Österreich im Kreuzfeuer der Diplomatie

Zum einjährigen Jahrestag des Ukraine-Krieges wollte Österreich in einem OSZE-Treffen Vertreter der Kriegsparteien an einen Tisch holen. Russland kam, andere Teilnehmer gingen.
Titelbild
Österreichs Außenminister, Alexander Schallenberg.Foto: Thomas Kronsteiner/Getty Images
Von 28. Februar 2023

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Ende Februar trafen sich Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Zur zweitägigen Veranstaltung im Hauptsitz der Organisation waren auch alle 18 Mitglieder der russischen Delegation eingeladen. Die österreichischen Veranstalter waren der Meinung, dass es ein Verstoß gegen das Völkerrecht wäre, sie auszuschließen. Zumal es auch eine gute Gelegenheit sein könnte, zusammen an einer Lösung des Konflikts zu arbeiten.

Während der Vorbereitungen führte die Nachricht von der Ankunft der russischen Delegation zu Kontroversen. Mehr als 80 Parlamentarier aus 20 Ländern unterzeichneten einen Brief, in dem sie die österreichische Regierung aufforderten, ihre Entscheidung zu überdenken und den russischen Teilnehmern des OSZE-Treffens keine Visa zu erteilen.

Außenminister Alexander Schallenberg verteidigte die Einreiseerlaubnis für russische OSZE-Delegierte:

Das Völkerrecht ist einzuhalten, auch wenn das nicht populär ist […] gerade als Mitglieder der OSZE sind wir angehalten, vielmehr ist es unsere Pflicht, die Tür der Diplomatie nicht zuzuschlagen.“

Es folgten starke diplomatische Reaktionen. Die Mitglieder aus Russland waren zwar anwesend, doch die ukrainische als auch die litauische Delegation sagten daraufhin ihre Teilnahme ab. Viele andere Teilnehmer des OSZE-Treffens standen einfach auf und verließen den Raum, als den russischen Mitgliedern das Wort erteilt wurde. Pro-Ukraine-Demonstranten reihten sich gleichzeitig auf der Straße vor der Wiener Hofburg auf.

Eine brisante Sitzung

Die österreichischen Organisatoren meinten, dass die Aufgabe der OSZE genau darin bestehe, die Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten aufrechtzuerhalten und Lösungen für dringende Probleme zu finden. Gabriele Juen, Sprecherin des österreichischen Außenministeriums, erklärte:

Russland und die Ukraine sind Mitglieder der Organisation. Das Wichtigste ist, Raum für den Dialog zwischen den beiden zu schaffen.“

Die Meinung der österreichischen Sprecherin, die im Gespräch mit „Euronews“ zu Wort kam, wurde teilweise vom Vorsitzenden des Treffens unterstützt. Die schwedische Präsidentin der Konferenz, Margareta Cederfelt, betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass die Versammlung eine Gelegenheit zur Debatte sei und dass es für die Vertreter Russlands wichtig sei, die Botschaft der anderen OSZE-Mitgliedstaaten zu hören.

Viele schienen mit dieser Position jedoch nicht einverstanden zu sein. Sie fanden es inakzeptabel, dass sie im selben Raum wie die aus Russland stammenden Teilnehmer sitzen mussten – also standen sie auf und verließen den Raum.

„Es ist eine Schande, dass wir eine russische Delegation hier haben, die aus sanktionierten Personen besteht, die dafür gestimmt haben, Teile eines unabhängigen Landes zu annektieren, nämlich die Provinzen Donbass, Cherson, Saporischschja und Luhansk. Das widerspricht den Grundsätzen, die diese Institution garantiert und verteidigt“, sagte Rihards Kols, ein Mitglied der lettischen Delegation.

Flaggen der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) in der Nähe des Hofburg-OSZE-Kongresszentrums in Wien, Österreich. Foto: iStock

Ähnliche Probleme traten im letzten Jahr nicht auf, da die bisherigen Organisatoren den Konflikt in den OSZE-Treffen im 2022 nicht auf sich genommen haben. Weder zu den Treffen in Birmingham noch zu denen in Warschau wurden die russischen Teilnehmer eingeladen.

