Notstand in New York City – Hintergründe der Flüchtlingskrise

New York Citys demokratischer Bürgermeister Eric Adams hat am 7. Oktober den Notstand ausgerufen. Grund ist die wachsende Anzahl von Flüchtlingsbussen aus den republikanischen Staaten Texas und Florida, aber auch aus dem demokratisch regierten El Paso in Texas.
Notstand in New York City – Hintergründe der Flüchtlingskrise
Der Bürgermeister von New York City, Eric Adams, am 10. Oktober 2022 in Manhattan während der jährlichen Columbus Day Parade, der größten Parade des Landes in New York City.Foto: Spencer Platt/Getty Images
Epoch Times21. Oktober 2022

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Angesichts der höchsten Anzahl von Flüchtlingen in der Geschichte New York Citys erließ Bürgermeister Eric Adams am Freitag die Notverordnung 224. Damit wies er alle zuständigen Behörden an, ihre Bemühungen zur Bewältigung der humanitären Krise der Flüchtlinge zu koordinieren und die humanitären Notfall- und Hilfszentren der Stadt einzurichten. Seit dem Frühling sind etwa 17.000 Flüchtlinge aus Texas, Florida und El Paso in New York City eingetroffen.

In seiner Ansprache forderte er zudem eine Soforthilfe des Bundes und des Staates, um den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen. Die Stadt rechnet in diesem Zusammenhang mit Kosten in Höhe von einer Milliarde Dollar. „Wenn das Tempo des Flüchtlingsstroms anhält, wird die Zahl der Menschen, die in den Unterkünften der Stadt untergebracht sind, die Marke von 100.000 überschreiten“, erläuterte Adams.

Seit Beginn dieser Krise hat New York City 42 Hotels zu Notunterkünften umgewandelt und ein Navigationszentrum eingerichtet, um Flüchtlinge mit wichtigen Ressourcen in Verbindung zu bringen. Zudem wurden über 5.500 Kinder im Rahmen des Projekts Open Arms in öffentlichen Schulen angemeldet und vieles mehr.

Bürgermeister: „Hoher Druck“ durch „humanitäre Krise“

Aus Sicht von Adams handelt es sich um eine „humanitäre Krise, die mit Gewalt und Instabilität in Südamerika begann und die durch die politische Dynamik in den USA noch beschleunigt wird“. Dass die USA selbst zur Instabilität in Südamerika beigetragen haben, erwähnt er in diesem Zusammenhang nicht. So putschte 1954 die CIA den demokratisch gewählten Präsidenten Guatemalas Jacobo Árbenz Guzmán aus dem Amt. Gleiches geschah 1973 mit Salvador Allende. Weitere Beispiele sind die US-Invasionen auf der Karibikinsel Grenada 1983 und in Panama 1989 sowie die Teilnahme am Krieg in Nicaragua und vieles mehr.

Insbesondere spricht Adams auch nicht über die durch US- und EU-Sanktionen erheblich verschärfte humanitäre Krise in Venezuela. Gerade die Anzahl Flüchtlinge aus Venezuela hat in letzter Zeit enorm zugenommen und spielt insbesondere bei den Flüchtlingsbussen aus El Paso eine wichtige Rolle.

Nach den Worten Adams stehen New York City und die anderen von inneramerikanischen Flüchtlingsströmen betroffenen Gebiete wie Chicago, Washington, D. C., oder die Insel der Reichen Martha’s Vineyard unter einem hohen Druck. Der Druck auf die Anrainerstaaten an Mexiko ist aber weitaus höher.

Auf einem Parkplatz in der Bronx (Orchard Beach) in New York wurden Ende September Zelte aufgebaut, um den Zustrom von Asylbewerbern zu bewältigen. Foto: ED JONES/AFP via Getty Images

Jammern auf niedrigem Niveau

So hat sich nach Angaben der U.S. Customs and Border Protection, der Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten, die Anzahl der Vollstreckungsmaßnahmen von 646.822 im fiskalischen Jahr 2020 auf 2.493.721 im Jahr 2022 erhöht und damit fast vervierfacht. Das fiskalische Jahr beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.

Im Vergleich zu den für 2022 erwarteten Flüchtlingszahlen in Deutschland ist der Prozentsatz in den USA vergleichsweise gering. Die OECD rechnet für 2022 mit einer noch höheren Zuwanderung als 2015. In jenem Jahr waren 2,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Von Februar bis August 2022 waren es bereits 1,8 Millionen. Sollten, vorsichtig geschätzt, in diesem Jahr 2,2 Millionen Menschen nach Deutschland ziehen, so entspräche das 2,64 Prozent der Gesamtbevölkerung. In den USA wären es nach den oben genannten Zahlen und einer Bevölkerung von 329,5 Millionen im Jahr 2020 nur 0,76 Prozent.

