Orbán plant, die Verwendung von Bargeld zu einem Grundrecht zu machen

Ungarn verpflichtet alle Gemeinden zur Bereitstellung von Geldautomaten. Jeder Bürger soll zudem per Verfassung das Recht auf Bargeldzahlung gewährt bekommen. Orbán: Nur Bargeld garantiert, dass wir „keine Sklaven der Banken“ werden. Die Opposition vermutet Wahlkalkül dahinter.
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In Ungarn soll die Verwendung von Bargeld durch die Verfassung geschützt werden.Foto: Aerial3 / iStock
Von 26. März 2025

Am Montag, 24. März, erließ die ungarische Regierung eine Verordnung, wonach in Ungarn alle Bankfilialen mit hohen Geldstrafen (bis zu rund 500.000 Euro) rechnen müssen, wenn sie bestehende Geldautomaten entfernen. Zudem werden alle ungarischen Gemeinden laut einer zweiten Verordnung demnächst dazu verpflichtet, Geldautomaten aufzustellen, um Bargeld fortlaufend bereitzustellen.

Hintergrund ist der kürzlich auf den Weg gebrachte verfassungsrechtliche Schutz von Bargeld in Ungarn. Ministerpräsident Viktor Orbán hat in seiner Rede zur Lage der Nation im Februar angekündigt, dass die Verwendung von Münzen und Scheinen in der ungarischen Verfassung verankert werden soll:

„Bargeld ist eine Frage der Freiheit. Deshalb ist seine Verwendung keine [reine] Gewohnheit, sondern ein Recht. Ich habe gehört, dass digitales Geld die Zukunft ist. Vielleicht, aber nur Bargeld kann eine wirklich greifbare Garantie dafür sein, dass wir keine Sklaven der Banken sein wollen. Die Bankkarte gehört der Bank, Bargeld gehört Ihnen“, so Orbán.

Bargeldverwendung soll in der Verfassung  verankert werden – aber warum?

Am 11. März hat die ungarische Regierung eine Änderung der Verfassung auf den Weg gebracht, die einen verfassungsrechtlichen Schutz für die Verwendung von Bargeld vorsieht. Die Initiative wurde ursprünglich im Jahr 2023 nicht von Orbáns Partei, sondern von einer anderen rechtsgerichteten, nationalistischen Partei, Mi Hazánk (Unsere Heimat), angestoßen.

Damals argumentierte der Parteivorsitzende László Toroczkai, dass die Welt „bereits Schritte in Richtung totaler Überwachung unternommen“ habe. Durch ein Verbot der Verwendung von Bargeld könne man jedem auf Knopfdruck das Geld wegnehmen.

Als Beispiel nannte Mi Hazánk das Einfrieren von Bankkonten in China für Menschen, die als Staatsfeinde eingestuft werden. Auch habe in Kanada die Regierung Anfang 2022 ohne Gerichtsbeschluss „Hunderte Bankkonten, die mit den Organisatoren der Lkw-Proteste gegen die COVID-Diktatur in Verbindung gebracht werden konnten“ eingefroren.

Außerdem zeigte die ungarische Partei einen Trend auf, wonach es im Alltag immer schwieriger werde, ohne Bankkarte einzukaufen. Weitere Vorteile von Bargeld seien die Möglichkeit, es im Falle eines Stromausfalls oder eines Cyberangriffs zu benutzen.

Begünstigt die Maßnahme die Korruption?

Ungarische Oppositionspolitiker äußerten die Befürchtung, die Ausweitung von Bargeldnutzung könne die Korruption fördern, weil sie nicht so leicht rückverfolgbar sei. Zudem könne die Verfassungsänderung ein politischer Trick sein, um die ländliche und ältere Bevölkerung, die bei der digitalen Entwicklung nicht unbedingt mithalten kann, als Wähler zu gewinnen, schreibt die oppositionsnahe Wirtschaftszeitung HVG.

Der ehemalige ungarische Zentralbankchef András Simor sagte der Zeitung im Zusammenhang mit dem Korruptionsargument, dass es im Großen und Ganzen unmöglich wäre, große Mengen an Vermögen in Bargeld umzuwandeln.

Außerdem könne ein großes Vermögen bereits in irgendeiner exotischen Ecke der Welt liegen, so der Experte. „Es ist unmöglich, zu sehen, was wohin transferiert wurde, man kann die Gelder auch ohne das in der Verfassung vorgesehene Bargeld verschwinden lassen“, sagte Simor.

Schutz von Barem in Europa

Das Vorgehen der ungarischen Regierung ist bei Weitem nicht einzigartig. In der Slowakei wurde im Juni 2023 in der Verfassung das Recht eines jeden, Waren und Dienstleistungen bar zu bezahlen, verankert. In Österreich forderte der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer im August 2023, dass die Verwendung von Bargeld in der Verfassung verankert werden solle.

Obwohl nicht auf Verfassungsebene, gibt es in Dänemark, Frankreich und Norwegen und anderen europäischen Ländern Gesetze, die die Verwendung von Bargeld schützen.

Ab 2027 wird es jedoch eine EU-weite Obergrenze für die Verwendung von Bargeld geben. Brüssel hat im vergangenen Jahr eine Obergrenze von 10.000 Euro für die Bezahlung mit Münzen und Scheinen beschlossen. So will sie gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgehen. Die Obergrenze wird jedoch nicht für Transaktionen zwischen Privatpersonen gelten. Zugleich müssen ab Barzahlungen von 3.000 Euro für spätere Rückverfolgungszwecke die Daten der Käufer gesammelt werden.

Die letztgenannte Maßnahme ist in Deutschland auch deshalb von Bedeutung, da Bargeld nach Angaben der Sparkasse das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen ist. Obwohl es in Deutschland derzeit kein allgemeines Gesetz gibt, das Barzahlungen einschränkt, existiert schon eine Ausweispflicht ab 10.000 Euro.



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