Orbán spricht sich für ein Auslieferungsabkommen mit China aus
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat den Abschluss eines Auslieferungsabkommens zwischen Ungarn und der Volksrepublik China genehmigt, wie das ungarische Amtsblatt „Magyar Közlöny“ am Montag, 25. November, mitteilte.
In der ungarischen Presse wird die Bedeutung des Abkommens vor dem Hintergrund betont, dass derzeit mehr als 18.000 Chinesen in Ungarn leben. Das Abkommen birgt zudem auch Risiken in Bezug auf die Menschenrechte für die im Land lebenden Chinesen. Orbáns Entscheidung wurde deswegen in der Presse bereits kritisiert, politische Persönlichkeiten haben sich bisher nicht dazu geäußert.
Das ungarische Abkommen ist jedoch keineswegs ein Novum. Stand 2024 hat China weltweit mit mehr als 59 Staaten bilaterale Auslieferungsabkommen unterzeichnet, von denen 45 ratifiziert wurden. Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Litauen, Rumänien und Bulgarien haben auch Auslieferungsabkommen mit Peking. In jüngster Zeit haben europäische Gerichte jedoch begonnen, Chinas Auslieferungsanträge auf der Grundlage des internationalen Grundsatzes der Nichtzurückweisung abzulehnen.
Lange geplant? – 18 Abkommen mit Peking
Das Abkommen zwischen Peking und Budapest wurde formell vom Justizminister im Einvernehmen mit dem Außenminister erst diese Woche in Ungarn vorgeschlagen. Nach Orbáns Unterschrift können die vorbereitenden Verhandlungen und die Ausarbeitung des Abkommens beginnen.
Laut Presseberichten wurde das gegenseitige Auslieferungsabkommen mit Orbán möglicherweise jedoch bereits während des Besuchs vom chinesischen Staatschef Xi Jinping in Budapest im Mai dieses Jahres vereinbart.
Achtzehn Abkommen wurden zwischen den beiden Ländern damals unterzeichnet. Ihr genauer Inhalt wurde jedoch nicht bekannt gegeben. „Radio Free Europe“ veröffentlichte allerdings unter Berufung auf chinesische Quellen einen ausführlichen Bericht. Dazu gehören angeblich vorrangig Infrastrukturprojekte und Investitionsförderung, Finanzabkommen, Zusammenarbeit im Nuklearbereich, Exporte von Kirschen und Viehfutter sowie die Förderung von Propaganda.
In seiner Rede zum Abschluss seines Besuchs in der ungarischen Hauptstadt sagte Xi, dass er mit Ungarn ein umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen unterzeichnet habe, das zuvor bereits mit Ländern wie Usbekistan, Pakistan und Weißrussland unterzeichnet worden war. Er erklärte außerdem, dass Peking Budapest dabei unterstütze, eine größere Rolle in den Beziehungen zwischen China und der EU zu spielen.
Pekings langer Arm in Europa
Einem aktuellen Bericht der spanischen Nichtregierungsorganisation Safeguard Defenders zufolge hat China seine Auslieferungsbemühungen in den vergangenen zehn Jahren auf Europa konzentriert. Dies spiegele sich in „einer beträchtlichen Anzahl neu unterzeichneter und ratifizierter Auslieferungsverträge sowie erfolgreicher Auslieferungsanträge“ wider.
Seit Xi Jinping an die Macht kam und 2014 die sogenannte „Fuchsjagd“-Kampagne zur Jagd auf Flüchtige startete, hat China etwa 70 Versuche unternommen, um die Auslieferung von fast 400 Personen zu erwirken. Von diesen haben sich die meisten Betroffenen in Europa aufgehalten, so eine Analyse der Menschenrechtsgruppe.
Das chinesische Strafrechtssystem ist jedoch mit vielen Problemen verbunden. Auch die Menschenrechtslage im Land ist besonders kritisch. Seit Jahrzehnten werden Menschen wegen ihres Gewissens und ihrer politischen Überzeugungen mit Folter und Tod bedroht. Zu den betroffenen Gruppen gehören neben den Uiguren und Tibetern auch Falun-Gong-Praktizierende und in den vergangenen Jahren zunehmend auch Demokratieaktivisten in Hongkong.
Auslieferungsanträge Chinas mehrmals abgelehnt
Selbst im Falle eines bestehenden Auslieferungsabkommens ist es nicht immer möglich und auch nicht immer erlaubt, eine Person an China auszuliefern. Nach der UN-Konvention gegen Folter und der Genfer Flüchtlingskonvention gilt im internationalen Recht der Grundsatz der Nichtzurückweisung. Das völkerrechtliche Prinzip verbietet die Rückführung von Personen in ein Land, in dem ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
In jüngster Zeit haben die europäischen Gerichte demnach die Auslieferungsanträge Chinas mehrmals abgelehnt. Konkret ging es unter anderem um den Fall eines taiwanischen Staatsbürgers, der gegen seine Auslieferung von Polen nach China vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen war. Der Gerichtshof hatte dem Antrag im Oktober 2022 (mit Wirkung vom 30. Januar 2023) stattgegeben. Die Entscheidung könnte laut Safeguard Defenders nun bedeuten, dass europäische Länder keine weiteren Auslieferungen nach China vornehmen dürfen.
Der Bundestagsabgeordnete Max Lucks, Obmann der Grünen im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sagte damals gegenüber dem „Spiegel“: „Dieses Urteil ist historisch und zeigt einmal mehr die Bedeutung des Europarats für den Menschenrechtsschutz.“ Auslieferungsverträge mit China müssten europaweit ausgesetzt werden, so Lucks weiter.
Der Abgeordnete forderte zudem die Justizministerien aller 46 Mitgliedstaaten des Europarats auf, keine weiteren Auslieferungsersuche aus China zuzulassen. Deutschland hat kein Auslieferungsabkommen mit China, und das bestehende Abkommen mit Hongkong wurde im Jahr 2020 ausgesetzt.
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