Nato wappnet sich für Ende des INF-Vertrags mit Russland
Die Nato wappnet sich für das Auslaufen des INF-Abrüstungsvertrags zu atomwaffenfähigen Mittelstreckenraten mit Russland. Die Verteidigungsminister des Bündnisses starteten am Mittwoch Beratungen über die Frage, wie die Militärallianz auf die Bedrohung durch russische Raketen reagieren soll.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nannte dabei die Stationierung neuer konventioneller Waffensysteme in Europa als Option. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wollte auch Atomwaffen nicht ausdrücklich ausschließen.
„Unser Hauptfokus ist es, den Vertrag zu erhalten“, sagte Stoltenberg. Er kündigte dazu Gespräche mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow Ende der Woche bei der Münchner Sicherheitskonferenz an.
Stoltenberg bezeichnet Folgen eines Scheiterns des Vertrags als „sehr ernst“
Stoltenberg verwies darauf, dass der INF-Vertrag nach der Aufkündigung durch die USA und Russland Anfang Februar erst in sechs Monaten unwirksam wird. Damit gebe es für Russland bis Anfang August „ein Fenster“, um sich wieder an seine Bestimmungen zu halten. Diplomaten im Bündnis hielten es aber für unwahrscheinlich, dass Russland einlenken werde.
Stoltenberg bezeichnete die Folgen eines Scheiterns des Vertrags als „sehr ernst“. Die Nato wolle aber „kein neues Wettrüsten“, sagte er. Ihre Reaktion werde „angemessen und defensiv“ ausfallen. Das Bündnis müsse dabei nicht spiegelbildlich „Rakete für Rakete, Flugzeug für Flugzeug“ gegenüber Russland nachziehen.
Die Stationierung neuer konventioneller Waffen in Europa sei eine von vielen Optionen, sagte der Generalsekretär. Er bekräftigte, das Bündnis habe „nicht die Absicht, neue landgestützte Atomraketen in Europa zu stationieren“.
Von der Leyen zufolge wird ein „breiter Mix von Maßnahmen“ beraten. Zu der offenen Diskussion gehöre, „weder auszuschließen noch zu hierarchisieren noch einzuschließen“, sagte sie auf eine Frage nach Atomwaffen. Es gehe aber „nicht nur um rein militärische Fragen (…), sondern auch um wirtschaftliche Fragen, um politische Fragen“. Die Ministerin verwies auch auf eine mögliche Einbeziehung Chinas in Abrüstungsgespräche.
Nato wirft Moskau vor INF-Abkommen zu verletzen
Der INF-Vertrag von 1987 verbietet landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können. Die USA und die Nato werfen Moskau vor, das Abkommen mit dem Marschflugkörper 9M729 (Nato-Bezeichnung SSC-8) zu verletzen. Moskau beschuldigt das Bündnis seinerseits, sich nicht an den Vertrag zu halten.
Bei dem zweitägigen Treffen ging es auch um die Erhöhung der Nato-Einsatzbereitschaft. Auf Druck der USA hatte das Bündnis vergangenes Jahr die „4×30“-Initiative beschlossen: 30 Schiffe oder U-Boote, 30 „schwere oder mittlere“ Heeres-Bataillone und 30 Flugzeug-Staffeln sollen binnen „30 Tagen oder weniger“ verlegbar sein.
Die USA drängen dabei inzwischen sogar auf eine Einsatzbereitschaft der für größere Konflikte geplanten Reservekräfte binnen zehn Tagen ab dem Jahr 2020. Frankreich und Deutschland sprechen sich dagegen für einen abgestuften Einsatzplan mit längerem Vorlauf aus.
Beim Abendessen sollte es erneut um das Streitthema Verteidigungsausgaben gehen. US-Präsident Donald Trump pocht darauf, dass alle Nato-Staaten bis 2024 „mindestens“ zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Er hat das wirtschaftsstarke Deutschland immer wieder kritisiert, weil es bisher nur auf 1,24 Prozent kommt. Bis 2024 will Berlin nun 1,5 Prozent erreichen. (afp)
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