OSZE-Ministertreffen: Harter Schlagabtausch zwischen russischem Außenminister und westlichen Politikern
Russlands Außenminister Sergej Lawrow traf am Donnerstag, 5. Dezember, zu einem Ministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Malta ein. Am Donnerstag und Freitag leitet er die russische Delegation und wird in Malta bilaterale Treffen abhalten. Es ist Lawrows erster Besuch in der EU seit Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2022.
„Wir beabsichtigen niemanden anzugreifen. Die USA haben uns durch einen Stellvertreter in Form des ukrainischen Regimes angegriffen. Sie führen einen Krieg gegen uns durch einen Stellvertreter in Form ukrainischer Neonazi-Kräfte, indem sie diese bewaffnen, ihnen dabei helfen, unser Territorium mit Langstreckenwaffen zu beschießen und sich direkt an der Vorbereitung solcher Angriffe zu beteiligen“, sagte er auf einer Pressekonferenz in Malta. „Das ist nicht unsere Entscheidung“, betonte er.
Die Wahl von Donald Trump hat Hoffnungen auf einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg genährt. Obwohl Trump sein Amt erst Ende Januar antreten wird, hat die russische Führung in jüngster Zeit vermehrt über die Bedingungen eines möglichen Waffenstillstandes gesprochen. Der russische Außenminister ist eines der sichtbarsten Instrumente dafür und war in jüngster Zeit besonders aktiv.
Lawrow in Malta
Auf der Sitzung des OSZE-Ministerrats warf Lawrow laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS der OSZE vor, dass sie angebliche Menschenrechtsverletzungen der ukrainischen Regierung ignoriert habe.
„Die westlichen Länder, der Vorsitz, der Generalsekretär und alle Institutionen der OSZE, die regelmäßig ihre Sorge um die Menschenrechte zum Ausdruck bringen, haben die Taten des Nazi-Regimes in Kiew totgeschwiegen“, betonte er.
Seit 2017 habe Lawrow zufolge „dieses Regime“ eine Reihe von Gesetzen erlassen, die darauf abzielen, „die russische Sprache in allen Bereichen – Bildung, Medien, Kultur und Kunst – zu eliminieren. Kürzlich wurde auch die ukrainisch-orthodoxe Kirche verboten“, so der Diplomat. Lawrow wies darauf hin, dass der erste Artikel der UN-Charta die Achtung der sprachlichen und religiösen Rechte aller Menschen fordere.
Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur „RIA Nowosti“ berichtete, sagte Lawrow zudem bei der Konferenz in Malta, dass der Westen hinter einer „Neuauflage des Kalten Kriegs“ stecke, „nur dass die Gefahr eines Übergangs zu einem heißen Krieg diesmal viel größer ist“.
Den USA warf Lawrow zudem vor, mit Militärübungen im Pazifik zur Destabilisierung Europas und Asiens beizutragen. Lawrow sagte: „Die Biden- Regierung baut die Infrastruktur der NATO im asiatisch-pazifischen Raum weiter aus. Militärische Übungen werden immer häufiger […]. Es handelt sich eindeutig um einen Versuch, den gesamten eurasischen Kontinent zu destabilisieren.“
Über die Überlegungen europäischer Politiker, Truppen in der Ukraine nach einem Waffenstillstand als friedenserhaltene Kräfte einzusetzen, hat sich der Minister auch geäußert. Diese Ideen stehen ihm zufolge im Widerspruch zu den deutlichen Warnungen Russlands und verschärfen die Situation nur, erklärte er auf seiner Pressekonferenz in Malta.
„Ich glaube, dass all diese Fantastereien die Situation nur verschlimmern und zeigen, dass Personen mit solchen Ideen sich hartnäckig weigern, die sehr deutlichen Warnungen zu beachten, die Präsident Putin wiederholt öffentlich ausgesprochen hat“, so Lawrow.
Harte Worte im OSZE-Ministerrat gegen Lawrow
Nach Lawrows Rede entgegnete ihm US-Außenminister Antony Blinken mit scharfen Worten. Blinken warf Lawrow vor, nach seiner Rede den Raum verlassen und somit seinen Amtskollegen nicht zugehört zu haben. Er sagte auch: „Und natürlich ist unser russischer Kollege sehr gut darin, die Zuhörer in einem Tsunami aus Desinformation zu ertränken.“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat in Malta vor einem „hybriden Kriegsspiel“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewarnt, der auch versuche, die OSZE zu lähmen. „So wie Russland Bomben und Drohnen benutzt, um den Frieden und die Sicherheit in Europa ins Visier zu nehmen, so legt Putin die Axt auch an die OSZE an“, erklärte Baerbock bei dem Treffen, an dem auch Lawrow teilnahm.
