Nach Lukaschenko-Vereidigung: Wasserwerfer, Tränengas, mindestens 150 Festnahmen bei Protesten
Nach der geheimen Neuvereidigung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ist die Polizei in der Hauptstadt Minsk erneut gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Dabei wurden am Mittwochabend mindestens zwei Menschen laut Augenzeugen durch Gummiknüppel der Polizei verletzt. Mindestens 153 Menschen wurden bei den Demonstrationen in Minsk und anderen Städten festgenommen, wie die Menschenrechtsorganisation Viasna mitteilte.
Die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen. In Minsk demonstrierten tausende Menschen. Proteste von Lukaschenko-Gegnern fanden zudem unter anderem in den Städten Brest, Gomel und Mogilew statt.
Slogans wie „Wir haben Dich nicht gewählt!“ oder „Du hast Dein Amt nicht angetreten, Du bist nur völlig senil geworden!“ war auf Schildern über den Staatschef zu lesen. Einige Demonstranten trugen falsche Kronen auf dem Kopf – als Anspielung auf Lukaschenkos Vereidigung.
Lukaschenko: Land habe sich einer „Farbrevolution“ widersetzt
Der seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten autoritär regierende Lukaschenko hatte sich am Mittwochmorgen für eine weitere Amtszeit vereidigen lassen. Die Zeremonie fand ohne Vorankündigung im Palast der Unabhängigkeit in Minsk statt. Anders als in der Vergangenheit wurde die Vereidigung auch nicht im Staatsfernsehen übertragen. Damit wollte die Regierung offenbar verhindern, dass weitere Proteste provoziert würden.
Bei der Zeremonie sagte Lukaschenko nach Angaben des Präsidialamts vor handverlesenen ranghohen Beamten, sein Land habe sich einer „Farbrevolution“ widersetzt. Der Begriff wird in den ehemaligen Sowjetstaaten häufig abwertend für angeblich aus dem Westen gesteuerte Protestbewegungen verwendet, die sich gegen autokratische Regierungen wenden.
Die EU erkennt Alexander Lukaschenko trotz dessen Vereidigung nicht als neuen belarussischen Präsidenten an. Aufgrund der „gefälschten Ergebnisse“ der Präsidentschaftswahl fehle es der „sogenannten Amtseinführung“ an „jeglicher demokratischer Legitimität“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag. Brüssel werde seine Beziehungen zu Minsk auf den Prüfstand stellen.
„Diese ‚Amtseinführung‘ steht in direktem Widerspruch zum Willen großer Teile der belarussischen Bevölkerung“ und vertiefe die politische Krise in Belarus nur noch weiter, kritisierte Borrell. Er rief die belarussischen Behörden erneut auf, das gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Proteste einzustellen und alle während der Demonstrationen Festgenommenen freizulassen.
Lukaschenko beschimpfte die Protestierenden als „Ratten“
Bei der Wahl am 9. August soll Lukaschenko laut den offiziellen Ergebnissen 80 Prozent der Stimmen erhalten haben, seine inzwischen nach Litauen geflohene Rivalin Swetlana Tichanowskaja nur zehn Prozent. Die Wahl wurde von massiven Betrugsvorwürfen überschattet, die Opposition erkennt das Ergebnis nicht an.
Seither finden Massenproteste gegen den seit 1994 regierenden Präsidenten statt. Die Sicherheitskräfte gehen oft gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Lukaschenko beschimpfte die Protestierenden als „Ratten“.
Die EU hat das Wahlergebnis nicht anerkannt und plant wegen der Gewalt gegen Demonstranten Sanktionen gegen politische Verantwortliche in Belarus. Inzwischen erklärten auch die USA, sie würden Lukaschenko nicht als legitimes Staatsoberhaupt anerkennen. Zur Begründung sagte am Mittwoch ein Sprecher des Außenministeriums in Washington, die verkündeten Ergebnisse seien „betrügerisch“. (afp/er)
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