Oppositionsführerin von Belarus: Bevölkerung soll zum Umsturz von Lukaschenko bereit sein

In Belarus könnten demnächst historische Entwicklungen ins Rollen kommen: Die Oppositionsführerin spekuliert über einen militärischen Umsturz der prorussischen Regierung von Alexander Lukaschenko. Derweil intensivieren sich die militärischen Beziehungen zwischen Minsk und Moskau im Kontext des Ukraine-Krieges.
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Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hält am 13. September 2023 eine Rede während einer Plenarsitzung im Europäischen Parlament in Straßburg, Ostfrankreich.Foto: Frederick Florin/AFP via Getty Images
Von 12. Dezember 2024

Zu den loyalsten Verbündeten Wladimir Putins zählt der Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko. Er erlaubte die Stationierung von russischen Truppen im Nachbarland und den Abschuss russischer Raketen von Belarus aus auf ukrainische Ziele schon Anfang 2022.

In einem Interview mit dem ukrainischen Nachrichtenportal „Ukrainska Pravda“, welches am Dienstag, 10. Dezember, veröffentlicht wurde, sprach Swetlana Tichanowskaja, die belarussische Oppositionsführerin, darüber, was die Herausforderungen in Belarus und der Ukraine verbindet. Die im Exil lebende Aktivistin betonte, wie wichtig ein Sieg der Ukraine für die Wahrung der Demokratie in der gesamten Region sei.

Das Kalinouski-Regiment, das in der Ukraine kämpft, werde in Belarus mit „großen Respekt und Hoffnung“ angesehen. Die bewaffnete belarussische Gruppe sei „das Rückgrat der zukünftigen Armee“ von Weißrussland, so Tichanowskaja.

„Viele Menschen erwarten auch, dass es eines Tages Kämpfer des Kalinouski-Regiments sein werden, die Belarus befreien.“ Die Politikerin betonte, dass sie auf einen friedlichen Machtwechsel in Belarus durch faire Wahlen hoffe. „Aber natürlich könnte es auch andere Szenarien geben. Es könnte einen Militärputsch geben“, sagte sie. In diesem Fall könnten belarussische Soldaten, die sich derzeit in der Ukraine befinden, eine Rolle spielen. „Wir müssen vorbereitet sein“, betonte die Oppositionsführerin.

Das Kastus-Kalinouski-Regiment ist eine militärische Formation innerhalb der Streitkräfte der Ukraine, die im März 2022 zum Schutz der Ukraine gegründet wurde. Es besteht aus belarussischen Freiwilligen. Es wurde nach Kastus Kalinoŭski, ein Nationalheld von Belarus, benannt. Die Freiwilligen des Regiments betrachten Russland als „gemeinsamen Feind von Belarus und der Ukraine“.

Auf die Straße gehen und dieses Regime „stürzen“

In einer Rede auf einer Veranstaltung von „Politico“ in Brüssel am Dienstag verwies die Oppositionsführerin auf die bevorstehenden Wahlen im Januar in Belarus und sagte, Lukaschenko und „Despoten wie er sind nicht unbesiegbar“.

Lukaschenko ist seit dem Jahr 1994 an der Macht. Und laut „Politico“ sei es nahezu sicher, dass er in einer „manipulierten Wahl“ erneut gewinnen werde.

„Ich würde mir wünschen, dass die Menschen bereit sind, eine echte Chance zu ergreifen, um auf die Straße zu gehen und dieses Regime zu stürzen“, so Tichanowskaja.

Sie fügte jedoch hinzu, dass die kommenden Wahlen nicht der richtige Zeitpunkt seien. Außerdem wäre das Risiko eines harten Durchgreifens des Regimes gegen die Opposition zu dieser Zeit zu groß. „Ich glaube an die Demokratie, aber man muss den Mut haben, alle seine Mittel einzusetzen, um gegen Diktatoren zu kämpfen“, betonte die Politikerin.

Tichanowskajas Ehemann in Haft

Tichanowskajas Ehemann, der 45-jährige Sergej Tichanowski, ein Blogger und oppositioneller Aktivist, wurde im Jahr 2020 in Belarus festgenommen, nachdem er seine Kandidatur gegen Lukaschenko angekündigt hatte.