„Weder lassen wir zu, dass Putin unsere gemeinsame Friedensordnung in Staub und Asche bombt, noch überlassen wir Russland unkommentiert hier die Bühne für sein zynisches Spiel“, fügte sie hinzu.
Putin betreibe ein „hybrides Kriegsspiel“, er greife nicht nur die Ukraine, sondern „auch unsere demokratischen Gesellschaften in ganz Europa“ mit „hybriden Angriffen“, mit „Fake News“ und „Hass und Hetze“ an und „dem müssen wir uns gegenüberstellen“, betonte Baerbock.
Lawrow ist wegen des Angriffs auf die Ukraine seit Februar 2022 mit EU-Sanktionen belegt. Zuletzt war der russische Außenminister im Dezember 2021 in die EU gereist. Damals besuchte er laut russischen Medien Stockholm, ebenfalls für ein OSZE-Treffen.
Die OSZE entsendet Beobachter zu Konflikten und Wahlen auf der Welt und unterhält Programme zur Bekämpfung des Menschenhandels und zur Gewährleistung der Medienfreiheit. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hat sie jedoch Schwierigkeiten, ihrer Arbeit nachzukommen. Russland hat sein Veto gegen mehrere wichtige Entscheidungen eingelegt, die einen Konsens erfordern.
Interview mit Tucker Carlson
Am 4. Dezember kündigte Tucker Carlson auf X an, dass er zurück in Moskau gelandet sei, um Lawrow zu interviewen.
Carlson hatte Putin im Februar interviewt. Der Journalist befragte den Präsidenten zu den Ursachen des Konflikts in der Ukraine und zu den Beziehungen zwischen der Russland und der NATO.
Jetzt, im Vorfeld der zweiten Amtszeit Trumps, steht ein Gespräch mit Lawrow hoch im Kurs. Die Ankündigung des Interviews wurde von über 16 Millionen Menschen auf X angesehen.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte, dass das Interview mit Lawrow etwa anderthalb Stunden dauerte. Carlson befragte den Minister unter anderem zu den aktuellen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der Ukraine.
Es wird erwartet, dass das Interview in Kürze veröffentlicht wird.
Russland: Auf jede Wendung der Ereignisse vorbereitet
Lawrow gab der russischen Zeitung „Rossijskaja Gazeta“ Ende November ein Interview. Darin erklärte er, dass die aktuelle Eskalation die grundlegenden Ziele Russlands für die „militärische Spezial-Operation“ nicht beeinträchtige.
Dabei gehe es darum, die „tieferen Ursachen des Konflikts“ abzustellen, nämlich „die langfristige Bedrohung für Russlands Sicherheit durch den Westen“.
Dazu gehören die NATO-Erweiterung im Osten und die systematische Verletzung der Rechte von Russen und Menschen, die mit der russischen Kultur und dem orthodoxen Glauben verbunden sind, durch das Kiewer Regime.
Der Minister sagte, die russische Führung sei auf jede Wendung der Ereignisse vorbereitet, ziehe es aber immer vor, „Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln zu lösen“.
Deshalb, so der Kreml, seien die „Entmilitarisierung und die Denazifizierung“ der Ukraine ein notwendiges Element für eine politische Lösung des Konflikts. Russlands Priorität sei es, den „bündnisfreien, neutralen und atomwaffenfreien Status“ der Gebiete unter der Kontrolle des Kiewer Regimes sicherzustellen.
Zum Verhandeln bereit?
Ähnliche Botschaften wiederholte Lawrow auch in einem Gespräch mit dem ungarischen Außenminister Anfang Dezember in Moskau. Dabei fügte Lawrow hinzu, dass sie sich einig seien, dass diejenigen, die für den Frieden eintreten, auf dem richtigen Weg seien. Diejenigen, die strategische Siege auf dem Schlachtfeld anstreben, hingegen seien es ganz sicher nicht.
Viktor Orbáns „Friedensmission“ sei nach Ansicht des Kremls eine gute Initiative, aber auch die Pläne Chinas und Brasiliens sowie die Friedensforderungen Südafrikas und der arabischen Länder. Der Kreml sei bereit, diese Vorschläge zu prüfen.
Lawrow merkte auch an, dass es aus russischer Sicht mehrere Punkte zur Besorgnis gebe. Zum einen, dass der Westen „in allen Punkten“ nur auf Selenskyj höre. Zum anderen sei er besorgt, dass ein Waffenstillstand dazu genutzt werden könne, die Ukraine weiter aufzurüsten.
Der Minister erklärte, dass Russland bereit sei, über einen Waffenstillstand zu verhandeln, „aber dafür muss das Dekret des ukrainischen Präsidenten, das dies verbietet, aufgehoben werden“. Im Oktober 2022 erließ der ukrainische Präsident ein Dekret, das Verhandlungen mit Putin faktisch ausschließt. Die Aufhebung dieses Verbots ist, so Lawrow, für die Verhandlungen unerlässlich.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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