Die Zahl der aufgegriffenen Migranten an der texanisch-mexikanischen Grenze ist laut „Texas Tribune“ von 109.456 im März 2021 auf 116.976 im August 2022 angestiegen. Geht man von durchschnittlich 110.000 pro Monat aus, so wären das rund 1,3 Millionen pro Jahr. Bei 29 Millionen Einwohnern in Texas ergäbe sich eine Rate von rund 4,5 Prozent. Sie ist damit fast doppelt so hoch wie die für dieses Jahr in Deutschland erwartete.

Im Vergleich dazu kommt New York City mit den erwarteten 100.000 Flüchtlingen auf eine Rate von nur 1,2 Prozent. In beiden Fällen ist aber zu berücksichtigen, dass die Zahl der dauerhaft bleibenden Flüchtlinge viel geringer ist, da diese von dort aus auf andere Staaten verteilt werden.

Besonders kritische Situation in El Paso

El Paso, die sechstgrößte Stadt in Texas, hatte zum Zeitpunkt der Volkszählung 2020 678.815 Einwohner. Laut „Border Report“ leiteten die Bundesbehörden im September 26.000 Flüchtlinge nach El Paso. Hochgerechnet auf das Jahr wären das 312.000 Flüchtlinge, die pro Jahr El Paso erreichen. Das sind rund 46 Prozent, also fast die Hälfte der Einwohnerzahl.

Allerdings verlassen die meisten der Flüchtlinge die Stadt bereits nach kurzer Zeit wieder. Zudem ist El Paso mit einer ausreichenden Anzahl an Unterkünften und weiterer Infrastruktur zur Bewältigung der ankommenden Flüchtlingsströme ausgestattet.

Ein illegaler Migrant, der in einem Fahrzeug über die Grenze geschmuggelt wurde, wird von der US-Grenzpatrouille und dem Webb County Sheriff am 12. Oktober 2022 in Laredo, Texas, festgenommen. Foto: ALLISON DINNER/AFP via Getty Images

Die Unterbringungs- und Versorgungsprobleme entstanden neben dem anwachsenden Flüchtlingsstrom vor allem durch den immer größer werdenden Anteil an Venezolanern.

Während im Allgemeinen neun von zehn in Texas ankommenden Flüchtlingen, die zumeist Asyl beantragen, bereits einen „Sponsor“ haben, der die Weiterreise gewährleisten kann und häufig auch Kontakte zu bereits in den USA lebenden Migranten vorhanden sind, ist dies bei Venezolanern weitaus seltener der Fall.

Wer in den USA Asyl beantragt, wird in der Regel inhaftiert und dann von der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) befragt, um die Fluchtgefahr einzuschätzen. Unter der Trump-Administration wurden nur wenige Asylsuchende ohne einen aktenkundigen Sponsor aus der Haft entlassen.

Sponsoren sind US-Bürger oder Personen mit ständigem Wohnsitz in den USA, die bereit sind, der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) Papiere vorzulegen, um die Freilassung eines Asylsuchenden zu erwirken, und den Asylsuchenden nach seiner Freilassung in ihrem Haus aufzunehmen.

Dieser stellt sicher, dass alle anfallenden Kosten für behördliche Vorgänge in den USA bezahlt werden. Dazu gehören beispielsweise alle anfallenden Kosten im Zusammenhang mit einer Permanent Resident Card, aufgrund ihrer Farbe auch als Greencard bekannt.

Zweierlei Busse nach New York und Chicago

Durch die höhere Verweildauer und fehlenden Unterkünfte musste ein Teil der Flüchtlinge in Zelten an Straßenrändern auf ungewisse Weiterreise warten. Während die Situation in den Grenzstaaten zu Mexiko als Auffanglager bereits kritisch ist, kann sie in El Paso nur als besonders kritisch bezeichnet werden.

Die Weiterleitung von Flüchtlingen aus El Paso nach New York City und Chicago hat daher keinen taktisch politischen Beigeschmack wie bei Texas und Florida. Entsprechend hat El Paso seine Weiterleitungen auch bei den Empfängern angekündigt, während Texas und Florida nach Angaben der Empfänger die Flüchtlinge ohne Vorankündigung auf den Weg schickten. (jw)

(Mit Material von The Epoch Times)

Seit Anfang August treffen alle paar Tage zahlreiche Busse mit Migranten aus Texas am Port Authority Busbahnhof in New York City ein, da sich der texanische Gouverneur Greg Abbott weiterhin mit dem New Yorker Stadtrat Eric Adams über die Grenzpolitik streitet. Foto: Spencer Platt/Getty Images

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 67, vom 22. Oktober 2022.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion