Parlamentswahl in Georgien: „Der wahrscheinlichste Ausgang ist, dass es keinen klaren Sieger geben wird“

Die Georgier wählen ein neues Parlament, es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Regierungspartei "Georgischer Traum" und der oppositionellen "Vereinten Nationalen Bewegung" ab. "Der wahrscheinlichste Ausgang ist, dass es keinen klaren Sieger geben wird", sagte Politikexperte Gia Nodia.
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Georgien wählt, 2016Foto: KIRILL KUDRYAVTSEV/AFP/Getty Images
Epoch Times8. Oktober 2016

Nach einem von Spannungen geprägten Wahlkampf wählen die Georgier am Samstag ein neues Parlament. Bei dem von Manipulationsvorwürfen überschatteten Urnengang zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Regierungspartei Georgischer Traum und der oppositionellen Vereinten Nationalen Bewegung (UNM) ab.

Beobachter warnten, ein Patt könne Georgien, ein strategisch wichtiger Partner des Westens in der Region, in eine Krise stürzen. Das Land strebt eine Mitgliedschaft in der Nato und in der EU an.

Regierungschef Giorgi Kwirikaschwili gab seine Stimme in einem Wahllokal in der Hauptstadt Tiflis ab. Vorab hatte er freie und faire Wahlen versprochen und die Wähler dazu aufgerufen, sich in großer Zahl zu beteiligen. Die Wahlen seien ein „wichtiger Schritt für die Zukunft des demokratischen Georgiens“, erklärte er.

3,5 Millionen Wähler haben die Auswahl zwischen 19 Parteien und 6 Bewegungen

Die rund 3,5 Millionen Wähler der ehemaligen Sowjetrepublik können bei dem Urnengang zwischen 19 Parteien sowie sechs Bewegungen auswählen. Für die 150 Sitze im Parlament bewarben sich 816 Kandidaten.

Die Internationale Gesellschaft für faire Wahlen und Demokratie, die 600 Wahlbeobachter in Georgien einsetzte, bemängelte eine Reihe von Verfahrensverstößen bei dem Urnengang. Dazu zähle „die Einschränkung von Rechten der Beobachter“.

Andere Wahlbeobachter hoben hervor, dass Wahlgesetzgebung und Wahlkampffinanzierung der Regierungspartei Vorteile verschafften. Sowohl Gesetzgebung als auch die geltende Praxis „bevorteilen eine regierende Partei“, sagte Anna Nazwlischwili vom Verband junger Anwälte der Nachrichtenagentur AFP. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte Wahlbeobachter im Einsatz.

Vor vier Jahren hatte die Partei Georgischer Traum mit einem Erdrutschsieg die langjährige Herrschaft der UNM beendet. Seitdem verlor sie allerdings deutlich an Rückhalt. In Umfragen lagen die beiden prowestlichen Parteien praktisch gleichauf.

„Der wahrscheinlichste Ausgang ist, dass es keinen klaren Sieger geben wird“

„Der wahrscheinlichste Ausgang ist, dass es keinen klaren Sieger geben wird“, sagte Politikexperte Gia Nodia. Ein Bündnis der beiden stärksten Parteien werde allerdings durch viele gegenseitige Vorbehalte erschwert.

Der Partei Georgischer Traum gehört auch Staatschef Giorgi Margwelaschwili an. Den Ton in der Partei gibt aber Georgiens reichster Mann Bidzina Iwanischwili an. Er hatte 2013 den Posten des Regierungschefs freiwillig niedergelegt, die Opposition wirft ihm aber vor, im Land weiter die Strippen zu ziehen.

Die UNM wurde von Ex-Präsident Michail Saakaschwili gegründet, dem Anführer der sogenannten Rosenrevolution im Jahr 2003. Da gegen ihn ein Haftbefehl wegen Machtmissbrauchs vorliegt, ging er ins Exil und übernahm im ukrainischen Odessa den Posten des Gouverneurs.

Am Mittwoch wurde ein Mordanschlag gegen den UNM-Kandidaten Giwi Targamadse im Zentrum von Tiflis verübt. Targamadse überlebte den Bombenanschlag auf sein Auto unverletzt, doch wurden vier Passanten teils schwer verletzt. Einige Tage zuvor waren bei der Kundgebung eines unabhängigen Kandidaten in der zentralgeorgischen Stadt Gori Schüsse abgegeben worden. Zwei Männer wurden verletzt.

Die UNM wirft der Regierung eine Hexenjagd vor, nachdem die Justiz Ermittlungen gegen führende Verbündete Saakaschwilis einleitete. Saakaschwili kündigte an, nach der Parlamentswahl zurückzukehren. Die Behörden drohten ihm für diesen Fall mit der Vollstreckung des Haftbefehls.

Die Wahlbüros schließen um 18.00 Uhr, unmittelbar darauf wollten Fernsehsender ihre Nachwahlbefragungen veröffentlichen. Erste offizielle Ergebnisse wurden für die Nacht zum Sonntag erwartet. Wegen des komplizierten Wahlsystems in Georgien dürfte das amtliche Endergebnis aber erst Ende November verkündet werden. (AFP)



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