Nawalny: „Wenn Angst überwunden, kann Heimatland von dieser Diebesbande befreit werden“
Trotz des massiven Vorgehens des russischen Sicherheitsapparates hat der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny seine Anhänger dazu aufgerufen, den Druck aufrechtzuerhalten.
Die Herrschenden könnten sich nur solange an der Macht halten, wie sie sich auf die Angst der Russen verlassen könnten, schrieb Nawalny am Donnerstag im Online-Dienst Instagram.
Auch von russischen Medien kam ungewohnt deutliche Kritik am harten Vorgehen der Sicherheitskräfte bei den Demos gegen Präsident Wladimir Putin.
„Wenn wir diese Angst überwinden, können wir unser Heimatland von dieser Bande aus Dieben befreien“, schrieb Nawalny. „Lasst es uns tun. Wir müssen es tun.“
Moskau. pic.twitter.com/DKIcLFwal5
— Thielko (@ThielkoGriess) February 2, 2021
Nawalny: „Gesetzlosigkeit, ist Putins Rache an mir persönlich“
Er äußerte sich erstmals öffentlich, seit ein Gericht in Moskau am Dienstag eine bereits verhängte Bewährungsstrafe aus dem Jahr 2014 in knapp drei Jahre Strafkolonie umgewandelt hatte.
Am Freitag steht ihm ein weiterer Prozess bevor, bei dem ihm wegen „Verleumdung“ eines Weltkriegsveteranen fünf Jahre Haft drohen.
„Die eindeutige Gesetzlosigkeit, der ich von dem Moment an ausgesetzt war, als ich aus dem Flugzeug stieg, ist Putins Rache an mir persönlich“, schrieb der 44-Jährige.
Nawalny war Mitte Januar bei seiner Rückkehr nach Moskau festgenommen worden. Er war zuvor in Deutschland nach einem Giftanschlag behandelt worden, für den er die russische Regierung verantwortlich macht. Der Anti-Korruptions-Aktivist ist der prominenteste Kritiker des russischen Präsidenten.
Für Nawalnys Freilassung und gegen Kreml-Chef Putin waren zuletzt in ganz Russland zehntausende Menschen auf die Straße gegangen.
Laut der Nichtregierungsorganisation OWD-Info wurden seit Beginn der Protestwelle mehr als 11.000 Menschen festgenommen. Nawalny wirft den russischen Behörden vor, Oppositionelle durch das harte Vorgehen einschüchtern zu wollen.
Russische Presse: Massenfestnahmen und Gewalt dürften „nicht zur Norm in unserem Land werden“
Die Festnahme des Chefredakteurs der Nachrichtenplattform „Mediasona“, Sergej Smirnow, sei ein „Einschüchterungsversuch“ gegenüber allen Journalisten, schrieb unter anderem die Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag.
Smirnow hatte zuvor eine Twitter-Botschaft weiterverbreitet, die neben satirischer Bemerkungen auch einen Aufruf zur Teilnahme an den Protesten für Nawalny beinhaltete.
„Das Problem beschränkt sich nicht auf die Presse“, schrieb die Zeitung, die einem Putin-Vertrauten gehört. „In den vergangenen Wochen wurden wir Zeugen eines extrem harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten.“
Massenfestnahmen und Gewalt dürften „nicht zur Norm in unserem Land werden“. Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und prominente Aktivisten zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung besorgt angesichts der „beispiellosen Eskalation unbegründeter Gewalt“.
Die Wirtschaftszeitung „RBC“ schrieb, ihre Reporter hätten während der Proteste „Festnahmen und Gewaltanwendung“ gegen Medienvertreter beobachtet. Die Justizbehörden müssten die Festnahme Smirnows und anderer Journalisten öffentlich erklären, forderte das Blatt.
Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und prominente Aktivisten zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung besorgt angesichts der „beispiellosen Eskalation unbegründeter Gewalt“. „Niemals in der modernen Geschichte Russlands hat es eine so große Zahl an Menschen gegeben, die geschlagen, verhaftet oder festgenommen wurden.“
Borrell trifft Lawrow
Der Umgang mit Regierungskritikern überschattet auch den Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, der am Freitag den russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen wollte. Borrell ist der erste EU-Außenbeauftragte seit 2017, der Russland besucht. Schon im Vorfeld hatte der Spanier angekündigt, dem Kreml „klare Botschaften“ zu überbringen.
Am Mittwoch hatten die EU-Regierungen über eine gemeinsame Erklärung zu Moskaus Vorgehen gegen Nawalny gestritten. Sie einigten sich dann zwar auf die erneute Forderung nach einer sofortigen Freilassung des Oppositionspolitikers, ihre gemeinsame Erklärung enthielt aber keine direkte Drohung mit Sanktionen.
Der Kreml betonte, dass sich Borrell in Sachen Nawalny keine Illusionen machen solle. Moskau sei bereit, über alles zu sprechen, aber nicht, sich zu Nawalny „Ratschläge anzuhören“.
Tichanowskaja: „[Probleme] auf zivilisierte Weise lösen, ohne Schlagstöcke oder Elektroschocker“
Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja rief die Führung in Moskau auf, „auf das Volk zu hören“.
Es sei wichtig, auf die Forderungen der Menschen acht zu geben, „herauszufinden, was schief läuft und zu versuchen, dies auf zivilisierte Weise zu lösen, ohne Schlagstöcke oder Elektroschocker“, sagte die im Exil lebende Ex-Präsidentschaftskandidatin in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Frühere polnische Präsident nominiert Nawalny für den Friedensnobelpreis
Unterdessen nominierte der frühere polnische Präsident Lech Walesa Nawalny für den Friedensnobelpreis. Seinem Sekretär zufolge schickte der 77-Jährige einen entsprechenden Brief an das Nobelkomitee.
Walesa, der den Preis selbst 1983 für seinen friedlichen Kampf gegen den Kommunismus in Polen erhalten hatte, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Nawalny habe die Auszeichnung für seinen Mut in seiner Arbeit gegen Korruption und für politischen Pluralismus verdient. (afp)
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