Paris im Ausnahmezustand: Polizei kämpft gegen wachsende Bandenkriminalität

Bandenkriminalität und Jugendgewalt auf dem Vormarsch: Frankreich hat ein Problem mit der inneren Sicherheit. Die Menschen nehmen den Staat nicht mehr ernst, sagt die Polizeigewerkschaft. Die Kriminalität unter Jugendlichen explodiert, „weil die Gesellschaft selbst zerfällt“.
Titelbild
Polizeibeamte vor dem Rodin-Gymnasium im 13. Arrondissement von Paris. Dort wurde ein Jugendlicher bei einer Schlägerei zwischen rivalisierenden Banden am 17. Dezember 2024 getötet.Foto: Stephane de Sakutin/AFP via Getty Images
Von 27. Dezember 2024

Angriffe auf Polizisten, Prügeleien, Drogen, Bandenkriminalität: Im Großraum Paris stiegen die Auseinandersetzungen zwischen Banden im Jahr 2024 um 6 Prozent. 

Der „Hass auf die Polizei“ wachse, sagt Rudy Manna, Sprecher der französischen Polizeigewerkschaft Alliance Police Nationale, der französischen Epoch Times. „Vor etwa 15 Jahren griff niemand Polizisten an, wenn sie wussten, dass sie Polizisten waren. Sie fürchteten die Konsequenzen einer solchen Tat.“

Seit etwa fünf Jahren jedoch begegne die Polizei „völlig enthemmten Personen, die absolut keine Angst vor einer gerichtlichen Bestrafung haben“. 

Diese Menschen nähmen den Staat nicht mehr ernst. Sie hielten ihn für „absolut schwach“ und glauben, über dem Gesetz zu stehen, weil Angriffe auf Polizisten für sie folgenlos bleiben. Manna berichtet, dass Angreifer zudem oft keine Gefängnisstrafe erhalten.

„Die Sicherheitspolitik versagt, sobald sie nicht entschlossen genug ist und den Staat nicht stärkt.“

Banden und Jugendkriminalität

Ein Problem sei die stark steigende Jugendkriminalität. Jugendliche würden mit 12 oder 13 Jahren von Drogenhändlern akquiriert. Zudem würden sie von der Schule genommen, obwohl in Frankreich Schulpflicht bis 16 besteht. Der Gewerkschafter sagt:

Diese Kriminalität explodiert jedoch, weil die Gesellschaft selbst zerfällt.“

Schlägereien und Messerangriffe führten bereits auf Schulhöfen zu Todesfällen – wie am 17. Dezember vor dem Lycée Rodin im 13. Arrondissement von Paris. Dort starb ein 16-jähriger Jugendlicher bei einer Messerstecherei.

Die Alliance Police Nationale fordert daher, die Strafmündigkeit auf 16 Jahre zu senken. „Minderjährige sollten nicht in denselben Gefängnissen wie Erwachsene untergebracht werden, aber dann sollten wir geschlossene Erziehungszentren für diese jungen Menschen bauen“, sagt Manna.

Auch die Eltern sollten zur Verantwortung gezogen werden: „Warum bestrafen wir nicht die Eltern, wenn ihre Kinder auf der Straße Probleme verursachen?“

„Südamerikanisierung“ der Jugendlichen

Vor allem im Großraum Paris sind Bandenphänomene alltäglich. Marseille oder Lyon seien weniger betroffen.

„Mit diesen Banden erleben wir eine Südamerikanisierung“, sagt der Polizeigewerkschafter. Jugendliche fänden in ihrer Gang eine soziale Existenz. „Wenn sie einer Gang beitreten, beginnen sie am unteren Ende der Leiter und steigen dann auf.“

So entsteht das Gefühl, einer Parallelgesellschaft anzugehören. Der Staat sei angesichts dieser Entwicklung „überhaupt nicht mehr auf der Höhe der Zeit“.

15.000 verletzte Polizisten im Jahr

Täglich werden in Frankreich 40 Polizeibeamte verletzt, über 15.000 pro Jahr, davon 6.000 absichtlich. Sie erleiden Verletzungen im Dienst und privat. Angreifer würden nicht zögern, sie zu attackieren, sagt Rudy Manna. 

In der Nacht vom 12. zum 13. Dezember wurden beispielsweise in Nizza zwei Polizisten, die nicht im Dienst waren, von mehreren Personen zusammengeschlagen. Sie waren anschließend einige Tage arbeitsunfähig. Fünf Angreifer wurden kurz nach dem Vorfall festgenommen, aber bald freigelassen und erst am 17. Dezember zur Anhörung geladen. Dass sie nicht direkt nach der Festnahme in Untersuchungshaft genommen wurden, bedauert der Polizeigewerkschafter.

Die Gewerkschaft verlangt Haftstrafen für Angreifer von Polizisten. Gleiches sollte auch bei Angriffen auf alle „die Menschen gelten, die es dem Staat ermöglichen, zu existieren“ – wie Lehrern, Ärzten oder Krankenschwestern.

Innenminister Retailleau: „Wir müssen den Mut zur Härte haben“

Äußerungen von Innenminister Bruno Retailleau lassen den Polizeigewerkschaftler hoffen. Der als Hardliner bekannte Minister ist seit dem 23. Dezember wieder in der Regierung von Premier François Bayrou.

Retailleau setzte im September 2024 drei Prioritäten: „Die Wiederherstellung der Ordnung, die Wiederherstellung der Ordnung und die Wiederherstellung der Ordnung“. Sein oberstes Ziel sei es, die „Franzosen zu schützen“ – mit dem notwendigen „Mut zur Härte“.

Für die Zeit von Weihnachten bis zum 2. Januar 2025 rief Retailleau Präfekturen und Sicherheitsbehörden zu „extremer Wachsamkeit“ auf, insbesondere bei „Gottesdiensten, Versammlungen und Prozessionen“ im Zusammenhang mit religiösen Feiertagen.

Zu Silvester sollen Maßnahmen ergriffen werden, um jede Form von städtischer Gewalt zu verhindern, beginnend mit „der missbräuchlichen Verwendung von pyrotechnischen Mitteln und Feuerwerksmörsern“.  

Bruno Retailleau (l) empfängt den französischen Premier Francois Bayrou zu einem Treffen im Interministeriellen Krisenzentrum (Centre Interministeriel de Crise) im Innenministerium in Paris am 23. Dezember 2024. Bei dem Treffen ging es um den Wirbelsturm von Mayotte im Indischen Ozean. Foto: Julien de Rosa/POOL/AFP via Getty Images



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