Pariser Lehrerin: „Schule produziert Massen von gewalttätigen, ungebildeten Jugendlichen“
„Das derzeitige Schulsystem ist zum Verzweifeln“, sagt Eve Vaguerlant. Die Französischlehrerin ist diplomierte und promovierte Literaturwissenschaftlerin und lehrt seit etwa zehn Jahren an verschiedenen Collèges und Gymnasien in der Region Paris.
Für Vaguerlant ist die Schule Schauplatz einer besonders alarmierenden Banalisierung von Gewalt geworden, wie sie der französischen Epoch Times in einem Interview mitteilt. Viele Schüler würden nur noch durch Schläge und Beleidigungen kommunizieren. Diese Gewalt werde von den Schülern nicht mehr als solche wahrgenommen und von den Lehrern selten geahndet. Dadurch entwickelt sich laut der Lehrerin ein Gefühl der Straflosigkeit.
„Wir lehren sie, ungestraft zu bleiben, wir lehren sie diese Kultur der Opferrolle, in der sie nie etwas falsch machen. Sie wissen nicht, wie man sich entschuldigt, es gibt nie eine Strafe, die ihnen klarmacht, dass sie etwas falsch gemacht haben“, erklärt Eve Vaguerlant. „Wir produzieren Massen von Jugendlichen, die nur Gewalt als Ausdrucksform kennen, das ist für unsere gesamte Gesellschaft äußerst beunruhigend“, fährt die Lehrerin fort.
„Gesehene und verschwiegene Dinge im Bildungswesen“
Vor einigen Wochen veröffentlichte die Französischlehrerin ein Essay mit dem Titel „Ein Lehrer sollte so etwas nicht sagen – Gesehene und verschwiegene Dinge im Bildungswesen“ (Französisch: „Un prof ne devrait pas dire ça – Choses vues et choses tues dans l’éducation nationale“).
Darin beschreibt sie zahlreiche eigene Erfahrungen mit verschiedenen Problemen, die das französische Schulsystem untergraben: Zusammenbruch des Bildungsniveaus, die Ablehnung von Kultur und Wissensvermittlung, Banalisierung von Gewalt, Fehlen von Disziplin und Sanktionen, ideologischer Einfluss, Angriffe auf den religiösen Glauben, Druck vonseiten der Eltern, Verleugnung durch Lehrer und Schulleiter.
„Ich habe in einigen schwierigen Schulen unterrichtet, aber auch manchmal in sehr ruhigen Schulen aus der Mittelschicht, die ihre Kinder massiv allein lassen“, führt Eve Vaguerlant in dem Interview weiter aus.
Interessant sei, dass die Probleme an den Schulen „genau gleich gelagert sind“. Denn auch in den sogenannten „ruhigen“ Einrichtungen seien die Kinder vor den Missständen nicht geschützt. Das sei den Leuten aber nicht bewusst, führt die Lehrerin weiter aus. „Sie haben den Eindruck, dass ihr Kind eine zufriedenstellende Ausbildung erhält, sobald sie es geschafft haben, ihr Kind vor dem ‚Ghetto-College‘ zu bewahren“, so Vaguerlant.
Vaguerlant beschreibt, dass man vereinzelt noch sogenannte Zufluchtsorte für die Kinder finden könne, diese seien aber rar und man müsse zu einer gewissen Elite gehören. „Und sie werden immer teurer, weil es immer weniger davon gibt“, ergänzt sie. Eine „zutiefst ungerechte“ Situation, mit der sich die Lehrerin nicht zufriedengibt: Sie verteidige zwar Leistungsorientierung und die Anforderungen, ihrer Meinung nach hat aber jeder das „Recht auf eine zufriedenstellende Ausbildung“.
„Wir brauchen ein sehr breit gebildetes Volk. Wir können nicht mit einer winzigen, gebildeten und kultivierten Elite auskommen, die das Land am Laufen hält, während der Rest abdriftet.“ Frankreich habe es in der Vergangenheit doch auch geschafft, dies für die Nation zu gewährleisten.
Bildungsmangel und die Unfähigkeit, sich richtig auszudrücken
Die um sich greifende Gewalt ist laut Vaguerlant auch ein Produkt des Bildungsmangels der Schüler und ihrer Unfähigkeit, sich richtig auszudrücken. „Die fehlende Sprachbeherrschung führt zu Aggressivität, die Schüler arbeiten mit sehr wenigen Vokabeln“, hat die Hochschullehrerin festgestellt.
Dabei würden die ständig „sprachliche Krücken“ verwenden wie die arabischen Worte „wallah“ („Ich schwöre bei Gott“) oder „wesh“, was soviel wie „hey“ bedeutet. Dazu kämen wenig charmante Ausdrücke wie „Sohn einer Schl***e“ und so weiter. „Das führt zu einem Klima ständiger verbaler Aggression, aber auch zu Missverständnissen untereinander“, so Vaguerlant.
Als Beispiel für das fehlende Vokabular erzählt sie, was sie in einer vierten Klasse beim Durchnehmen eines klassischen Dramas erlebt habe. Viele Schüler hätten gängige Wörter des französischen Wortschatzes nicht gekannt oder sogar geleugnet. „Wenn sie gebildeter wären, wenn man ihre Sensibilität und ihre Intelligenz entwickeln würde, hätten wir meiner Meinung nach deutlich weniger Mobbing und Missverständnisse. Das ist die Kultur, die man ihnen vermitteln muss“, ist sich Eve Vaguerlant sicher.
