Opposition feiert – Südkoreas früherer Präsident Yoon verhaftet, er schweigt vor Ermittlern
In Südkorea ist der entmachtete Präsidenten Yoon Suk Yeol in Zusammenhang mit dessen kurzzeitiger Verhängung des Kriegsrechts verhaftet worden. Am Mittwochmorgen sei der Haftbefehl vollstreckt worden, erklärten die Behörden, die wegen Aufruhrs gegen Yoon ermitteln. Damit ist Yoon das erste amtierende Staatsoberhaupt des Landes, das in Haft genommen wurde. Bei einem Schuldspruch droht ihm theoretisch die Todesstrafe.
Yoon: „Gesetz völlig zusammengebochen“
In einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft erklärte Yoon, dass er sich entschieden habe, sich der Befragung zu unterziehen. Er habe sich entschlossen, dem CIO Rede und Antwort zu stehen. Er erkenne die Rechtmäßigeit der Ermittlungen nicht an, stelle sich aber der Befragung, „um ein unglückliches Blutvergießen zu verhindern“.
Ein X-Tweet von Visegrád24 dokumentiert seine Worte: „Leider ist das Gesetz in diesem Land völlig zusammengebrochen. Es ist wirklich bedauerlich, dass Haftbefehle an Behörden ohne Ermittlungsbefugnis ausgestellt werden und Gerichte ohne Befugnis zur Überprüfung von Haftbefehlen Haftbefehle und Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehle ausstellen und dass Ermittlungsbehörden falsche offizielle Dokumente ausstellen, um die Öffentlichkeit zu täuschen, und solche illegalen Handlungen begehen und Verfahren mit ungültigen Haftbefehlen zwangsweise durchführen.“
Er hoffe, dass vor allem die Jugend den Wert der liberalen Demokratie wiedererkennen werde. Die Zukunft von Südkorea sei „hoffnungsvoll“, obwohl „dies dunkle Zeiten sind, in denen das Recht zusammenbricht.“
South Korean President Yoon’s recorded speech released minutes before his arrest: „Dear citizens, how have you been? I would like to thank you so much for cheering me on and giving me so much support. Unfortunately, the law has completely collapsed in this country. It is truly… pic.twitter.com/0l6lZoNKiJ
— Visegrád 24 (@visegrad24) January 15, 2025
In einem später im Onlinedienst Facebook veröffentlichten Beitrag wiederholte Yoon seine Behauptungen über Wahlbetrug und sprach mit Anspielung auf Nordkorea von „feindlichen“ Nationen, die das Land angreifen.
Yoon schweigt vor Ermittlern
Yoon Suk Yeol hat nach seiner Verhaftung noch keine Aussage zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen gemacht. „Yoon macht von seinem Schweigerecht Gebrauch“, sagte ein Vertreter des Korruptionsermittlungsbüros vor Journalisten. Der Präsident habe sich zudem geweigert, während der Befragung gefilmt zu werden, und werde die Nacht in einer Haftanstalt verbringen, hieß es weiter.
Das Parlament sprach sich für eine Absetzung des Präsidenten aus, über die das Verfassungsgericht noch abschließend entscheiden muss. Das Verfahren begann gestern.
Einsatzkräfte drangen über Leitern ein
Yoon verließ seine Präsidentenresidenz im Zentrum der Hauptstadt Seoul in einem Konvoi und traf im Büro der Korruptionsbekämpfungsbehörde CIO ein, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sahen.
Ermittler waren zuvor in die Residenz eingedrungen, wo sich der entmachtete Staatschef mithilfe des Schutzes seiner Präsidentengarde zurückgezogen hatte, um der Verhaftung zu entgehen. Seine Wachen hatten das Gelände mit Stacheldraht und Barrikaden gesichert.
AFP-Journalisten wurden Zeuge eines kurzen Handgemenges am Tor der Residenz. Dort hatten Yoons Anhänger zu seinem Schutz gezeltet. Sie skandierten: „Illegaler Haftbefehl!“
Wie der Sender „Yonhap News TV“ berichtete, wurden Yoons Unterstützer von Polizisten und CIO-Beamten gewaltsam entfernt. Demnach stellten sich auch etwa 30 Abgeordnete von Yoons Partei den Ermittlern in den Weg. Fernsehaufnahmen zeigten auch, wie die Einsatzkräfte mithilfe von Leitern auf das Gelände von Yoons Residenz gelangten.