Um sicherzustellen, dass sich diese Situation in Zukunft nicht wiederholt, wurde jetzt eine Erklärung abgegeben.

Der Vertreter der Ukraine und der Leiter der US-Delegation, Mikita Poturaev und Ben Cardin, hielten eine gemeinsame Pressekonferenz in Wien ab. Poturaev sagte dort, dass die Ukraine einen Vorschlag ausgearbeitet hat: „Er sieht vor, dass, wenn in Zukunft ein OSZE-Mitgliedstaat einen Krieg gegen einen anderen Mitgliedstaat beginnt, der beleidigende Staat aus der Organisation ausgeschlossen werden sollte.“

Österreich wünscht sich eine Lösung des Konflikts

Wolfgang Sobotka, Präsident des österreichischen Parlaments, sagte anlässlich des Treffens in Wien, dass „die Rolle der OSZE nicht darin besteht, die Tür zur Diplomatie zu schließen, sondern im Gegenteil, die OSZE ist mit ihrem öffentlichen Ansatz und ihrem Sicherheitskonzept am besten geeignet, um an der Lösung des russisch-ukrainischen Konflikts mitzuwirken“.

Österreich verhält sich militärisch neutral und steht der ungarischen Position nahe. Es hat der Ukraine bisher nur humanitäre Hilfe geleistet und keine Waffen geliefert, aber die russische Aggression verurteilt. Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer traf sich im April letzten Jahres sogar persönlich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, um ihn zur Beendigung des Krieges zu überreden. In einem aktuellen Interview mit „Puls 24“ bestätigte der österreichische Außenminister vor Kurzem sogar, dass Nehammer einen weiteren Besuch in Moskau plant.

Ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung unterstützt weder Krieg noch Sanktionen. In einer aktuellen Umfrage glauben 45 Prozent der befragten Österreicher, dass es an der Zeit ist, die EU-Sanktionen gegen Moskau wegen des Krieges in der Ukraine zu beenden. Der Anteil derjenigen, die meinen, dass die Strafmaßnahmen beibehalten werden sollten, liegt bei 35 Prozent. Und 62 Prozent der befragten Bevölkerung lehnen Waffenlieferungen der EU an die Ukraine ab, berichtet das österreichische Nachrichtenportal „Exxpress“ unter Berufung auf eine Umfrage des Instituts INSA.

Russischer Außenminister: Die OSZE hat ihre Ernsthaftigkeit verloren

Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte auf einer Pressekonferenz in Moskau bereits im Dezember 2022, dass er glaubt, dass die Organisation ihre Chance, eine konfliktlösende Rolle zu spielen, verloren hat.

Er betonte, dass die OSZE „nicht versucht hat, die Minsker Vereinbarungen durchzusetzen, die die Grundlage für eine Beilegung des Konflikts in der Ukraine waren, sondern sich auf die Seite des antirussischen Regimes in Kiew gestellt hat“. Lawrow kritisierte auch, dass die OSZE-Sonderbeobachtungsmission ihre technischen Mittel eingesetzt hat, „um den ukrainischen Geheimdienst in der Region Donezk zu unterstützen“.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow

Russlands Außenminister Sergej Lawrow Foto: Evgenia Novozhenina/POOL REUTERS/dpa

Als Antwort auf die Kritik gegen Russland sagte Lawrow damals, dass Russland nur die ukrainische Infrastruktur angreife, die dazu beiträgt, Russlands Bürger zu töten. „Wir werden Energieanlagen ausschalten, die es der Ukraine ermöglichen, mit tödlichen Waffen versorgt zu werden, um damit Russen zu töten“, sagte der Außenminister, wie die ungarische Zeitung „Magyar Nemzet“ ihn zitierte.

Lawrow warnte auch davor, dass er die nächsten Schritte darin sieht, dass die USA beabsichtigen, den Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) genauso aufzulösen, wie sie es mit der OSZE getan haben.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion