Bündnisfall im Mittelmeer: Nato soll die Grenzen sichern

Zur Eindämmung der Flüchtlingskrise haben sich die Nato-Länder auf den Einsatz in der Ägäis geeinigt. Aus Seenot gerettete Flüchtlinge sollen in der Regel in die Türkei zurückgebracht werden. Derzeit steht der Einsatz unter deutscher Führung. Mit dieser Vereinbarung will die Nato Migranten jeden Anreiz nehmen, sich auf die Überfahrt zu begeben und damit auch das Geschäftsmodell der Schlepper zerstören.
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Der Einsatzgruppenversorger «Bonn» vom Typ EGV 702 (Berlin-Klasse) läuft in Wilhelmshaven aus dem Marinestützpunkt aus.Foto: Carmen Jaspersen/Archiv/dpa
Epoch Times25. Februar 2016

Seit vergangener Woche sind Nato-Schiffe in der Ägäis. In der Nacht zum Donnerstag einigten sichVertreter der Bündnisstaaten in Brüssel auf die Richtlinien für die Beobachtung der türkischen und griechischen Seegebiete. Zudem legten sie fest, dass der unter deutscher Führung stehende Nato-Marineverband SNMG 2 aus Seenot gerettete Flüchtlinge in der Regel in die Türkei zurückbringt.

Mit dieser Vereinbarung will die Nato Migranten jeden Anreiz nehmen, sich auf die gefährliche Überfahrt zu begeben und damit auch das Geschäftsmodell der Schlepper zerstören. Die Nato werde bei der Ausübung ihrer Aufgaben nationales und internationales Recht befolgen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Damit könnten einzelne Länder, die Schiffe für den Einsatz stellen, und die Türkei nicht für einen sicheren Drittstaat halten, theoretisch von dem Bündnis-Grundsatz abweichen.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begrüßte die Einigung. „Die Nato verfügt über herausragende Aufklärungsmöglichkeiten. Sie kann damit einen wertvollen Beitrag leisten, dass die zuständigen Küstenwachen vor Ort und Frontex im Kampf gegen die Schlepper und Schleuser in der Ägäis erfolgreich sind“, sagte sie.

Die Türkei ist wichtigster Zufluchtsort und auch wichtigstes Transitland für Flüchtlinge aus Syrien. Beim Versuch, von dort nach Griechenland zu kommen, sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mindestens 411 Menschen seit Jahresbeginn ertrunken oder vermisst.

Hauptziel: Informationen über Schleuserbanden sammeln – die Schiffe sollen dann von der türkischen Küstenwache gestoppt werden

Hauptziel des Nato-Einsatzes ist es, Informationen über die Aktivitäten von Schleuserbanden an der türkischen Küste zu sammeln. So sollen zum Beispiel ablegende Migrantenboote unverzüglich gemeldet werden, damit sie von der türkischen Küstenwache gestoppt werden können. Zum EU-Türkei-Sondergipfel am 7. März könnten bereits erste Ergebnisse vorliegen, hieß es aus Bündniskreisen.

Gleichzeitig könnte der Einsatz den türkischen Behörden wertvolle Informationen für den Kampf gegen die Menschenschmuggler liefern. Diese werden für den unkontrollierten Zustrom von Hunderttausenden Flüchtlingen in Richtung Europa verantwortlich gemacht, weil sie täglich zahllose Bootsfahrten nach Griechenland organisieren. Die meisten starten derzeit in der Türkei.

Ein Mandat zum Stoppen der Migrantenbooten haben die Besatzungen der Nato-Schiffe allerdings nicht. Demnach werden sie nur dann Migranten an Bord nehmen, wenn diese in Seenot geraten.

„Die heutige Entscheidung bedeutet, dass wir enger mit der EU zusammenarbeiten als je zuvor“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Das Militärbündnis spiele damit eine besondere Rolle als Kooperationsplattform.

Deutschland stellt derzeit das Führungsschiff

Deutschland stellt für den Bündniseinsatz derzeit das Führungsschiff. Auf der 174 Meter langen „Bonn“ sind rund 210 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Sie begannen bereits vor einigen Tagen mit der Seeraumüberwachung in der Ägäis, fuhren wegen der noch fehlenden Einsatzrichtlinien bislang aber nicht direkt die wichtigen Schleuserrouten an.

Menschenrechtsorganisationen und die Opposition im deutschen Bundestag kritisieren das Nato-Engagement in der Flüchtlingskrise. „Mit den Abschiebungen von Schiffbrüchigen durch die Nato-Kriegsschiffe in die Türkei wird internationales Recht gebrochen“, sagte die Linken-Abgeordnete Annette Groth am Mitwoch. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter hatte zuletzt von „hilflosem Aktionismus“ und einem „Nato-Einsatz zur Flüchtlingsabwehr“ gesprochen.

Die Pläne für den Einsatz gehen auf das Treffen von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu am 8. Februar in Ankara zurück. Sie hatten für viele Bündnispartner völlig überraschend die Nato als Partner im Kampf gegen Schleuserbanden ins Gespräch gebracht. Sie wird erstmals in ihrer Geschichte in dieser Form tätig.

Als bemerkenswert gilt der Einsatz zudem, weil er trotz des angespannten Verhältnisses zwischen Griechenland und der Türkei organisiert werden konnte. Die beiden Länder streiten sich seit Jahrzehnten um Hoheitsrechte in der Ägäis. (dpa)



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