Daraufhin entschied sich seine Frau, Tichanowskaja, an seiner Stelle anzutreten und mobilisierte zahlreiche Unterstützer. Offiziell gewann Lukaschenko eine sechste Amtszeit, doch sowohl die Opposition als auch westliche Staaten betrachteten das Ergebnis als manipuliert.

Es folgten beispiellose Massenproteste, woraufhin Tichanowskaja ins Exil nach Litauen ging. Ihr Mann wurde später zu 18 Jahren Haft verurteilt. Seit März 2023 habe Tichanowskaja keine Nachrichten von ihm erhalten; ihre Briefe würden nicht zugestellt, und sein Anwalt dürfe ihn nicht besuchen. „Ich weiß nichts über ihn. Ich habe keinen einzigen Brief erhalten, und es gab keine Kommunikation durch seinen Anwalt“, sagte sie damals dem ZDF.

Tichanowskaja selbst wurde in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft von einem Gericht Belarus verurteilt. Sie wurde unter anderem des Hochverrats und der „Verschwörung zur Machtergreifung“ für schuldig gesprochen. Mit ihr wurden vier weitere Oppositionelle in Abwesenheit verurteilt. Die Anklagen umfassten zusätzlich die Gründung einer extremistischen Gruppe, Aufstachelung zum Hass und Gefährdung der nationalen Sicherheit.

Minsk und Moskau warnen vor „skrupellosen Kritiker“ des Unionsstaates

Die engen Beziehungen zwischen Russland und Belarus finden im Rahmen des sogenannten Unionsstaates statt, der durch einen Vertrag von 1999 geregelt wird. Das Ziel ist die wirtschaftliche, politische und militärische Zusammenarbeit.

Der russische Präsident Wladimir Putin trifft sich am 9. Juni 2023 in Sotschi, Russland, mit seinem Amtskollegen aus Belarus, Alexander Lukaschenko. Foto: Gavril Grigorov/SPUTNIK/AFP via Getty Images

Dem Bericht der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur „Belta“  zufolge verfolgen diejenigen, die das weißrussisch–russische Bündnis kritisieren, in Wirklichkeit wirtschaftliche Ziele. „Niemand benötigt einen effektiven und gefährlichen Konkurrenten auf dem Weltmarkt“. Deshalb halten die Gegner des Unionsstaates an der „Mystifizierung fest und versuchen regelmäßig, die beiden Präsidenten gegeneinander auszuspielen“, heißt es in dem Artikel.

Putin wies im Jahr 2022 Kritik aus dem Ausland zurück, die Integration zwischen den Ländern würde zur „Verschmelzung“ oder zum Verlust der Souveränität führen. „Skrupellose Kritiker im Ausland wissen entweder nicht, wovon sie reden, oder sie führen Menschen, die die Situation nicht kennen, absichtlich in die Irre“. Es gehe nicht um eine Annexion. Es gehe um die Harmonisierung der Wirtschaftspolitik. „So etwas geschieht auch in vielen anderen Bündnissen“. Belarus sei ein „echter Verbündeter“ und nicht nur ein Nachbarstaat, so Putin.

Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Belarus und Russland seien dem Bericht von „Belta“ zufolge tiefgreifend. Etwa 10.000 Unternehmen aus beiden Ländern arbeiten eng zusammen. Für die belarussischen Bürger bedeute die Union mit Russland Reisefreiheit, Freiheit bei Wahl des Wohnorts und der Arbeitsstelle und freier Handel mit Waren und Dienstleistungen.

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern wird auch aufgrund des Krieges in der Ukraine auch immer enger. Vergangene Woche haben Putin und Lukaschenko eine Reihe neuer Verträge unterzeichnet. Diese sehen vor, dass sie zum Schutz des Unionsstaates die Ressourcen des jeweils anderen Landes in vollem Umfang nutzen können. Russland kann somit noch stärker als bisher Gebrauch vom Territorium und der Infrastruktur von Belarus machen.

Bei der Unterzeichnung der Vereinbarungen betonte Putin, dass die Stationierung von neuen ballistischen Oreschnik-Raketen in Belarus bereits in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres beginnen könne, so das ZDF.



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