„Österreich verdient eine ehrliche Regierung“: Kickl strebt zügige Gespräche mit der ÖVP an

Nach dem Rücktritt von Karl Nehammer übernimmt FPÖ-Chef Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung. In einer öffentlichen Erklärung betonte er die Bedeutung von Ehrlichkeit und Vertrauen in der Politik. Kickl will einen Neustart für Österreich – mit Fokus auf Transparenz und Optimismus. Doch die Verhandlungen mit der ÖVP stehen unter Vorbehalt.
FPÖ-Chef Herbert Kickl stellt der konservativen ÖVP einige Bedingungen vor einer Zusammenarbeit.
FPÖ-Chef Herbert Kickl stellt der konservativen ÖVP einige Bedingungen vor einer Zusammenarbeit.Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa
Von 7. Januar 2025

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Am Dienstag, 7.1., meldete sich FPÖ-Chef Herbert Kickl erstmals nach seinem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg zu Wort. Am Montag hatte dieser ihn mit der Regierungsbildung beauftragt, nachdem es dem scheidenden Bundeskanzler Karl Nehammer nicht gelungen war, eine eigene Koalition zu bilden. Nehammer hatte deshalb am Samstag seinen Rücktritt als Kanzler und ÖVP-Chef erklärt.

Kickl wirft Ampel-Verhandlern Unehrlichkeit gegenüber Wählern vor

In einer öffentlichen Erklärung kündigte Kickl an, er wolle „Österreich ehrlich regieren“. An dieser Bereitschaft habe es Regierungen in den vergangenen Jahren gefehlt. Der FPÖ-Chef erinnerte daran, dass seit dem Tag der Nationalratswahl exakt 100 Tage vergangen seien. Der Versuch, eine „Koalition der Verlierer“ zu bilden, habe dem Land drei verlorene Monate eingehandelt.

Der gescheiterte Versuch, eine sogenannte Astro-Ampel zu bilden, habe nicht nur das Budgetdefizit im Land vergrößert, erklärte Kickl. Die Beteiligten hätten auch ein massives Vertrauensdefizit hinterlassen. Man habe nicht nur das Wahlergebnis nicht akzeptiert und den „desaströsen Zustand“ von Wirtschaft und Standort beschönigt.

Die Verhandler hätten die Bevölkerung auch hinter das Licht geführt, indem sie bis zuletzt signalisiert hätten, die Gespräche machten substanzielle Fortschritte. Unehrlichkeit gegenüber den Bürgern sei jedoch eine „demokratische und staatspolitische Todsünde“, so der FPÖ-Chef. Wer diese Praxis nicht ändern wolle, könne kein Partner sein.

Neuwahlen wären „einfacherer Weg für die FPÖ“ gewesen

Kickl erklärte in seinem Pressestatement, die Menschen in Österreich hätten sich eine Regierung verdient, die „sich als Werkzeug und Diener des Volkes“ verstünde, nicht als Bevormunder, Schulmeister oder gar Gegner. Dass seine Sprache häufig direkt sei, woran viele Anstöße nehmen könnten, sei die Konsequenz aus seiner Erziehung, aber auch seiner Lebenserfahrung. Dazu gehörten auch seine Hobbys wie das Klettern:

„Eine Seilschaft am Berg funktioniert auch nur, wenn man zueinander offen, ehrlich und direkt ist.“

Dass er sich bereit erklärt habe, den Auftrag zur Regierungsbildung entgegenzunehmen, sei nicht persönlichen Ambitionen geschuldet, versicherte der FPÖ-Chef. Es wäre der bequemere und risikoärmere Weg gewesen, es auf Neuwahlen ankommen zu lassen. Umfragen zufolge hätte die Partei in einem solchen Fall erhebliche Zugewinne und ein Ergebnis jenseits der 35 Prozent erwarten können.

Er wollte jedoch nicht den parteitaktischen Zugang und das Partikularinteresse, sondern die Gemeinsamkeit und das staatspolitische Interesse in den Vordergrund stellen. Österreich dürfe „keine Zeit verlieren“, nach dem Niedergang müsse es einen „Wiederaufbau“ und ein Zurück zum Optimismus geben.

Kickl will an „ausgestreckter Hand“ gegenüber der ÖVP festhalten

Erst benötige er jedoch einen Verhandlungs- und dann einen Regierungspartner, der ähnliche oder gleiche Ziele verfolge. Von mehreren Seiten sei er gewarnt worden, dass es die ÖVP möglicherweise nicht ehrlich meinen könne. Kickl erklärte, es sei zwar begründet, aus Erfahrungen heraus vorsichtig und skeptisch zu sein.

Allerdings wolle er niemandem „absprechen, Lektionen zu lernen und sich weiterzuentwickeln“. Er sei, so Kickl, „optimistisch, nicht in der Vergangenheit gefangen und nicht unverzeihlich“. Deshalb gebe es gegenüber den Konservativen eine ausgestreckte Hand und einen Vertrauensvorschuss. Es gebe aber auch die klare Erwartung, dass es keine Tricks, keine Quertreiberei und keine Sabotageversuche geben dürfe. Außerdem setze er eine Bereitschaft voraus, Fehler der Vergangenheit als solcher zu erkennen.

Unter Karl Nehammer hatte die ÖVP eine Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl stets ausgeschlossen. Der scheidende Kanzler hatte dies vor allem an Kickls „verschwörungstheoretischen“ Aussagen zur WHO und zum Weltwirtschaftsforum, an seiner Rhetorik und an inhaltlichen Differenzen festgemacht. Diese betreffen unter anderem eine Erweiterung der Befugnisse von Ermittlern im Internet, denen sich die FPÖ entgegenstellt.

Am Dienstagabend tagt das Bundesparteipräsidium der FPÖ tagen. Diesem soll Kickl vorschlagen, ihm ein Mandat zu Verhandlungen mit der ÖVP zu erteilen, sollten die Bedingungen stimmen. Anschließend sollen die Gespräche in Verschwiegenheit in kleinen Runden weitergeführt werden. Den Bundespräsidenten und die Öffentlichkeit würde man über relevante Entscheidungen informieren.

 



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