Nicaragua geht gegen letzte regierungskritische Zeitung vor
In Nicaragua sind die Behörden gegen die letzte verbliebene regierungskritische Zeitung vorgegangen. Die Polizei durchsuchte die Räumlichkeiten von „La Prensa“, bevor dann am Samstag ein hochrangiger Journalist des Blattes festgenommen wurde. Staatschef Daniel Ortega begründete das harte Vorgehen gegen andere Oppositionelle mit dem Kampf gegen den „Terrorismus“.
„La Prensa“ hatte nach eigenen Angaben bereits am Donnerstag ihren Betrieb eingestellt, weil die Zollbehörden den Import von Zeitungspapier verhindert hatten. Tags darauf nahmen die Behörden wegen Vorwürfen von „Zollbetrug und Geldwäsche“ die Razzia vor. Der Journalist Carlos Fernando Chamorro teilte später im Onlinedienst Twitter mit, dass sein Cousin und Kollege Juan Lorenzo Holmann festgenommen worden sei.
Die 95 Jahre alte „La Prensa“ gilt als letzte unabhängige Zeitung Nicaraguas. 2019 hatte das Blatt bereits zeitweise seine Druckausgabe eingestellt und dafür ebenfalls die Zollbehörden verantwortlich gemacht. In den vergangenen Jahren stellte bereits mehrere regierungskritische Zeitungen des zentralamerikanischen Landes ihren Betrieb ein, nachdem die Behörden systematisch die Belieferung mit Zeitungspapier behindert hatten.
Autoritärer Regierungsstil von linkem Staatschef
Der linksgerichtete Präsident Ortega steht seit Jahren wegen seines zunehmend autoritären Regierungsstils in der Kritik. Mit Blick auf die Wahl im November, bei der Ortega seine vierte Amtszeit in Folge anstrebt, verschärften die Behörden ihr Vorgehen gegen Regierungskritiker. In den vergangenen Wochen wurden mehr als 30 Oppositionspolitiker festgenommen.
Unter den Festgenommenen sind auch sieben potenzielle Präsidentschaftskandidaten. Eine von ihnen ist die stellvertretende Unternehmenschefin von „La Prensa“, Cristiana Chamorro, deren Familie die Zeitung besitzt.
Ortega warf den Festgenommenen am Freitag vor, im Vorlauf der Wahl eine „Welle des Terrorismus“ geplant zu haben. Der 75-jährige führte ins Feld, dass es im April 2018 einen ersten Versuch gegeben habe, ihn zu entmachten. Damals hatte es in Nicaragua Massendemonstrationen gegen seine Regierung gegeben, die von der Polizei gewaltsam unterdrückt wurden. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen starben dabei mehr als 300 Menschen.
2019 wurden dann im Rahmen einer Amnestie hunderte festgenommene Demonstranten freigelassen. Doch dies „hat ihnen nicht gereicht“, beklagte Ortega nun. „Sie haben sich weiter verschworen“ und würden nun darauf setzen, „Terrorismus“ zu verbreiten. Die Opposition arbeite dabei mit den USA zusammen.
„Staatliche Verfolgung der Presse“
Ortega, ein früherer Guerillakommandant, stand bereits von 1979 bis 1990 an der Staatsspitze Nicaraguas. Nach langer Abwesenheit von der Macht gelangte er dann 2007 durch Wahlen erneut ins Präsidentenamt, seither wurde er zwei Mal wiedergewählt.
Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (IACHR) und ihr Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit kritisierten das Vorgehen der nicaraguanischen Behörden gegen die Medien als „staatliche Verfolgung der Presse“. Direkter oder indirekter Druck auf die Medien, „beeinträchtigt die demokratische Debatte und ist mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung unvereinbar“, erklärte die IACHR auf Twitter. (afp/oz)
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