Rumänien: Neue Massenproteste gegen Regierung – Polizei hielt sich am 11. August zurück + Video
Zehntausende Rumänen haben am Samstagabend erneut in mehreren Städten des Landes gegen die sozialliberale Regierung in Bukarest und Korruption in Rumänien protestiert.
Einen Tag nach Protesten mit 80.000 Teilnehmern forderten die Demonstranten den Rücktritt der Regierung. Auch müssten die Verantwortlichen für den massiven Polizeieinsatz am Vortag bestraft werden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Mediafax waren am Freitag 452 Menschen verletzt worden, unter ihnen 35 Polizisten.
Lautstark riefen die Teilnehmer Parolen wie „Gerechtigkeit statt Korruption!“, „Schande!“ und „Wir gehen erst, wenn ihr gegangen seid!“.
LIVESTREAM vom 11. August:
Ein Bild vom 11. August 2018:
Die Kundgebungen am Samstagabend verliefen weitgehend ohne Zwischenfälle. Außer in Bukarest protestierten Tausende in Städten wie Timisoara (Temeswar), Sibiu (Hermannstadt), Brasov (Kronstadt), Cluj-Napoca und Iasi.
Während in Bukarest nach Angaben der Agentur Agerpres knapp 25.000 Demonstranten vor dem Regierungsgebäude aufmarschiert waren, gingen in Iasi etwa 10.000 Menschen auf die Straße.
Aus Timisoara wurden von den Organisatoren 8000 Teilnehmer der Proteste gemeldet, aus Sibiu etwa 5000. Protestkundgebungen wurden aus einer Vielzahl anderer Städte gemeldet.
Proteste gegen Korruption in der Regierung
Seit Februar 2017 demonstrieren die Bürger in Rumänien immer wieder gegen die von den Sozialdemokraten (PSD) geführte Regierung, weil diese die Bekämpfung der Korruption zunehmend erschwert. Offenbar will sie damit ihre eigenen, in korrupte Machenschaften verstrickten Politiker schützen.
Am Freitagabend waren die bislang friedlichen Proteste in Bukarest erstmals von Gewaltausbrüchen begleitet. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken, den auch eine große Zahl friedlicher Demonstranten zu spüren bekam.
Hintergrund
Die regierenden Sozialdemokraten wollen die Gesetze zur Korruptionsbekämpfung lockern und das Justizsystem umbauen. Kritiker werfen der Regierung vor, dadurch die Tür für noch mehr Korruption in Rumänien zu öffnen, das ohnehin als eines der korruptesten EU-Länder gilt.
Im Juli sprach sich eine Mehrheit im Parlament für die Lockerung der Korruptionsbekämpfung aus – trotz vieler Warnungen aus dem In- und Ausland. Zuvor war auf Druck der Regierung die angesehene Vorsitzende der unabhängigen Anti-Korruptions-Behörde entlassen worden.
Erst Anfang Juli war die angesehene Sonderstaatsanwältin Laura Kövesi auf Betreiben der Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila entlassen worden. Kövesi hatte zahlreiche Politiker der Korruption überführt und ins Gefängnis gebracht. Dancila gilt wiederum als Marionette des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea. Er kann derzeit nicht selbst Ministerpräsident werden, weil er wegen der Manipulation von Wahlen vorbestraft ist, kontrolliert aber die Regierung.
Treibende Kraft hinter den Gesetzesänderung ist der Parteichef der regierenden Sozialdemokraten, Liviu Dragnea. Infolge einer Verurteilung wegen Wahlbetrugs durfte Dragnea selbst nicht das Amt des Ministerpräsidenten antreten.
Dragnea reagierte am Samstag auf Iohannis‘ Kritik: Der Präsident instrumentalisiere die Vorkommnisse und „stachelt die Bevölkerung gegen die Sicherheitskräfte auf“.
Präsident Iohannis ist ein Gegenspieler der Regierung, er hat sich den Kampf gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit auf die Fahnen geschrieben. Auch die EU mahnt Rumänien regelmäßig zu einem entschlosseneren Vorgehen gegen die Korruption.
Staatspräsident Klaus Iohannis verurteilte den Polizeieinsatz als unverhältnismäßig und forderte eine staatsanwaltliche Untersuchung der Vorfälle. Innenministerin Carmen Dan begründete am Samstag auf einer Pressekonferenz in Bukarest das Vorgehen der Polizei damit, dass diese mit gefährlichen Gewalttätern konfrontiert gewesen sei. (dpa)
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