Norwegen: Erfolg gegen Zwangsadoption durch Jugendamt – Mutter gewinnt nach elf Jahren vor dem EGMR
Es ist ein bitterer Sieg, den Trude Strand-Lobben nach elf Jahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erringen konnte. Allerdings wird sie ihren Sohn nicht wiederbekommen, den die norwegische Jugendwohlfahrtsbehörde 2008 in Gewahrsam genommen und 2011 vollständig in die Obhut einer Adoptivfamilie gegeben hatte.
Das Kind, so berichtet die „Tagespost“ (Druckausgabe), habe sich so sehr an seine Adoptivfamilie gewöhnt, dass es unverantwortlich wäre, es jetzt wieder aus seiner Umgebung zu reißen. Es wird für Frau Strand-Lobben deshalb nur eine finanzielle Entschädigung von umgerechnet 27 000 US-Dollar und weiterer 10 000 US-Dollar an Kostenersatz geben. Völlig wertlos ist das Urteil dennoch nicht: Immerhin haben die Richter, weil Leitentscheidungen des EGMR stets auch die Praxis in den 47 Unterzeichnerländern der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beeinflussen, damit die Geltung der Eltern- und Familienrechte in ganz Europa gestärkt.
Der Gerichtshof kam zu der Überzeugung, dass der Jugendwohlfahrtsträger Barnevernet, der europaweit im Ruf steht, gegenüber Elternrechten indifferent zu sein, das Recht der damaligen Trude Lobben und ihres Sohnes auf Familienleben gemäß Art. 8 der EMRK verletzt hat. Die Behörde habe die elterlichen Fähigkeiten der Mutter nicht angemessen geprüft und auch der eigenen Einschätzung, eine Adoption wäre im besten Interesse des Kindeswohls, keine ausreichende Analyse zugrunde gelegt.
Vertrauensmissbrauch durch die Jugendwohlfahrt?
Was den Fall Lobben als besonders anstößig erscheinen lässt, ist, dass die Mutter sich ursprünglich von sich aus nach einer schwierigen Schwangerschaft hilfesuchend an die Behörde gewandt hatte, die ihr Aufnahme in einer Mutter-Kind-Einrichtung gewährte. Als sie sich für gefestigt genug erachtete, um die Einrichtung wieder zu verlassen, entzog ihr Barnevernet das Baby mit der Begründung, bei diesem sei ein Gewichtsverlust eingetreten, den man auf Vernachlässigung durch die Mutter zurückführte. Tatsächlich war, wie Experten später bestätigten, eine schwere Augenentzündung der Grund für die Gewichtsprobleme.
Dennoch beschränkte die Jugendwohlfahrt der Mutter ihr Besuchsrecht erst auf eineinhalb Stunden pro Woche, dann auf 12 Stunden pro Jahr und am Ende wurde ihr dieses gänzlich entzogen.
Die Richter des EGMR stellten nun in ihrem Urteil fest, die norwegischen Behörden wären „von vornherein nicht daran interessiert gewesen, das Kind mit seiner Mutter zusammenzuführen“. Stattdessen hätten sie ihr keine Chance gegeben und nur nach Wegen gesucht, dafür zu sorgen, dass ihr Kind in einer anderen Familie aufwachse.
Dass dieses Urteil „hoffentlich zu einem Weckruf für Norwegen“ werde, hofft Lawrence Wilkinson von der Bürgerrechtsorganisation ADF International. Diese hatte für Frau Strand-Lobben vor Gericht interveniert.
Derzeit liegen mindestens vier weitere Fälle, in die Barnevernet involviert ist, vor dem EGMR. Weitere 16, die laut „Christian Post“ derzeit von ADF International in Norwegen betreut werden, könnten noch dort landen.
Ethnische und religiöse Minderheiten besonders stark gefährdet
Ein Fall, der bereits in Straßburg liegt, ist jener der rumänischen Familie Bodnariu, deren vier ältere Kinder 2015 ohne Vorwarnung abgeholt und in ein Heim gebracht worden waren und einen Tag später der wenige Monate alte Säugling. Hintergrund waren Gerüchte über angebliche körperliche Züchtigung, die sich jedoch später als haltlos erwiesen. Tatsächlich wurden die Behörden erst auf die Familie aufmerksam, als eines ihrer Kinder in der Schule erzählte, dass der christliche Glaube zu Hause eine tragende Rolle spielte.
Weltweite Proteste vor norwegischen Botschaften und ein breites Medienecho, insbesondere in den USA, sorgten damals dafür, dass die Familie ihre Kinder nach 210 Tage wieder zurückerhielten. Untersuchungen zeigten, dass im Fall der Bodnarius eine Voreingenommenheit der örtlichen Amtsträger gegenüber der Religion eine bedeutsame Rolle spielte.
In einigen Fällen sind Familien bereits mit ihren Kindern vor dem drohenden Zugriff der Barnevernet ins Ausland geflohen. Im Vorjahr hatte mit Polen erstmals ein anderes EWR-Land einer norwegischen Mutter, die mit ihrem Kind dorthin geflohen war, offiziell Asyl gewährt. Im Regelfall sind es aber vor allem Familien aus den Einwanderermilieus oder mit zumindest teilweisem Migrationshintergrund, sowie solche, die religiösen Minderheiten angehören, die am stärksten gefährdet sind, ins Visuer von Barnevernet zu geraten. Diese Familien sind zudem oft weniger gut mit örtlichen Entscheidungsträgern vernetzt und können sich deshalb auch weniger gut gegenüber den Behörden behaupten.
Elternrechtsverbände beklagen ähnliche Tendenzen in Deutschland
Auch in Deutschland beklagen Elternrechtsaktivisten eine zunehmend geringere Hemmschwelle einiger Jugendämter bezüglich der Inobhutnahme von Kindern gegen den Willen der Eltern. Offiziellen Statistiken zufolge ist die Zahl der Inobhutnahmen Minderjähriger durch Jugendämter von 25 664 im Jahr 2005 auf 84 230 im Jahr 2016 angestiegen. Elternverbände meinen, die Eingriffsschwelle würde immer geringer und die Interventionen gingen weit über die tatsächliche Anzahl der Fälle von Gefahr oder Vernachlässigung hinaus.
Auch wenn die besonders hohen Zahlen der letzten Jahre ursächlich mit dem Zustrom unbegleiteter Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Afghanistan zusammenhängen, betrug die Anzahl der Kinder, die aus ihren Familien genommen wurden, bereits 2014, also im Jahr vor der Grenzöffnung, mehr als 48 000. Kinder aus christlichen Familien oder den größeren Einwanderermilieus wie Russen, Polen, Türken oder Rumänen sollen in überdurchschnittlichem Maße von Inobhutnahmen betroffen sein. Regierungen der betroffenen Länder hätten mehrfach offiziell Beschwerden eingelegt.
Wie das „Deutsch-Türkische Journal“ (DTJ) bereits vor einigen Jahren berichtete, kehren Erhebungen zufolge etwa 60 Prozent der Kinder, die durch das Jugendamt in Obhut genommen werden, nie wieder in ihre Familien zurück. In mehr als zwei Dritteln der Fälle seien die Gründe für die Wegnahme der Kinder nur vorgeschoben, heißt es aus Elternrechtsgruppen.
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