Öko-Siegel für Atomenergie mit Spaltkraft
Worum geht es?
Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen will Atomenergie in eine Liste „nachhaltiger“ Energiequellen aufnehmen. Die seit 2020 geltende Taxonomie-Verordnung umfasst bisher Öko-Energien wie Wind und Sonnenkraft. Auch das fossile Gas soll künftig unter bestimmten Voraussetzungen als „grün“ gelten.
Was ist das Ziel?
Mit Hilfe der Verordnung will die EU ihren „Green Deal“ umsetzen und bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Die Aufnahme von Atom und Gas kommt einer Empfehlung an die Finanzmärkte gleich, in solche Anlagen zu investieren. Umweltschützer befürchten, dass dies zulasten des Ausbaus erneuerbarer Energieformen wie Wind und Sonne geht. Sie warnen, im äußersten Fall könnten nicht nur private, sondern auch öffentliche Gelder umgelenkt werden.
Wer tritt für „grüne“ Atomkraft ein?
Allen voran Frankreich: Präsident Emmanuel Macron hält die Atomenergie für unerlässlich, um die Klimaziele der EU zu erreichen und Europa unabhängiger von russischem Erdgas zu machen. Die Atommacht Frankreich bezieht derzeit rund 70 Prozent ihres Stroms aus Kernkraftwerken, das ist der höchste Anteil weltweit. Aber auch Polen und weitere östliche EU-Staaten wollen neue Atomkraftwerke bauen, um ihre stark von Kohle abhängigen Volkswirtschaften nachhaltiger zu gestalten.
Was hält die Bundesregierung von den Plänen?
Gegen das Öko-Label für Atomkraft stemmen sich vor allem die Grünen in der Ampel-Koalition, aber auch in der SPD gibt es Widerstand. Die Bundesregierung warnte in ihrer offiziellen Stellungnahme vom Januar vor Atomunfällen, den hohen Kosten der Kernenergie sowie der ungelösten Atommüll-Frage.
Erdgas ist der Ampel zufolge dagegen als „Brücke“ nötig, um den Kohleausstieg zu ermöglichen und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu begleiten. Diese Haltung kritisieren insbesondere Anhänger der Grünen.
Welche Verbündeten hat Berlin in der EU?
Neben Deutschland haben sich auch Österreich, Luxemburg sowie Dänemark und Portugal gegen ein grünes Siegel für die Atomkraft ausgesprochen. Österreich droht der EU-Kommission sogar mit einer Klage.
Aber auch die Gas-Frage spaltet die EU: Österreich, Dänemark, die Niederlande und Schweden sind gegen die Aufnahme des fossilen Energieträgers in die grüne Klassifizierung. Denn dadurch erhöht sich der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2).
Wie reagiert die EU-Kommission auf die Kritik?
Sie sieht eine Reihe von Auflagen für Atom- wie Gaskraftwerke vor. Nach dem letzten Brüsseler Entwurf müssen etwa neue Kernkraftwerke bis spätestens zum Jahr 2045 genehmigt werden. Neue Gasanlagen sollen zudem deutlich weniger CO2 ausstoßen als die bisherigen. Für „nachhaltige“ Akws müssen die jeweiligen Mitgliedstaaten darüber hinaus eine hohe Reaktorsicherheit und die vollständige Entsorgung ihres Atommülls nachweisen.
Kann die Bundesregierung die Pläne noch stoppen?
Das gilt als äußerst schwierig. Denn die Kommission hat die Form eines sogenannten delegierten Rechtsakts gewählt. Um diesen aufzuhalten, gibt es sehr hohe Hürden: Entweder stimmen die Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit dagegen – also 20 EU-Länder, die zusammen 65 Prozent der europäischen Bevölkerung umfassen. Oder aber das Europaparlament stimmt mehrheitlich dagegen.
Wie geht es nun weiter?
Nach der Vorstellung durch die Kommission haben die EU-Staaten und das Parlament maximal sechs Monate Zeit zur Stellungnahme. Kommt keine Sperrmehrheit zusammen, tritt der Rechtsakt zum 1. Januar 2023 unverändert in Kraft. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion