Nawalny: Polizeigewalt in St. Petersburg? – Über 3.300 Festnahmen – Proteste auch in Berlin
+++ Newsticker +++
10:12 Uhr: Zahl der Festnahmen erhöht sich auf mehr als 3.300
Bei den landesweiten Protesten von Anhängern des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in Russland am Samstag sind laut einer Bilanz von Bürgerrechtlern mehr als 3.300 Menschen festgenommen worden. Allein in der Hauptstadt Moskau habe es 1320 Festnahmen gegeben, teilte die Organisation OWD Info am Sonntag mit.
Landesweit seien mindestens 3.324 Menschen von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, teilte OWD Info mit. Insgesamt hatten sich Menschen in mehr als hundert russischen Städten an den Protesten beteiligt, zu denen Nawalny aufgerufen hatte.
Mehrere Demonstranten wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft von Sankt Petersburg, wo laut OWD Info 490 Menschen festgenommen waren, erklärte am Samstag, sie gehe Hinweisen zu Polizeigewalt bei der Kundgebung nach.
Hintergrund ist ein in örtlichen Medien veröffentlichtes Video, das eine Protest-Teilnehmerin mittleren Alters zeigt, die von einem Polizisten in den Bauch getreten wird und daraufhin zu Boden fällt. Nach Angaben eines Krankenhausvertreters erlitt die Frau bei dem Vorfall Kopfverletzungen und befindet sich auf der Intensivstation. „Ihr Zustand ist ernst“, sagte der Krankenhausvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
6:45 Uhr: Zusammenfassung – bis 300.000 Demonstranten unterwegs
Zehntausende Menschen folgten am Samstag dem Protestaufruf des Oppositionellen, protestierten gegen Präsident Wladimir Putin und forderten Nawalnys Freilassung. In Moskau und anderen Großstädten ging die Bereitschaftspolizei gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Die EU und die USA kritisierten das harte Vorgehen der Sicherheitsbehörden scharf.
Die größten Kundgebungen fanden nach Schätzungen von AFP-Journalisten in Moskau und St. Petersburg mit jeweils rund 20.000 Teilnehmern statt. Die Polizei in Moskau sprach von 4000 Demonstranten, demnach wurden rund 40 Polizisten leicht verletzt.
Auch in rund hundert anderen Städten gingen Unterstützer Nawalnys auf die Straße. Größere Demonstrationen und gewaltsame Festnahmen gab es auch in Wladiwostok und Chabarowsk im Fernen Osten. Kundgebungsteilnehmer riefen „Putin – Dieb!“, „Nawalny – wir sind bei dir!“ und „Freiheit für die politischen Gefangenen!“
Im Herbst sind in Russland Parlamentswahlen geplant, die Kreml-Partei Geeintes Russland hat massiv an Unterstützung verloren.
Leonid Wolkow, ein Mitarbeiter Nawalnys, erklärte im Youtube-Kanal Nawalny Live, landesweit seien „250.000 bis 300.000 Menschen“ auf die Straße gegangen. Er kündigte für das kommende Wochenende neue Proteste an.
„Putin und die Oligarchen haben Angst, ihre Pfründe zu verlieren“, sagte die 71-jährige Rentnerin Vera Spiwakowa in Moskau. Dort gingen Polizisten am Nachmittag wiederholt mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, die Schneebälle, aber auch andere Gegenstände warfen.
Proteste vor dem berüchtigten Gefängnis Tischina
Am frühen Abend zogen hunderte Anhänger Nawalny zum berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Matrosskaja Tischina, in dem Nawalny festgehalten wird. In Sprechchören riefen sie „Freiheit!“, wie ein AFP-Reporter berichtete. Einige Demonstranten wurden festgenommen, mit Schlagstöcken traktiert und vertrieben.
Die Nichtregierungsorganisation OWD Info teilte am Abend mit, in der Hauptstadt Moskau hätten Sicherheitskräfte mindestens 952 Menschen festgenommen, im ganzen Land seien 2509 Festnahmen gezählt worden. Auch Nawalnys Frau Julia Nawalnaja wurde in Moskau in Gewahrsam genommen, kam mehrere Stunden später aber wieder frei.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte auf Twitter die massenhaften Festnahmen sowie „den unangemessenen Einsatz von Gewalt“. Er kündigte an, die EU-Außenminister würden am Montag die nächsten Schritte diskutieren.
US-Regierung kritisiert Vorgehen der Sicherheitskräfte
Die US-Regierung kritisierte das „harsche Vorgehen“ der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und Journalisten scharf und rief die russischen Behörden auf, „all diejenigen freizulassen, die ihre universellen Rechte ausgeübt haben“. Auch die kanadische Regierung äußerte sich „zutiefst besorgt“ und forderte die „sofortige Freilassung“ der Festgenommenen.
Die russische Regierung warf US-Diplomaten vor, sich in die Massenproteste aktiv eingeschaltet zu haben. Die US-Botschaft in Moskau habe Marschrouten veröffentlicht, die von den Anhängern Nawalnys genutzt werden konnten, schrieb die Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook.
Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er am Sonntag vergangener Woche unmittelbar nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland festgenommen worden war. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen. Nawalny macht für den Mordanschlag den Kreml verantwortlich.
Nawalny und seine Anhänger werfen dem Kreml unter anderem Korruption vor. Diese Woche hatte Nawalnys Team eine Recherche über einen Luxus-Palast veröffentlicht, der angeblich Putin gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein soll. Das Video wurde seit Dienstag mehr als 70 Millionen Mal auf Youtube angesehen. Der Kreml hat die in dem Video erhobenen Vorwürfe bestritten.
Auch in Deutschland gingen Menschen wegen Nawalny auf die Straße
23. Januar 2021
EU verurteilt Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die harte Reaktion der russischen Sicherheitskräfte auf die Proteste der Anhänger von Kreml-Kritiker Alexander Nawalny verurteilt. Er verfolge „die Entwicklung der Ereignisse in Russland mit Sorge“, erklärte Borrell am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter und kritisierte die zahlreichen Festnahmen sowie „den unangemessenen Einsatz von Gewalt“ während der landesweiten Proteste.
Zehntausende Menschen folgten am Samstag einen landesweiten Protestaufruf Nawalnys und forderten die Freilassung des Oppositionellen. Mehr als 2000 Menschen wurden nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD Info festgenommen. In Moskau und weiteren großen Städten gingen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor.
„Wir werden am Montag die weiteren Schritte mit den EU-Außenministern diskutieren“, erklärte Borrell. Die EU fordert von Russland die Freilassung Nawalnys und zudem eine unabhängige und transparente Untersuchung zu dem Giftanschlag. Mehrere EU-Mitgliedstaaten fordern neue Sanktionen gegen Russland, diese müssen jedoch einstimmig verabschiedet werden.
Mehr als 2.000 Festnahmen bei Protesten von Nawalny-Anhängern gegen Putin
Bei landesweiten Protesten von zehntausenden Anhängern des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin sind am Samstag mehr als 2000 Kundgebungsteilnehmer festgenommen worden. Demonstranten wurden von der Bereitschaftspolizei abgeführt und mit Schlagstöcken traktiert. Auch Nawalnys Frau Julia Nawalnaja wurde vorübergehend festgenommen, sie kam am Nachmittag wieder frei.
Die größten Kundgebungen fanden nach Schätzungen von AFP-Journalisten in Moskau mit rund 20.000 Teilnehmern und in St. Petersburg mit mehr als 10.000 Menschen statt. Nawalnys Team verbreitete den ganzen Tag über Videos von Kundgebungen, die in den verschiedensten Landesteilen stattfanden. Kundgebungsteilnehmer riefen „Putin – Dieb!“, „Nawalny – wir sind bei dir!“ und „Freiheit für die politischen Gefangenen!“ Es waren die größten Kundgebungen seit dem Sommer 2019, als Nawalny aus Anlass der Kommunalwahlen eine Protestwelle auslöste.
In Moskau nahmen die Sicherheitskräfte fast 800 Menschen fest, im gesamten Land waren es nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD Info mindestens 2131. Auch die bekannte Aktivistin Ljubow Sobol wurde festgenommen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte, viele „friedliche“ und junge Demonstranten seien willkürlich geschlagen und festgenommen worden.
Russland beschuldigt USA
In Moskau zog ein Teil der Demonstranten am Nachmittag zum Kreml. Die russische Regierung warf US-Diplomaten vor, sich in die Massenproteste aktiv eingeschaltet zu haben. Die US-Botschaft in Moskau habe Marschrouten veröffentlicht, die von den Anhängern Nawalnys genutzt werden konnten, schrieb die Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook. „Das werden die US-Kollegen erklären müssen.“ Sie hätten auch Informationen über einen „Marsch auf den Kreml“ verbreitet.
Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er am Sonntag vergangener Woche unmittelbar nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland festgenommen worden war. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen. Nawalny macht für den Mordanschlag den Kreml verantwortlich.