Dabei bleibt die vorherrschende Mittelmäßigkeit nicht ohne Folgen für bildungswillige Kinder. Was der Lehrerin das Herz breche, sei, dass Schüler, die wirklich zum Unterricht gekommen seien, um zu arbeiten, immer mehr an den Pranger gestellt würden. „Ich sehe in meinen Klassen, wie die ernsten und braven Schüler in den Hintergrund treten. Am Ende trauen sie sich nicht mehr zu existieren, schämen sich, Dinge zu wissen, und stellen sich manchmal dümmer an, als sie sind“, bedauert die Lehrerin.
Lehrplanfokus: „Geschlechtergleichstellung und Kampf gegen LGBTQ-Diskriminierung“
Der bis Juli dieses Jahres amtierende französische Bildungsminister Pap Ndiaye hat die Sexualerziehung zu den Prioritäten seiner Amtszeit gemacht. Eve Vaguerlant ist der Meinung, dass er den falschen Weg eingeschlagen hat: „Wenn man die Gewalt sieht, die sich in den Schulen ausbreitet, den schwindelerregenden Rückgang des Schulniveaus, dann scheint mir das in völligem Widerspruch zur Realität und den Bedürfnissen vor Ort zu stehen.“
Im Juni hatte Pap Ndiaye unter anderem erklärt, dass er „den Obersten Rat für Lehrpläne angerufen hat, damit dieser für jede Bildungsstufe einen Lehrplanvorschlag ausarbeitet, in dem die zu behandelnden Themen und Begriffe festgelegt werden“. Diese Initiative sollte dazu dienen, „die Kontinuität und Progressivität des Unterrichts zu organisieren“, aber auch „Familien zu beruhigen, die möglicherweise beunruhigt oder feindselig sind“.
Die Lehrpläne, die bis November 2023 vorliegen sollen, sollten laut dem ehemaligen Bildungsminister den Fokus auf Folgendes legen: „Geschlechtergleichstellung, Kampf gegen alle Formen der Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität, der tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung“. Im Hinblick auf den Unterricht, der den Schülern bisher erteilt wurde, warnt Eve Vaguerlant:
Wenn von Sexualerziehung die Rede ist, muss man sehr misstrauisch sein. Hier geht es darum, linksextreme Aktivisten einzusetzen, die die Gendertheorie in den Klassen systematisch propagieren sollen.“
Sie selbst habe jahrelang die Beeinflussung einer feministischen Bildungsbewegung namens Familienplanung (le planning familial) miterlebt. Familienplanung ist eine Vereinigung, die in die Klassen kommt, um Sexualerziehung zu betreiben. „Man weiß sehr wohl, dass die ‚Familienplanung‘ ideologisch nicht neutral ist, da sie uns erklärt hat, dass ein Mann schwanger werden kann“, führt sie aus.
Zudem habe die Rednerin der Organisation nie das Wort Frau benutzt. Stattdessen verwendete sie den Ausdruck „Person mit einer Gebärmutter“. Dies habe sie vor einem Publikum aus 12-jährigen Kindern getan. „Das sind die Dinge, mit denen wir konfrontiert werden, das ist real“, zeigt Vaguerlant auf.
Fehlende Sanktionen und pädagogische Konzepte
Nach Ansicht von Eve Vaguerlant ist die Tatsache, dass keine Lösungen für die „klar identifizierten Probleme des Schulsystems gefunden werden, auf eine absichtliche Blindheit der Politiker, der schulischen Institution und der Zivilgesellschaft zurückzuführen“.
Aus Ideologie und Feigheit will das Bildungswesen […] die Probleme mit denselben progressiven und pädagogistischen Rezepten lösen, die die Schule in den Untergang getrieben hat.“
Die Lehrerin betont, dass viele Lehrer zum Zusammenbruch der Schule beitragen, indem sie sich weigern, die Methoden anzuwenden, mit denen die Probleme, die sie beklagen, gelöst werden könnten. „Alle Lehrerdemonstrationen laufen immer darauf hinaus, mehr Mittel zu fordern, gemäß dieser linken materialistischen Logik, die besagt, dass man alles mit Mitteln und Geld lösen kann“, stellt Eve Vaguerlant fest.
Sie beklagt, dass Lehrer selten „Sanktionen und Disziplin“ fordern würden. Dies seien Begriffe, die von einer „Mehrheit der Lehrerschaft als faschistisch angesehen werden“, so Vaguerlant. „Die Reaktion muss von der Zivilgesellschaft und den Eltern kommen, […] denn bald wird es zu spät sein, sowohl für die Gesellschaft als Ganzes als auch für jeden Einzelnen“, warnt die Französischlehrerin.
Am Ende betont Eve Vaguerlant, dass ihr Beruf an sich wunderbar sei. Das Unterrichten, das Weitergeben an die nächste Generation sei die Grundlage für das Funktionieren der Menschheit. „Ich glaube an den Beruf im Allgemeinen, aber diesen schönen Beruf des Lehrers kann man derzeit im nationalen Bildungswesen praktisch nicht mehr ausüben.“
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