einem Krankenhaus an der Ostküste Chinas einer Transplantation. Er litt an Pneumokoniose (Staublunge) – einer chronischen Lungenschädigung, die durch das Einatmen von Staubpartikeln verursacht wird – und gab rund 700.000 Yuan (88.000 Euro) für seine Operation aus und 100.000 Yuan (rund 13.000 Euro) für das Organ.

In einem Interview mit der Epoch Times am 3. August sagte er, dass für eine Transplantation Spender gefunden werden mussten, die in Größe, Umfang und Blutgruppe übereinstimmten.

Das Krankenhaus habe eine Wartezeit von einem Tag bis zu sechs Monaten angegeben.

Er sei über 1.200 Kilometer von seiner Heimatstadt im Süden zum Krankenhaus gereist und habe in der Nähe eine Wohnung gemietet, um dort auf einen Spender zu warten, während er sich verschiedenen medizinischen Untersuchungen unterzogen habe. Nach zehn Tagen habe das Krankenhaus einen passenden Spender gefunden.

126.000 Euro für eine neue Lunge

Die Epoch Times kontaktierte die Transplantationsabteilung des Wuxi People’s Hospital in der Provinz Jiangsu, wo Liu seine neue Lunge erhielt. Eine Mitarbeiterin sagte am Telefon, das Krankenhaus führe jährlich 100 bis 200 Lungentransplantationen durch.

Der erste Schritt sei, einen Untersuchungstermin mit einem Arzt zu vereinbaren, sagte sie bei dem Anruf am 4. August. Danach werde der Patient auf die Warteliste gesetzt und er warte dann auf eine weitere Mitteilung des Krankenhauses.

Einige Patienten könnten bereits eine Transplantation erhalten, sobald sie ankommen“, sagte sie der Epoch Times.

Die Preise für eine Lunge scheinen seit 2019 stark gestiegen zu sein. „Es koste eine halbe Million Yuan [etwa 63.000 Euro] für eine einzelne Lunge und eine Million Yuan [etwa 126.000 Euro] für eine doppelte Lunge“, sagte die Mitarbeiterin.

Auf die Frage nach der Herkunft des Spenders antwortete sie, dass sie sich nicht sicher seie und einen Arzt fragen müsste.

Liu sagte, er wisse nichts über den Spender. Das würde vor den Patienten geheim gehalten.

Zu den Lungentransplantationspatienten, mit denen Liu im Krankenhaus zu tun hatte, gehörten Säuglinge und über 80-Jährige aus ganz China.

Liu sagte, dass er mit der neuen Lunge keine schwere Arbeit verrichten könne und für den Rest seines Lebens Medikamente gegen die Abstoßung nehmen müsse.

Verdächtige Organquellen

Lius Chirurg, Chen Jingyu, ein Vizepräsident des Wuxi-Krankenhauses, berichtet in den sozialen Medien häufig über Lungentransplantationen, die er durchgeführt hat.

Im Januar gab er an, dass er im vergangenen Jahr 205 Lungentransplantationen in Wuxi und 165 in der nahe gelegenen Stadt Hangzhou durchgeführt habe, das heißt im Schnitt rund eine Lungen-OP pro Tag. Ferner sei er im ganzen Land beratende bei Operationen tätig gewesen. Im April schrieb er, dass es in China jedes Jahr etwa 6.000 Organspenden von hirntoten Menschen gebe.

Auf Online-Kommentare, die nach den Organquellen fragten, antwortete Chen im vergangenen Jahr, dass China im Jahr 2015 von der Entnahme von Organen hingerichteter Gefangener auf „hirntote“ Spender umgestiegen sei.

Bis heute erkennt China den Hirntod, also den Verlust aller Hirnfunktionen, rechtlich nicht als Tod an. Nach den ethischen Standards in der Medizin muss ein Organspender für tot erklärt werden, bevor lebenswichtige Organe entnommen werden können.

Im Jahr 2016 setzte sich Chen als Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) für eine Gesetzgebung zum Hirntod ein.

Chinas Organspendeplan

Das chinesische Organspendesystem hat seit seiner Einführung im Jahr 2013 mit einigen tausend Organspenden pro Jahr nur magere Ergebnisse erzielt.