Streit um das Kriegsrecht: Einfluss von China und Nordkorea
Am 3. Januar hatten Beamte von Yoons präsidialem Sicherheitsdienst, darunter auch Soldaten, Ermittler an seiner Verhaftung gehindert. Der neue Versuch zur Verhaftung Yoons basiert auf einem am 14. Januar ausgestellten neuen Haftbefehl.
Yoon hatte Südkorea Anfang Dezember mit der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts in eine politische Krise gestürzt. Er hatte in einem Haushaltsstreit von der Maßnahme Gebrauch gemacht und damit das In- und Ausland aufgeschreckt.
Im Hintergrund steht eine Warnung Yoons vor einer kommunistischen Unterwanderung Südkoreas, für die es konkrete Anhaltspunkte gibt. Ein häufig übersehener und im Zweifel deutlich einflussreicherer Faktor als Nordkorea ist das KP-Regime in China.
Gegenüber diesem war der Führer der Demokratischen Partei, Lee Jae-myung, mehrfach durch freundliche Aussagen aufgefallen.
Die Oppositionspartei DP feierte die Verhaftung des entmachteten Staatschefs. „Die Verhaftung von Yoon Suk Yeol ist der erste Schritt zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit“, sagte Fraktionschef Park Chan Dae bei einem Parteitreffen. Den suspendierten Präsidenten bezeichnete Park als „Schwerverbrecher“.
China-freundlicher Kandidat vor politischem Durchbruch?
Sollte Yoon zurücktreten und eine vorgezogene Präsidentenwahl erforderlich werden, ginge Lee als Favorit ins Rennen. Lee, den ein Gericht vor einigen Wochen wegen Verletzung des Wahlgesetzes zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt hatte, verlor 2022 nur knapp die Präsidentenwahl.
Bereits mehrfach stand er im Zentrum von Vorwürfen der Korruption und illegaler Geldflüsse in den Norden. In den meisten Fällen kam es nicht zu einer Anklage. Allerdings soll er unvollständige Angaben im Rahmen seiner Registrierung als Kandidat gemacht haben.
Suzanne Scholte, Präsidentin der in Virginia ansässigen Defense Forum Foundation, sprach gegenüber der englischsprachigen Epoch Times von einem „ernsten Problem“. Mit Blick auf Lee äußerte sie:
Eine liberale Demokratie wie Südkorea hätte bei der letzten Wahl fast einen prokommunistischen Kandidaten gewählt.“
Bei den Parlamentswahlen im April gewann seine Partei 175 von 300 Sitzen.
Massive Einflussnahme von Peking: Städte, Austausch- und Besuchsprogramme
Wirtschaftlich ist die Abhängigkeit des Landes von China bereits jetzt stark. Das nützt die Führung in Peking zu weitergehender Einflussnahme aus. Ein Spionageabwehroffizier, der unter der Bedingung der Anonymität mit Epoch Times sprach, äußerte, das KP-Regime habe multiple Lebensbereiche in Südkorea infiltriert:
Es gibt keinen Bereich, in den die chinesische Regierung nicht eingedrungen wäre.“
Ein Hebel seien dabei die knapp 700 Städtepartnerschaftsabkommen. Zudem nähmen jährlich Hunderte Beamte an Austauschprogrammen zwischen beiden Ländern teil. Besonders brisant seien jedoch die vom chinesischen Regime bezahlten einwöchigen Besuchsprogramme für Jugendliche aus Südkorea.
Diesen entstünden keine Kosten, jedoch sind sie angewiesen, vor der Abreise Bücher mit Reden von Machthaber Xi Jinping zu lesen. Das Regime macht kein Hehl daraus, auf diese Weise die „bilateralen Beziehungen von morgen“ beeinflussen zu wollen, äußerte der Spionageoffizier.
Das Parlament votierte nach einer gescheiterten ersten Abstimmung schließlich auch mit einigen Stimmen seiner eigenen Regierungspartei für Yoons Amtsenthebung. In den kommenden Wochen wird das Verfassungsgericht diese Entscheidung prüfen. Mindestens sechs der derzeit acht besetzten Richterstellen am Verfassungsgericht müssten für eine Amtsenthebung stimmen, damit es dazu kommt. In diesem Fall müssten innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen abgehalten werden. Andernfalls würde der suspendierte Präsident seine Macht zurückerhalten.
(afp/red)
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