Bulgarien: Partei von Ex-Regierungschef Borissow bei Parlamentswahl vorne
Laut am Sonntagabend veröffentlichten Nachwahlbefragungen erhielt Borissows Partei Gerb etwa 25 Prozent der Stimmen. Die neu gegründete Partei „Wir setzen den Wandel fort“ (PP) des im Juni gestürzten liberalen Ministerpräsidenten Kiril Petkow kam auf etwa 19 Prozent. Sollte die Gerb-Partei tatsächlich stärkste Kraft werden, dürfte die Suche nach Bündnispartnern für Borissow schwierig werden.
Die Bulgaren hatten am Sonntag zum vierten Mal binnen 18 Monaten ein neues Parlament bestimmt. Petkow war im Juni nach nur sieben Monaten im Amt durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden.
Der Wahlkampf im ärmsten EU-Mitgliedstaat wurde vom Ukraine-Krieg und den unsicheren Gas-Lieferungen dominiert. Bulgarien ist historisch und kulturell eng mit Russland verbunden. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat in dem Land mit seinen 6,5 Millionen Einwohnern tiefe Spaltungen verursacht.
Während Borissow versuchte, die Beziehungen sowohl zur EU als auch zu Russland und der Türkei nicht zu gefährden, nahm Petkow im Wahlkampf eine klare pro-europäische Haltung ein.
Die vorgezogenen Neuwahlen in Bulgarien wurden notwendig, weil der amtierenden Regierung unter Kiril Petkow im Juni nach nur einem halben Jahr das Vertrauen entzogen wurde. Bei einem Misstrauensvotum im Parlament erhielt sie nicht die notwendige Mehrheit. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang in einer Demokratie, trotzdem war in westlichen Medien von einem „Sturz“ die Rede und auch von „pro-westlicher“ Regierung – wobei unklar blieb, was das Gegenteil davon ist.
Anfang Mai hatte Petkow noch eine Abstimmung über „militärtechnische Hilfe“ für die Ukraine gewonnen, von der bis heute niemand sagen kann, worin diese genau bestehen soll. Ein Militärexperte meinte im staatlichen Nationalradio, dass sie unrealistisch sei, weil Bulgarien seine eigene russische Ausrüstung kaum reparieren kann. Ein Politikpsychologe sagte danach den Rücktritt der Regierung noch im Mai voraus.
Anlass des Misstrauensvotums war Uneinigkeit innerhalb der Regierung über die Mazedonien-Frage. Die eigentliche Ursache für das verlorene Misstrauensvotum dürfte aber in der Ukraine-Politik zu suchen sein.
Wie bereits in der Corona-Politik, so hatte die Regierung Petkow auch in ihrer Ukraine-Politik keine Mehrheit im Land hinter sich – die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 40 Prozent. (Zum Vergleich: In Deutschland erreichte sie 2021 76,6 Prozent, in Italien liegt sie aktuell bei 64 Prozent.) Seine Koalition aus vier Parteien hatte zusammen gerade einmal etwas mehr als 20 Prozent aller zur Wahl berechtigten Stimmen erhalten. Trotzdem wurde die Frage nach ihrer Legitimation nie gestellt.(afp/rm)
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