Der jüngste Versuch, die Zahl der Spender zu erhöhen, wurde am 28. April unternommen, als führende chinesische Behörden gemeinsam zu mehr freiwilliger Teilnahme aufriefen.

In der Erklärung heißt es, das Fünfjahresziel bestehe darin, die Zahl der registrierten Organspender jährlich um mehr als zehn Prozent zu erhöhen und eine Spenderrate von acht pro eine Million Einwohner zu erreichen.

Ein Einwohner Pekings mit dem Pseudonym Fang Ming sagte, er sei überzeugt, dass diese Initiative vor allem einigen hochrangigen Beamten zugutekomme, die ihr Leben mit neuen Organen verlängern wollten.

Gegenüber der Epoch Times erklärte er, dass er selbst keine Organe spenden würde und auch seinen Verwandten und Freunden raten würde, dies nicht zu tun, „um nicht das Leben derjenigen zu ermöglichen, die besondere Interessen haben“.

60.000 und 90.000 Organtransplantationen pro Jahr

In einem im Januar veröffentlichten Untersuchungsbericht stellte die Ärzteorganisation Doctors Against Forced Organ Harvesting (Ärzte gegen Organraub, DAFOH) die Statistiken der KPC über Organspender infrage. Sie wies beispielsweise darauf hin, dass in anderen Ländern Millionen von registrierten Organspendern benötigt werden, um 5.000 infrage kommende Organspender zu erreichen. Die offiziellen Zahlen Chinas für 2017 wiesen jedoch nur 400.000 registrierte Organspender auf, aber mehr als 5.000 Organspender. Dieses Verhältnis sei „in anderen Ländern nicht zu beobachten“, so DAFOH.

Im Juni 2019 stellte das China-Tribunall, ein unabhängiges Gremium aus Medizinern und Juristen, fest, dass in China jährlich zwischen 60.000 und 90.000 Organtransplantationen durchgeführt werden. Dies liegt deutlich über den offiziellen chinesischen Zahlen von 10.000 bis 20.000.

Das Tribunal stellte fest, dass zahlreiche Beweise dafür sprechen, dass chinesische Ärzte und Krankenhäuser extrem kurze Wartezeiten für Organtransplantationen versprechen. In einem normalen System der freiwilligen Organspende wäre dies nicht möglich.

Erzwungene Organentnahme

Menschenrechts- und Medizinexperten bevorzugen eine andere Erklärung für die Herkunft der Organe: die Zwangsentnahme von Organen von Gewissensgefangenen in China.

Viele von ihnen sind Anhänger von Falun Gong, einer spirituellen Meditationsschule mit Qigong-Übungen und einer auf Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht ausgerichteten Moralphilosophie.

Die Kommunistische Partei Chinas unter Parteichef Jiang Zemin startete im Jahr 1999 eine landesweite Kampagne zur Ausrottung dieser Glaubensrichtung, die damals 70 bis 100 Millionen Anhänger hatte.

Das China-Tribunal kam zu dem Schluss, dass erzwungene Organentnahmen „seit Jahren in ganz China in erheblichem Umfang praktiziert werden und Falun Gong-Praktizierende eine – wahrscheinlich die Hauptquelle – für die Organbeschaffung sind“.

Chen, der Chirurg, der die Lungentransplantation bei Liu durchführte, wurde bereits im Jahr 2016 von der gemeinnützigen Organisation WOIPFG der erzwungenen Organentnahme bei Falun Gong-Praktizierenden beschuldigt. WOIPFG konzentriert sich darauf, Täter von Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.

Ende Juni verabschiedete das US-Repräsentantenhaus den „Falun Gong Protection Act“ (Gesetz zum Schutz von Falun Gong), den ersten Gesetzesentwurf in den USA, der sich mit der Verfolgung der Meditationsbewegung durch die KPC befasst.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, würde es jegliche Zusammenarbeit der USA mit China im Bereich der Organtransplantation verbieten. Personen, die an der erzwungenen Organentnahme beteiligt sind, müssen mit Sanktionen und Visabeschränkungen rechnen. Das Gesetz muss noch vom Senat verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, bevor es in Kraft treten kann.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Chinese Hospital Finds Matching Lung for Transplant in 10 Days, Raising Questions About Organ Sourcing“. (deutsche Bearbeitung jw)



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