Nawalny in Hochsicherheitsgefängnis
Der 44-Jährige sitzt nun im berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Matrosskaja Tischina, in dem bereits mehrere Oppositionelle zu Tode kamen. Nawalnys enger Verbündeter Leonid Wolkow sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, es sei in Russland schon vorgekommen, dass Oppositionelle zwei Mal hintereinander vergiftet worden seien. Die russische Zivilbevölkerung rief er deshalb zum Protest auf. „Der einzige Schutz“ für Nawalny seien „maximale Sichtbarkeit und Unterstützung in der Bevölkerung“.
Landesweit folgten am Sonntag zahlreiche Menschen Nawalnys Aufruf zum Protest. Die ersten Kundgebungen fanden im Fernen Osten Russlands und in Sibirien statt, wo nach OWD-Angaben etwa 200 Menschen festgenommen wurden. Im nordrussischen Jakustk trotzten Demonstranten extrem winterlichen Temperaturen von minus 50 Grad und gingen für Nawalnys Freilassung auf die Straße. Kundgebungen von Nawalny-Unterstützern gab es auch in Estland und Litauen.
Nawalny und seine Anhänger werfen dem Kreml unter anderem Korruption vor. Diese Woche hatte Nawalnys Team eine Recherche über einen Luxus-Palast veröffentlicht, der angeblich Putin gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein soll. Das Video wurde seit Dienstag fast 68 Millionen Mal angesehen. Der Kreml hat die in dem Video erhobenen Vorwürfe bestritten.
Protest in Moskau im Livestream:
Landesweite Massenproteste für Nawalny-Freilassung und gegen Staatschef Putin
Noch vor dem offiziellen Beginn eines Demonstrationszuges in Moskau nahm die Polizei etwa 20 Menschen in Gewahrsam, wie AFP-Reporter am Samstag berichteten. Auch im Osten Russlands lösten die Sicherheitskräfte nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD Proteste auf und nahmen rund 200 Menschen fest. Die Demonstrationen richteten sich gegen die Inhaftierung Nawalnys sowie gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin.
Nawalny war am vergangenen Sonntag direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Moskau festgenommen worden. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag mit einer Substanz aus der Nowitschok-Gruppe im August behandelt worden, für den der Oppositionelle den Kreml verantwortlich macht. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.
Erste Proteste fanden am Samstag im Fernen Osten Russlands und in Sibirien statt. In der Pazifikküstenmetropole Wladiwostok versammelten sich die Demonstranten im Zentrum und riefen: „Freiheit für Nawalny“ und „Putin ist ein Dieb“. Auf Video-Aufnahmen der Nachrichtenagentur AFP waren Polizisten in voller Kampfausrüstung zu sehen, die zum Teil mit Schlagstöcken auf Demonstranten einschlugen. Auch in Jakutsk gingen Menschen auf die Straße – trotz Temperaturen von minus 50 Grad.
In Moskau sollte eine Demonstration für Nawalny um 14.00 Uhr (Ortszeit; 12.00 Uhr MEZ) beginnen. Die Demonstranten wollten sich am zentral gelegenen Puschkin-Platz treffen und von dort zum Kreml ziehen. Auch Nawalnys Frau Julia kündigte ihre Teilnahme an dem Demonstrationszug an. „Für mich, für ihn, für unsere Kinder, für die Werte und Ideale, die wir teilen“, schrieb sie im Online-Dienst Instagram.
Das Video zeigt die Festnahme einer Nawalny-Verbündeten der Anwältin Lyubov Sobol, während eines Gesprächs in Moskau:
Как задерживали Любовь Соболь.
Прямая трансляция протестов: https://t.co/7SR1VNjCr6 pic.twitter.com/OwMtvg4cF4
— Настоящее Время (@CurrentTimeTv) January 23, 2021
In St. Petersburg konnten Demonstranten eine Polizeikette durchbrechen.#NavalnyProtests #Russia #Russland #StPetersburg pic.twitter.com/eZboGynjoT
— BlxckMosquito (@BlxckMosquito) January 23, 2021
In Jakutsk ist heute -50. Die Menschen haben sich trotzdem versammelt. #Russland #23январяЗаСвободу https://t.co/7aU1daAsNS
— Luecken ?♥️? (@Luecken1) January 23, 2021
In Wladiwostok:
В том же Владивостоке полиция очень жестко обращается с протестующими. По данным «Радио Свобода», замечены случаи применения дубинок и избиения участников акций pic.twitter.com/aEzTUWMpKR
— Znak.com (@znak_com) January 23, 2021
Bereits vor dem offiziellen Beginn der Demonstration ging die Polizei gegen Protestteilnehmer vor. AFP-Reporter sahen, wie Sicherheitskräfte Menschen Handschellen anlegten und in Gefangenentransporter abführten. (afp/er)
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