Nato verlegt Einheiten zur Abschreckung Russlands
Die NATO verlegt zur Abschreckung Russlands Einheiten ihrer schnellen Einsatztruppe NRF. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der 30 Bündnisstaaten an.
Wohin die Einheiten verlegt werden, sagte er zunächst nicht. Er sprach lediglich von mehreren Tausend Soldaten, die auf dem Land, auf der See und in der Luft im Einsatz sein sollten.
Nach Informationen der „Deutschen Presse-Agentur“ könnten Bodentruppen in das südwestlich der Ukraine gelegene Rumänien geschickt werden. Ohnehin geplant ist, NRF-Enheiten zu einer Übung in das an Russland grenzende NATO-Land Norwegen zu entsenden.
Es sei das erste Mal, dass Teile der NRF im Zuge der Abschreckung und Verteidigung des Bündnisgebiets verlegt würden, sagte Stoltenberg. Die Staats- und Regierungschefs der 30 Mitgliedstaaten betonten in einer Erklärung, die Maßnahmen seien „präventiv, verhältnismäßig und nichteskalierend.“
Scholz betont Notwendigkeit der Truppenverlegung
Bundeskanzler Olaf Scholz hat betonte die Notwendigkeit, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine weitere Truppen der Allianz in die östlichen Mitgliedstaaten zu schicken. Damit werde dem Sicherheitsbedürfnis der NATO-Partner Rechnung getragen, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag nach den Beratungen im Namen des Kanzlers. Präsident Putins durch nichts zu rechtfertigender Angriff auf die Ukraine treffe auf die scharfe Ablehnung aller NATO-Partner. Damit stelle Russland die europäische Friedensordnung zur Disposition.
NATO-Russland-Akte hinfällig?
Stoltenberg antwortete ausweichend auf die Frage, ob das Militärbündnis die NATO-Russland-Grundakte nun für obsolet hält. „Das ist die Realität: Die NATO-Russland-Grundakte funktioniert nicht, weil eine Seite, Russland, sie über viele Jahre hinweg verletzt hat“, sagte er.
Die NATO-Russland-Grundakte wurde 1997 von beiden Seiten geschlossen und regelt die gegenseitigen Beziehungen, die Zusammenarbeit und die Sicherheit zwischen den NATO-Staaten und Russland. Über sie hat sich die NATO unter anderem verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung „substantieller Kampftruppen“ im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten. Auch bekräftigen die NATO-Staaten, dass sie nicht die Absicht haben, Atomwaffen bei neuen Bündnismitgliedern zu stationieren.
Wenn man eine Grundakte zwischen zwei Partnern habe und eine Seite das Abkommen nicht respektiere, funktioniere das Abkommen nicht, sagte er. „Es hilft uns nicht, unsere Beziehung zu Russland zu verbessern.“ In der Abschlusserklärung der Videokonferenz vom Freitag heißt es, Russland sei „derjenige, der sich von seinen Verpflichtungen im Rahmen dieser Akte zurückgezogen“ habe.
Kollektive Verteidigung der Alliierten
Die Staats- und Regierungschefs der 30 NATO-Staaten brachten in dem Sondergipfel ihre feste Entschlossenheit zur kollektiven Verteidigung der Alliierten zum Ausdruck. „Unser Bekenntnis zu Artikel 5 des Vertrags von Washington ist unerschütterlich. Wir stehen zum Schutz und zur Verteidigung aller Verbündeten zusammen“, hieß es am Freitag in der gemeinsamen Abschlusserklärung eines NATO-Sondergipfels.
„Wir werden tun, was notwendig ist, um jeden Verbündeten und jedes Stück NATO-Gebiet zu beschützen und zu verteidigen“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Er hatte den Gipfel nach der russischen Invasion in die Ukraine kurzfristig einberufen, um sich per Video über die aktuelle Situation auszutauschen und zu besprechen, wie die NATO auf die veränderte Sicherheitslage reagieren muss.
Verteidigungspläne aktiviert
„Wir werden weiterhin alle erforderlichen Maßnahmen und Entscheidungen treffen, um die Sicherheit und Verteidigung aller Verbündeten sicherzustellen“, heißt es in der Erklärung. Der Text verweist unter anderem darauf, dass man die Verteidigungspläne für Osteuropa aktiviert sowie die Ostflanke verstärkt habe.
