Orbán und die NATO: Schweden soll mit seiner Politik der „Verunglimpfung“ aufhören
Schweden hat beschlossen, in die NATO eintreten zu wollen. Ungarn habe aber das Recht, „zuerst Respekt von Schweden einzufordern“, bevor es sich „auf eine positive Entscheidung“ bezüglich seiner NATO-Mitgliedschaft vorbereite, erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán am Montag im Parlament in Budapest.
Budapests Kritik an Schweden hatte sich in den vergangenen Wochen verschärft, nachdem ein in Schulen gezeigtes Video aus dem Jahr 2019 aufgetaucht war, in dem von einem „demokratischen Niedergang“ Ungarns die Rede ist.
Während Schwedens Nachbarland Finnland mittlerweile in das Verteidigungsbündnis aufgenommen wurde, scheiterte der Beitritt Schwedens. Grund dafür war bislang das Veto Ungarns und der Türkei. Letztere verhandelt aktuell mit den USA, die ungarische Position wird hingegen derzeit immer härter.
Der seit Juli letzten Jahres verzögerte Beschluss zum Beitritt Schwedens zur NATO könnte nach den jüngsten schwedischen „Provokationen“ sogar ganz von der Tagesordnung genommen werden. Dies erklärte vor Kurzem László Kövér, Präsident des Parlaments in Ungarn.
Orbán: Hier geht es nicht um Meinungsfreiheit
Nach Ansicht des Ministerpräsidenten sollte es keine Missverständnisse geben: Das Problem ist nicht der schwedische Film an sich. Ihm zufolge ist „Kunst nur so, dass man das Thema und die Meinung, die man dazu äußern möchte, frei wählen kann.“ Der ungarischen Regierung sei es gleichgültig, welche Art von Filmen in Schweden gedreht werden. Aber sie sei auch besorgt darüber, was schwedischen Kindern in den Schulen über Ungarn beigebracht wird.
Das „ist nicht mehr eine Frage der künstlerischen Freiheit“. Dabei geht es um die staatliche Politik. „Wenn in einer staatlichen Schule das gelehrt wird, was wir in diesem Film über Ungarn sehen, dann ist das etwas, das die Frage auf die Ebene der internationalen Politik hebt, und das werden wir nicht akzeptieren“, sagte Orbán.
Die Sicherheit Schwedens sei in „keiner Weise“ gefährdet, fügte Orbán hinzu. Weiter forderte der Regierungschef Stockholm auf, seine Politik der „Verunglimpfung“ einzustellen; genauso die regelmäßigen Äußerungen zu Ungarns angeblichen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit.
Österreichischer Außenpolitikexperte: Orbán mag auf besondere Vorteile hoffen
Der österreichische Außenpolitikexperte Alexander Krenn hat sich in der österreichischen „Neuen Kronen Zeitung“ zu den Fragen rund um den Beitritt Schwedens zur NATO geäußert.
Der Fachmann ist der Ansicht, dass der ungarische Ministerpräsident ähnlich handele wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Im Gegenzug für den schwedischen Beitritt könnte auch Orbán politische Zugeständnisse verlangen.
Die Türkei will neue F-16-Kampfflugzeuge und moderne Ausrüstung von den USA kaufen. Die US-Regierung unterstützt die Aufrüstung bestehender F-16-Kampfjets und die Bereitstellung neuer Jets für die Türkei.
Warum aber Orbán den schwedischen Beitritt verzögert, bliebe „eine offene Frage“, so der Experte weiter.
Der Analyst glaubt, dass die ungarische Führung sogar „nicht mehr sicher“ ist, dass das Parlament die Ratifizierungsinstrumente überhaupt in ein Gesetz umwandeln wird. Daher sollten die Verbündeten Orbán weiterhin „überzeugen“. Das Jawort Erdoğans sei nämlich auch das Ergebnis einer Reihe von Zugeständnissen.
Nach Meinung von Krenn wäre es auch sehr hilfreich, „wenn die schwedische Regierung aufhören würde, die ungarische Regierung zu beschuldigen, die Rechtsstaatlichkeit zu verletzen“.
Staatspräsidentin von Ungarn: „Mein Standpunkt ist klar“
Die ungarische Staatspräsidentin Katalin Novák schrieb jüngst: „Meine Position ist klar: In der gegenwärtigen Situation ist der Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO gerechtfertigt. Ich vertraue darauf, dass das Parlament so bald wie möglich eine weise Entscheidung treffen wird.“ In ihrem Posting erklärte Novák außerdem, dass die Entscheidung komplex sei und ernsthafte Konsequenzen habe.
Vorerst muss die Präsidentin des Landes allerdings ebenfalls weiter auf das Parlament warten. Der schwedische Beitritt zur NATO steht derzeit nicht auf der Tagesordnung für die Sitzungen des Parlaments im Oktober 2023.
Das ungarische Oppositionsportal „24.hu“ schreibt, dass die Angelegenheit vor allem deshalb interessant sei, weil die Staatspräsidentin und der Parlamentspräsident aus Sicht der europäischen Sicherheit ganz entgegengesetzte Auffassungen vertreten.
„Während die Staatschefin, die diplomatisch sehr aktiv ist, glaubt, dass der Beitritt Schwedens die NATO stärken würde, ist der Parlamentspräsident davon überzeugt, dass er die Sicherheit Europas schwächen würde. Denn er würde die Schnittstelle zwischen Russland und der NATO sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne vergrößern.“
„24.hu“ berichtete auch, dass ein hochrangiger Beamter des US-Verteidigungsministeriums zuvor gesagt habe, sowohl die türkische als auch die ungarische Regierung hätten angeblich angedeutet, dass sie den Beitritt Schwedens zur NATO im nächsten Monat gesetzlich verankern würden. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen dafür von ungarischer Seite.
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