Parlamentswahl in Russland: Google und Apple löschen Nawalny-App
Zum Auftakt der Parlamentswahl in Russland haben die Behörden die Entfernung einer Wahlempfehlungs-App der Opposition bei Google und Apple erzwungen. Unterstützer des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny warfen den beiden US-Unternehmen am Freitag vor, sich dem Druck der russischen Regierung gebeugt zu haben.
Die App „Smart Voting“ sollte bei den noch bis Sonntag dauernden Wahlen örtliche Oppositionsbündnisse gegen Kandidaten der Regierungspartei Geeintes Russland von Präsident Wladimir Putin ermöglichen.
Die Wahlempfehlungs-App verschwand nach Angaben von Nawalny-Unterstützern zeitgleich mit dem Start der Wahl aus den App-Stores. Der Vorsitzende von Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung, Iwan Schdanow, machte Google und Apple deshalb schwere Vorwürfe: „Die autoritäre russische Regierung und die Propaganda werden entzückt sein“, schrieb er bei Twitter. Die Entfernung der App sei ein „beschämender Akt politischer Zensur“.
Nawalny’s Strategie der „intelligenten Wahl“
Der im Exil lebende Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow beschuldigte die US-Plattformen, „der Erpressung des Kremls“ nachgegeben zu haben. Nawalnys Team zeigte sich auf zugleich im Online-Dienst Telegram kämpferisch: „Der gesamte russische Staat und sogar die großen Technologie-Unternehmen sind gegen uns, aber das bedeutet nicht, dass wir aufgeben dürfen.“
Der Kreml begrüßte indessen die Löschung der Wahlempfehlungs-App: „Diese Applikation ist in unserem Land illegal“, sagte Regierungssprecher Dmitri Peskow vor Journalisten. Beide Plattformen hätten von Moskau Anordnungen erhalten, sich an die russischen Gesetze zu halten. Dem seien sie nachgekommen. Google und Apple waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Da nahezu alle russischen Oppositionellen von der Wahl ausgeschlossen wurden, verfolgen die Nawalny-Anhänger eine Strategie der „intelligenten Wahl“ – dabei soll in jedem Wahlkreis der Kandidat unterstützt werden, der den Vertreter von Putins Partei Geeintes Russland am ehesten besiegen könnte. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Kandidaten der Kommunistischen Partei.
Wahlergebnis steht de facto fest
Anhand der App gab die Opposition ihren Anhängern Empfehlungen, für welchen Kandidaten sie stimmen sollten, um ein möglichst hohes Ergebnis für den jeweiligen Bewerber zu erzielen. Die Strategie erfolgte nicht nur bei der Parlamentswahl, sondern auch bei den zeitgleich stattfindenden Kommunal- und Regionalwahlen. In der Vergangenheit hatte die Opposition mit diesem Ansatz bereits einige Erfolge verbucht.
Moskau hatte Internetriesen wie Google und Apple bereits seit Wochen aufgefordert, Produkte der als „extremistisch“ eingestuften Nawalny-Organisationen und weiterer regierungskritischer Anbieter vom Netz zu nehmen. Die russische Aufsichtsbehörde Roskomnadsor hatte Google und Apple mit strafrechtlicher Verfolgung und hohen Geldstrafen gedroht.
Der Urnengang begann am Freitag mit der Öffnung der Wahllokale in den weit östlich gelegenen Regionen Tschukotka und Kamtschatka. Bei der dreitägigen Abstimmung wird landesweit über die 450 Sitze in der Duma entschieden. Nachdem prominente Gegner von der Wahl ausgeschlossen wurden, steht ein Sieg der Regierungspartei Geeintes Russland de facto fest.
Zahlreiche Vertraute Nawalnys leben inzwischen im Ausland oder stehen unter Arrest. Nawalny selbst verbüßt derzeit in einer Strafkolonie östlich von Moskau eine zweieinhalbjährige Lagerhaft. (afp/dl)
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