Nato-Einsatz dämmt Flüchtlingszustrom noch nicht ein
In der ersten Woche nach Beginn der Patrouillen vor der türkischen Küste kamen nach UN-Angaben 9515 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an. Das waren etwa genauso viele wie die 9510 an den sieben Tagen zuvor.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räumte am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung im Bundestag ein, dass der Einsatz „nur Schritt für Schritt in Gang“ komme. Es seien Ausweichbewegungen der Schleuser zu beobachten. „Deshalb brauchen wir Zugang zu allen Bereichen der türkischen Territorialgewässer“, mahnte Merkel.
Die Nato hatte Anfang vergangener Woche damit begonnen, direkt an den Schleuserrouten in der Ägäis Kriegsschiffe zu positionieren. Der von der Bundeswehr bereitgestellte Einsatzgruppenversorger „Bonn“ – das Flaggschiff der Mission – ist seitdem immer wieder in dem schmalen Seegebiet zwischen der türkischen Küste und der griechischen Insel Lesbos unterwegs.
Auch wenn man nur diese Route betrachtet, sind bislang aber praktisch keine Veränderungen bei den Flüchtlingsbewegungen erkennbar. Seit Beginn des Einsatzes kamen auf Lesbos 5135 Menschen an, in der Woche davor waren es 5117.
Auch auf Chios, Samos, Kos, Leros und einige kleinere Inseln landen Flüchtlingsboote. Dort kontrolliert die Nato aber noch nicht. Insgesamt sind an dem Einsatz inzwischen sieben Schiffe beteiligt, von denen vier auf den Flüchtlingsrouten unterwegs sind.
Die Nato wollte sich zu Zahlen auf Anfrage der Deutschen Presse- Agentur nicht äußern. Der zuständige Marine-Verband habe bereits einen Beitrag zu den Anstrengungen der türkischen und griechischen Küstenwache geleistet, hieß es knapp aus dem zuständigen Bündnishauptquartier im britischen Northwood. Das Bundesverteidigungsministeriums erklärte, die „Bonn“ habe beobachten können, „dass sich die örtlichen Küstenwachen der Boote im Seegebiet angenommen haben“.
Hauptziel des Nato-Einsatzes ist es, Informationen über Schlepperaktivitäten zu sammeln und an die Küstenwachen zu melden. Diese sollen dann dafür sorgen, dass möglichst keine Flüchtlingsboote mehr in Richtung Griechenland starten oder die Flüchtlinge abgefangen und in die Türkei zugebracht werden.
In Nato-Kreisen wird gehofft, dass der EU-Türkei-Gipfel am Donnerstag und Freitag die Erfolgsaussichten des Bündniseinsatzes in der Ägäis verbessern kann. Dabei verhandeln die Staats- und Regierungschefs der EU über eine Vereinbarung mit der Türkei, die eine Eindämmung der Flüchtlingsbewegung und die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei gewährleisten soll. Die Türkei könnte für ein Entgegenkommen in diesem Bereich weitere drei Milliarden Euro und zusätzliche politische Zugeständnisse erhalten.
Vor der libyschen Küste rettete ein Schiff der deutschen Marine unterdessen mehrere hundert Flüchtlinge aus Seenot. Das Versorgungsschiff „Frankfurt am Main“ nahm bereits am Dienstag insgesamt 615 Menschen direkt aus seeuntauglichen Schlauchbooten und von einem britischen Schiff auf. Sie sollten im Hafen von Pozzallo den italienischen Behörden übergeben werden.
Die Bundesmarine hilft im Mittelmeer seit längerem bei der Seenotrettung von Flüchtlingen, die von Nordafrika aus die gefährliche Überfahrt nach Europa wagen. Nach Angaben der Bundeswehr wurden seit dem 7. Mai des vergangenen Jahres im zentralen Mittelmeer 12 489 Menschen aus Seenot gerettet. (dpa)
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