Nach langem Schweigen aus Angst vor Peking: Türkei kritisiert Verfolgung der Uiguren in China
Die Uiguren haben lange warten müssen, bis sich die Türkei zur Verfolgung ihrer Volksgruppe in China zu Wort meldet. Doch dafür war die Erklärung, die das türkische Außenministerium nach langem Schweigen im Februar herausgab, umso schärfer. Die „systematische Assimilierung“ der Uiguren sei eine „Schande für die Menschheit“, erklärte das Ministerium und warf Peking vor, die ethnische, religiöse und kulturelle Identität der Uiguren und anderer Muslime auslöschen zu wollen.
„Ich war so froh, dass die Türkei reagiert hat“, sagt der uigurische Aktivist Abduweli Ayup in Istanbul, wo eine große uigurische Exilgemeinde lebt. Der Linguist war 2015 in die Türkei geflohen, nachdem er in seiner Heimat Xinjiang inhaftiert worden war, weil er einen uigurisch-sprachigen Kindergarten eröffnet und sich für muttersprachlichen Unterricht eingesetzt hatte. Er hofft nun, „dass die Türkei mehr tut – denn sie kann es“.
„Berufsbildungszentren“ zur Deradikalisierung
Mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime sind laut Menschenrechtlern in der chinesischen Provinz Xinjiang in Arbeits- und Umerziehungslagern unter Extremismusverdacht interniert. Es gilt schon als suspekt, wer in der Moschee betet, keinen Alkohol trinkt oder einen Bart trägt. Nachdem die Regierung in Peking die Existenz der Lager zunächst geleugnet hatte, spricht sie heute von „Berufsbildungszentren“ zur Deradikalisierung.
Menschenrechtler in aller Welt äußern scharfe Kritik an den Lagern, doch Saudi-Arabien und andere muslimische Staaten schweigen bisher zu den Repressionen in Xinjiang. Auch die Türkei, die tausende Uiguren aufgenommen hat und lange der wichtigste Fürsprecher des muslimischen Turkvolks war, vermied über Monate jede Kritik an ihrer Verfolgung. Zu groß war offenbar die Angst, den wichtigen Wirtschaftspartner China zu verärgern.
Türkei sieht China zunehmend als alternative Finanzquelle
„Die Türkei sieht China zunehmend als alternative Finanzquelle zu den westlichen Staaten, und erhofft sich mehr chinesische Investitionen im Transport-, Energie- und Bergbausektor“, sagt Selcuk Colakoglu, Direktor des Turkish Center for Asia Pacific Studies. Präsident Recep Tayyip Erdogan stehe vor dem Dilemma, den Erwartungen seiner Basis gerecht zu werden, ohne die Wirtschaftsbeziehungen mit China zu gefährden.
Bei den türkischen Nationalisten genießen die Uiguren viel Sympathie, und die nationalistische Opposition organisierte zuletzt wiederholt Solidaritätskundgebungen für sie. Erdogan riskierte daher, dass seine Partei bei den Kommunalwahlen am 31. März Stimmen verliert, wenn die Regierung weiter zur Unterdrückung der Uiguren schwieg. Allerdings hat Peking rasch klar gemacht, dass weitere Kritik auch einen Preis haben würde.
„Macht etwas Lärm“
Nach der Erklärung des türkischen Außenministeriums rief Peking die Chinesen bei Reisen in die Türkei zu erhöhter Wachsamkeit auf. Als die Türkei das Thema Ende Februar auch noch im UN-Menschenrechtsrat ansprach, warnte der chinesische Botschafter in Ankara, derartige Kritik könnte sich negativ auf die wirtschaftlichen Beziehungen auswirken. Ohne Angabe von Gründen schloss Peking zudem vorübergehend sein Konsulat in Izmir.
Die Flüchtlinge aus Xinjiang hoffen nun, dass die Türkei es trotzdem nicht bei der einen Erklärung belässt. „Ich habe niemals von der Regierung verlangt, dass sie für uns in den Krieg zieht oder uns Geld gibt“, sagt Omir Bekir, ein kasachischer Geschäftsmann, der wegen Vorwürfen der Unterstützung des Terrorismus wochenlang in einem Umerziehungslager in Xinjiang saß. Seine einzige Forderung an die Türkei sei, „macht etwas Lärm“. (afp)
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