„Wir werden alle erforderlichen Kräfte verlegen, um jetzt und in Zukunft eine starke und glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung im Bündnis zu gewährleisten“, heißt es. Zugleich wird betont, dass alle Maßnahmen „präventiv, verhältnismäßig und nichteskalierend“ bleiben.
Die russische Invasion in die Ukraine wird von den Staats- und Regierungschefs erneut auf das Schärfste verurteilt. Die NATO-Staaten rufen Russland dazu auf, den militärischen Angriff umgehend einzustellen. Der Frieden auf dem europäischen Kontinent sei in seinen Grundfesten erschüttert. „Russland trägt die volle Verantwortung für diesen Konflikt.“
Das Vorgehen Russlands sei zudem eine „eklatante Ablehnung der in der NATO-Russland-Grundakte verankerten Grundsätze“. Russland sei derjenige, der sich von seinen Verpflichtungen aus diesem Abkommen von 1997 zurückziehe. Der Angriff auf die Ukraine sei „ein furchtbarer strategischer Fehler, für den Russland noch lange Jahre einen empfindlichen Preis zahlen wird, sowohl wirtschaftlich als auch politisch“.
Polen und Tschechien sperren Luftraum für Russland
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine eine Sperre des polnischen Luftraums für russische Flugzeuge angekündigt. „Ich habe die Vorbereitung einer Entschließung des Ministerrats in Auftrag gegeben, die zur Sperre des Luftraums für russische Fluglinien führen wird“, schrieb der nationalkonservative Politiker am Freitag auf Twitter. Der TV-Nachrichtensender TVN24 berichtete anschließend unter Berufung auf Regierungssprecher Piotr Mueller, ein entsprechendes Gesetz solle bereits ab Mitternacht wirksam werden.
Tschechien schließt sich dem polnischen Schritt an, wie Ministerpräsident Petr Fiala nach einer Kabinettssitzung am Freitag sagte. Das Verkehrsministerium in Prag teilte mit, dass russische Linien ihren Flugverkehr von und nach Tschechien einstellen müssen. Dies gelte bereits ab Mitternacht in der Nacht zu Samstag. Unterdessen kündigte die staatliche tschechische Eisenbahn an, zwei Züge an die polnisch-ukrainische Grenze zu schicken, die Flüchtlinge aufnehmen können.
Italien stellt 3400 Soldaten in Aussicht
Italien stellt der NATO rund 3400 zusätzliche Soldaten für die Sicherung im Osten zur Verfügung. Das sagte Ministerpräsident Mario Draghi am Freitag in einer Rede vor dem Parlament in Rom. Etwa 1400 Männer und Frauen könne das Mittelmeerland in Heer, Marine und Luftwaffe aufbieten, dazu kämen 2000 weitere Personen des Militärs. Die Soldaten und Soldatinnen würden vom Oberbefehlshaber der NATO koordiniert, hätten aber keine Befugnis, die Grenzen der Staaten des Militärverbundes zu überschreiten. Aktuell seien rund 240 Italiener an NATO-Stützpunkten in Lettland und Rumänien im Einsatz.
Verstärkung für NATO-Truppe in Estland angekommen
In Estland sind die ersten britischen Soldaten und Lastwagen mit zusätzlicher Ausrüstung zur Verstärkung des NATO-Bataillons in dem baltischen EU- und NATO-Land eingetroffen. Ein Konvoi mit sechs Kampfpanzern und weiteren Militärfahrzeugen kam am Freitag auf dem Militärstützpunkt Tapa an, wie die estnische Armee mitteilte. Dort werden sie Teil des seit 2017 stationierten NATO-Gefechtsverbands zur Abschreckung Russlands.
Großbritannien hatte zuvor eine Verstärkung des Gefechtsverbandes angekündigt. London wird dazu gut 850 zusätzliche Soldaten und Ausrüstung nach Estland entsenden – und damit das britische Truppenkontingent in etwa verdoppeln. Die Einheiten werden vom britischen Truppenstandort in Sennelager bei Paderborn über Polen, Litauen und Lettland in das an Russland grenzende Estland verlegt. (dpa/red)
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