Orban wehrt sich: Ungarn fordert in europaweiten Zeitungsinseraten Reform der EU
In Anbetracht einer europaweiten Kampagne gegen Ungarn, die unter anderem auch die Fußball-EM 2021 überschattet hatte, hat Premierminister Viktor Orban eine Gegenoffensive gestartet. In mehreren Leitmedien unterschiedlicher EU-Länder schaltete Orban ganzseitige Inserate, in denen er seine Vorstellungen über eine Reform der EU darstellt – und damit auf mögliche tiefere Beweggründe hinter westeuropäischen Angriffen auf seine Regierung hinweist.
Ungarisches Nein zu „Superstaat“ und Imperium
Die in den jeweiligen Landessprachen gehaltenen Einschaltungen erschienen unter anderem in der „Bild“-Zeitung und in der österreichischen Publikation „Die Presse“. In Dänemark wurde die Anzeige im „Jyllandsposten“ veröffentlicht, in Schweden in der Wirtschaftszeitung „Dagens Industri“. Belgische Zeitungen sollen die Veröffentlichung des Inserats abgelehnt haben.
Im Text der Anzeige mit der Überschrift „Über die Zukunft der Europäischen Union – Ungarns Vorschläge“ wird die EU-Kommission in Brüssel beschuldigt, einen „Superstaat“ zu errichten, zu dem „niemand die Ermächtigung gegeben hat“. Ungarn, so heißt es weiter, sage Nein zu einem „europäischen Imperium“.
Gewählte Politiker sollen Entscheidungen treffen – statt nicht gewählter NGOs
Orban mahnte zudem, die europäische Integration sei kein Selbstzweck, weshalb es geboten sei, das Ziel der „immer engeren Einheit zwischen den Völkern Europas“ aus den Grundlagenverträgen zu streichen. Der Rechtsstaat, so Orban, dürfe nicht „ausgelagert“ werden, und es sollten nicht Nichtregierungsorganisationen anstelle der gewählten Politiker der Mitgliedstaaten die Entscheidungen treffen.
Der ungarische Regierungschef machte deutlich, dass es gemeinsame wirtschaftliche Erfolge seien, die der europäischen Integration Kraft gäben, und wenn es nicht gelänge, gemeinsam erfolgreicher zu sein als jeder für sich selbst, dann sei dies „das Ende der Europäischen Union“.
EU-Parlament vertritt nur eigene ideologische und institutionelle Interessen
Orban betonte zudem, dass es, um die europäische Demokratie wiederherzustellen, der Vergrößerung der Rolle der nationalen Parlamente bedürfe. Das EU-Parlament habe sich als „Sackgasse“ erwiesen und vertrete „ausschließlich die eigenen ideologischen und institutionellen Interessen“.
Angesichts drohender Herausforderungen durch Erscheinungen wie Pandemien oder massenhafter Migration müsse Europa seine Bürger schützen. Der ungarische Regierungschef forderte zudem auch explizit die Aufnahme Serbiens als Mitgliedstaat in die Europäische Union.
Ungarisches Kinderschutzgesetz im Wortlaut übersetzt
Neben den Bemühungen der ungarischen Regierung selbst bemühen sich auch private Initiatoren darum, Stimmungsmache und Falschnachrichten gegen das Land in Europa entgegenzutreten. So hat das Portal „Tichys Einblick“ eine wortgetreue Übersetzung des ungarischen Kinderschutzgesetzes in deutscher und englischer Sprache online gestellt.
Daraus geht hervor, dass die ungarische Regierung das Erziehungsrecht von Eltern und die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern vor Beeinträchtigungen durch schädliche Einflüsse schützen will – unter anderem vor solchen, die von sexuell übergriffigen, pornografischen oder Kinder und Jugendliche potenziell in ihrer Geschlechtsidentität verunsichernden Darstellungen ausgeht.
Unter anderem sieht Ungarn deshalb auch eine Registrierungspflicht und Transparenzvorschriften für außerschulische Anbieter vor, die im Schulunterricht über „die Sexualkultur, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die sexuelle Entwicklung, die schädlichen Auswirkungen des Drogenkonsums, die Gefahren des Internets und jede Form der körperlichen oder geistigen Gesundheitsentwicklung“ referieren wollen.
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